Verein Netzwerk Logistik: „Mit Kooperation zu besseren Lösungen“
In den vergangenen zwei Jahren sei Spediteuren und Logistikdienstleistern eine Achtung entgegengebracht worden, „die es historisch noch nie so gegeben hat“, sagt der Obmann des Vereins Netzwerk Logistik (VNL), Prof. Franz Staberhofer. Kritisch äußert er sich allerdings mit Blick auf die Fahrzeughersteller. Diese seien „nicht an kooperativer Zusammenarbeit interessiert“.
Der VNL mit Sitz in Steyr in Oberösterreich sieht Veranstaltungen, Expertenrunden und Bewusstseinsbildung als seine Kernaufgaben. Es wäre laut Staberhofer wünschenswert, wenn sich die neue Achtung voreinander verfestigen würde. Dafür sei die Überzeugung der Verlader notwendig, dass man mit Kooperation zu besseren Lösungen im Sinne von Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit komme. In der Öffentlichkeit wiederum bedürfe es der Erkenntnis, dass Lkw keine Belästigung, sondern Notwendigkeit und Ausdruck des wirtschaftlichen Verhaltens seien.
Ausnahme Automotive
Beispiele für Kooperation glaubt der an der Fachhochschule Steyr lehrende Professor im Vereinbaren von Rahmenaufträgen zu erkennen: Beauftragungen würden längerfristig erfolgen. Vereinbarungen über Zeitfenster und Entlademöglichkeiten würden gemeinsam besprochen. „Das wird quer über alle Sektoren – mit Ausnahme der Automobilproduzenten – so gemacht“, sagt Staberhofer und fügt hinzu: „Möge es so bleiben.“
Er sieht darin ein „ordentliches ethisches Verhalten“. Allerdings zwingt zum Beispiel auch der zunehmende Fahrermangel zu mehr Kooperationsbereitschaft. „In den USA ist man bei Jahresgehältern von 100.000 Dollar, und auch die Löhne und Gehälter der Fahrer in Österreich sind deutlich gestiegen.“ Dies sei ein Zeichen dafür, wie akut der Engpass ist. Geld allein reiche aber nicht, um ihn zu beseitigen.
Besonders drastisch habe sich in der Containerschifffahrt gezeigt, wie sich der Preis entwickeln kann, wenn es zu Engpässen kommt. „Das erwarte ich in dem Ausmaß nicht, aber ich rechne trotzdem mit einem Anstieg im Landverkehr.“ Momentan stünden die Zeichen jedenfalls gut für die Spediteure und Logistiker: „Wer jetzt jammert, macht etwas falsch.“
Die Risiken lägen hingegen – wie überall – eindeutig im Personal, sagt Staberhofer. Von einem Führerschein bereits für 17-Jährige hält Staberhofer nichts. Er erzählt von einem kürzlichen Besuch in Ungarn mit der Erkenntnis: „Da reicht auch Rumänien nicht mehr, um an Fahrer zu kommen. Wie weit will man fahren, um Berufskraftfahrer zu bekommen?“
Fahrer und Fahrzeug trennen
Staberhofer fordert dazu auf, neue Zugänge zu finden. Es müsse akzeptiert werden, dass Berufsbilder historisch belegt und dabei teilweise belastet seien. Nachhaltigkeit bestehe aber aus Ökologie, Ökonomie und auch sozialen Aspekten, berücksichtigt also auch den Menschen. In der Vergangenheit sei die Ökonomie in den Mittelpunkt gestellt worden. „Das Billigste war gefragt, nicht aber, woher beispielsweise der Mensch kommt oder ob er lange fahren muss.“ Weshalb Disponenten bisher die Aufgabe gehabt hätten, Fahrer und Gefährt gemeinsam in Betrieb zu halten. So müsse man entgegen der historischen Sicht, dass Lkw und Fahrer eine Einheit seien, die optimiert eingesetzt wird, heute Fahrer und Fahrzeug trennen. Dann könnte aus dem Langzeit- und Langstreckenlenken ein attraktiveres Berufsbild entstehen. Lkw-Fahrer hätten geregelte Arbeitszeiten und könnten zu Hause schlafen.
Das passt zu einem der strategischen Punkte des VNL, der lautet: „Mensch in der Logistik und Mensch für die Logistik“. Deshalb nimmt der Verein auch bereits zum zweiten Mal an der Messe transport logistic in München teil. Da spiele auch die Kooperation mit Industrie und Handel hinein, für die der VNL stünde. „Mein Beitrag wird sein, Möglichkeiten zu diskutieren, wie man den Freiheitsgrad für die Fahrer erhöhen kann.“ Der VNL-Obmann will in München zudem erfahren, wie die Kooperationsstimmung gerade ist.
Gern würde er auf der Messe zum Beispiel Vertreter der 44 Unternehmen der sogenannten Climate Group treffen. Diese hatte im Dezember 2022 gefordert, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Lkw in der EU zugelassen werden sollen. Unterzeichnet hatten das öffentliche Schreiben unter anderem Konzerne wie Henkel, Siemens, Pepsi oder Unilever, aber auch Logistiker wie Maersk und Nippon Express. „Meine Frage wird sein, ob das eine durchdachte Forderung ist und welche konkreten Planungen diese Unternehmen selbst haben“, sagt Staberhofer.
Die auf der Messe gewonnenen Informationen will Staberhofer mitnehmen und an Industrie und Handel daheim weitergeben, wie es der Vernetzungsaufgabe des Vereins entspricht – etwa beim Österreichischen Logistiktag, der alljährlichen Hauptveranstaltung des VNL. Dort kommen Verlader und Logistikanbieter zusammen und treten in Dialog. Staberhofer hofft daher auch auf die Präsenz von Verantwortlichen der verladenden Wirtschaft in München und damit die Gelegenheit zur Diskussion. Der Logistiktag findet im kommenden Monat am 20. und 21. Juni in Linz statt. (cs)