Marktanalyse: E-Autos haben es schwer
Nach dem abrupten Ende der E-Auto-Förderung leidet die Inlandsnachfrage. Von Januar bis Mai wurden in Deutschland 140.713 Pkw mit rein elektrischer Energiequelle neu zugelassen und damit 15,9 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Ihr Anteil an allen Neuzulassungen in den ersten fünf Monaten des Jahres betrug laut Kraftfahrt-Bundesamt 12 Prozent. Bisher fahren etwa 3 von 100 Pkw in Deutschland mit einem reinen E-Antrieb.
Einen Rekord gab es in Deutschland 2023 bei nicht verkauften E-Autos, die aus Produktion und Importen verfügbar waren. Das Chemnitz Automotive Institute (CATI) beziffert den Überhang auf etwa 100.000 (siehe Grafik unten). Viele E-Autos hätten nicht den Weg zum Kunden gefunden, sondern stünden auf Parkplätzen in Werksnähe, bei Händlern oder in Häfen. Das betreffe Fahrzeuge deutscher Hersteller ebenso wie Importe.
Zwar wurden 2023 in Deutschland rund 60 Prozent mehr E-Autos produziert als 2022. Jedoch liefen mit 2,4 Millionen mehr als doppelt so viele Verbrenner vom Band. Der Exportanteil bei E-Autos beträgt 80 Prozent. Jeder vierte ins Ausland verkaufte Neuwagen hatte 2023 einen E-Antrieb. Exportiert wurden 58 Prozent mehr E-Autos als 2022 und mehr als zweieinhalb Mal so viele wie noch 2021.
Importe aus China seit 2020 verzehnfacht
Die EU-Kommission droht mit Strafzöllen auf E-Autos aus China. Ein großer Teil der nach Deutschland eingeführten Fahrzeuge stammt aus dem Land. In letzter Zeit hat sich dieser Anteil stark verändert, wie am Dienstag vom Statistischen Bundesamt (Destatis) vorgelegte Zahlen zeigen. Demnach haben sich die Importe aus dem Land 2023 im Vergleich zum Vorjahr sowohl mengen- als auch wertmäßig verdreifacht. Gemessen an den Stückzahlen verzehnfachten sich die Einfuhren chinesischer E-Autos im Vergleich zum Jahr 2020 sogar. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 129.800 Pkw mit reinem Elektroantrieb im Wert von 3,4 Milliarden Euro aus China nach Deutschland importiert.
Von den insgesamt 447.200 nach Deutschland eingeführten E-Autos kamen 2023 damit 29 Prozent aus China. Mit großem Abstand folgten Südkorea mit einem Anteil von 9,9 Prozent und Tschechien mit 9,3 Prozent. Im Jahr 2022 hatte der Anteil Chinas noch bei 12 Prozent und zwei Jahre davor erst bei 7,7 Prozent gelegen.
Und China hat seine Position trotz der insgesamt schwachen Nachfrage weiter ausgebaut. Obwohl die Zahl der aus China eingeführten reinen E-Autos von Januar bis April um 15,7 Prozent auf 31.500 Fahrzeuge sank, stieg der Anteil des Landes an den gesamten deutschen E-Auto-Importen in diesem Zeitraum auf 40,9 Prozent.
Die Importe aus Tschechien und Südkorea waren den Statistikern zufolge in den ersten vier Monaten des Jahres weitaus stärker von den Absatzproblemen der Elektroautos in Deutschland betroffen. Die Importe aus Tschechien gingen im Vergleich zu Januar bis April 2023 um fast ein Drittel und die Importe aus Südkorea um etwas mehr als die Hälfte zurück. Insgesamt sanken die Importe reiner E-Autos nach Deutschland von Januar bis April 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 45,3 Prozent auf 77.000 Fahrzeuge. Die chinesischen Importe gingen somit deutlich schwächer zurück als die Gesamtimporte von Elektroautos, wie Destatis weiter mitteilt.
Mehr als 80 Prozent deutscher Industriefirmen halten Schutzmaßnahmen für mindestens teilweise gerechtfertigt, sollte China auf unlautere Weise subventionieren (siehe Tortengrafik). Das geht aus einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Diese stützt sich auf eine im März und April durchgeführte, repräsentative Umfrage unter knapp 900 Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleistern. Die Autobranche selbst lehnt Strafzölle, wie sie die EU plant, aber ab.
Die EU-Kommission untersucht seit vergangenem Herbst, ob E-Autos in China von wettbewerbsverzerrenden Subventionen profitieren. Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle. Nach Ansicht der Kommission profitiert die Wertschöpfungskette für batteriebetriebene Autos in China von unfairer Subventionierung. Dadurch drohten Herstellern in der EU Schäden. Ob die Zölle tatsächlich kommen, ist noch offen. Sie hängen davon ab, ob mit China anderweitig eine Lösung gefunden werden kann.
Der Export von reinen E-Autos macht indes nur einen geringen Anteil am deutschen Pkw-Export nach China aus. Im Jahr 2023 wurden 11.400 solcher Autos im Wert von 848,3 Millionen Euro nach China exportiert. Das waren laut Destatis 30,5 Prozent weniger als 2022. Zum Vergleich: In die USA wurden 85.900 reine E-Autos im Wert von 5,1 Milliarden Euro exportiert, das waren 32,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Allerdings: Von Januar bis April dieses Jahres legte der Export reiner E-Autos nach China um mehr als drei Viertel (77,4 Prozent) auf 4.100 Fahrzeuge zu.
Grundsätzlich bleibt die Abhängigkeit deutscher Hersteller vom chinesischen Absatzmarkt hoch. Zwar ist der Anteil der in China verkauften Pkw am Gesamtabsatz deutscher Autobauer seit 2020 kontinuierlich zurückgegangen und fiel 2023 mit insgesamt rund 34,3 Prozent erstmals wieder unter das Niveau von 2019. Das hatte eine Analyse der Berater von EY ergeben. Mit jeweils über 30 Prozent der verkauften Fahrzeuge war China aber für alle deutschen Autobauer von außerordentlicher Bedeutung. Den höchsten Anteil mit 36 Prozent verzeichnete auch 2023 Volkswagen. (mit dpa-Material)