Ralf Grosskopf und die Leidenschaft für Projekte
Loslassen, wofür man auch nach 65 Jahren noch so viel Begeisterung aufbringt? Leicht sei das keineswegs, räumt Ralf Grosskopf ohne Umschweife ein. Schließlich hatte der 82-Jährige mit der Projektlogistik die für ihn genau richtige Branche gefunden. „Jeder Auftrag ist anders, das hat mir immer besonders viel Spaß gebracht.“
Die Faszination für das Projektgeschäft begann bereits im Alter von zwölf Jahren. Sein Vater war damals Mitinhaber bei Deugro Düsseldorf und nahm ihn von dort auf den Transport eines Zellstoffkochers im Münsteraner Raum mit, berichtet Grosskopf. „Das hat mir so gut gefallen, dass ich davon sogar ein Fotobuch angefertigt habe.“
Die Berufswahl war deshalb klar: Nach der Mittleren Reife absolvierte er bei Deugro in Frankfurt eine Ausbildung zum Speditionskaufmann. Und dann ging es auch sehr schnell ins Ausland: Vier Monate war er für die Zollabfertigung und alle technischen Fragen rund um den Transport einer mobilen Klinik verantwortlich, die ursprünglich von Teheran (Iran) nach Beirut (Libanon) transportiert und von dort nach Italien verschifft werden sollte, letztlich aber doch nach Jordanien verkauft wurde.
„Das Abenteuer, zu reisen und schwierige Transportprojekte zu meistern, hat mich auf Anhieb begeistert“, so Grosskopf. Er ging nach Antwerpen zur Reederei Conti Lines, um zu lernen, wie die Seehafenabwicklung funktioniert, lernte dort Französisch. Als bei Conti Mitarbeiter gesucht wurden, um das Agenturnetz in Zentralamerika mit aufzubauen, hob er schnell seine Hand.
„Drei Jahre habe ich am Standort in Guatemala gearbeitet und mich von dort aus im ersten Jahr um die Märkte in Mexiko, Panama, in der Karibik, der Dominikanischen Republik, in Haiti und Puerto Rico gekümmert“, erinnert sich Grosskopf.
1966 besuchte ihn sein Vater und berichtete davon, dass der Hauptinhaber von Deugro nicht mehr aktiv sei, und er überlege, ein eigenes Unternehmen für Projektlogistik zu gründen. Voraussetzung sei aber für ihn mit Ende 50, dass Grosskopf mitmachen würde. Und der Sohn wollte, unter der Bedingung, weiterhin etwas mit Zentralamerika zu tun zu haben.
Dako-Start im Jahr 1967
Das Resultat: 1967 wurde der Projektspediteur Dako Worldwide gegründet, viele Kundenkontakte habe sein Vater mitnehmen können. Grosskopf beendete deshalb 1969 nach sieben Jahren seinen Vertrag bei Continental Lines. Er erhielt sogleich Prokura. Und nicht nur das: „Mein Vater beteiligte mich sehr schnell mit 20 Prozent an der Firma, die bereits damals zehn Mitarbeiter hatte“, unterstreicht er.
Mitte der 1970er-Jahre kam sein fünf Jahre jüngerer Bruder hinzu. Während sich dieser im Hintergrund vor allem um die Finanzen kümmerte, schöpft Ralf Grosskopf Energie im Außendienst. „Die Rhythmusänderung, also das Aufstehen vom Schreibtisch hat mir immer gutgetan. Bei Reisen, Gesprächen und auf Baustellen hab ich aufgetankt.“
Auf die Schwerlasttransportprojekte in aller Welt blickt er besonders gern zurück, etwa für die damals vom Schah Mohammad Reza Pahlavi im heutigen Iran geplanten sechs bis acht Atomkraftwerke (AKW). „Im Rahmen eines Dreier-Konsortiums waren wir federführend für die lokalen Transporte für das erste AKW in der Hafenstadt Buschehr verantwortlich.“
Darunter waren über 400 Tonnen schwere Großteile, die unter anderem auf einer seegängigen Barge vom Mittelmeer durch den Suezkanal bis in den Persischen Golf verschifft wurden. „Hunderttausende Tonnen Zement mussten in Big Bags importiert werden, weil man die Kunden überzeugt hatte, dass nur auf diese Weise eine hohe Qualität gesichert sei“, erinnert sich Grosskopf.
„Allerdings konnten in Buschehr damals nur zwei Schiffe zur Zeit be- und entladen werden, das war logistisch schon eine Herausforderung.“ Zu der für 1982 geplanten Fertigstellung kam es aufgrund der islamischen Revolution nicht mehr, erst 2011 wurde das AKW schließlich ans Stromnetz angeschlossen.
Einige Mitarbeiter wurden damals in Geiselhaft genommen, konnten allerdings später befreit werden. Und vergleichbare abrupte Wendungen gab es immer wieder. „Das ist einer der Nachteile, wenn man viel mit Entwicklungsländern arbeitet“, unterstreicht Grosskopf
Das „Wir“ ist immer noch da
Nicht jeder sei dazu bereit: „Wir leiden heute daran, dass wir als Seehafenspedition mit Zentrale in Düsseldorf niemand haben, der bereit ist, nach Westafrika zu gehen, und sich dort auch bewegen kann“, sagt Grosskopf.
Da ist es noch das „Wir“, das sich nach 65 Jahren nicht so einfach abschütteln lässt, auch wenn vor sechs Monaten Dako Worldwide Transport über die Tochtergesellschaft CF&S Germany an die estnische CF&S Group verkauft wurde. Grosskopfs Tochter schlug mit einer Promotion in Kunstgeschichte andere Wege ein.
Der Zeitpunkt sei wirtschaftlich günstig gewesen, berichtet Grosskopf. CF&S Germany werde an die Tradition anknüpfen und das weitere Wachstum, die Internationalisierung sowie die Entwicklung der Dienstleistungen und Technologien von Dako mit den 35 Mitarbeitern in Düsseldorf und 5 Mitarbeitern in Bremen vorantreiben.
„Ausgenommen davon ist die Familienholding Dacotrans International und die darin angegliederten Beteiligungen in Zentral- und Südamerika, die meinem Bruder und mir gehört“, betont Grosskopf. Ansonsten sei er tatsächlich im Ruhestand, auch wenn er weiterhin telefonische Termine wahrnehme und diktiere – aber, verglichen mit früher, höchstens ein Viertel der Zeit.
Da gab es 60-Stunden-Wochen und sechs bis sieben Arbeitstage pro Woche. Nun sei mehr Zeit, um mit seiner Frau privat zu reisen. Vergangenes Jahr waren sie im Libanon, im Herbst geht es nach Sizilien. (la)