Welthafenpräsident Jens Meier: Mal Kumpel, mal Staatsmann
Er versteht etwas von Netzwerken, verfügt über viele Kontakte und ist davon überzeugt, dass sie ein wichtiger Teil sind, um weltweite Herausforderungen gemeinsam zu lösen. „Ich möchte mein Wissen und die Kontakte, die ich in den vielen Jahren im Hafenmanagement aufgebaut habe, nutzen und weitergeben“, begründet der Informatiker Jens Meier seine Entscheidung für das Amt des IAPH-Präsidenten (International Association of Ports and Harbors), welches er im November 2023 übernommen hat. Hauptberuflich ist er seit 16 Jahren Geschäftsführer der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA).
Sicher auch in dieser Zeit hat er sich zum Medienprofi entwickelt. Vor dem offiziellen Teil des Gesprächs plaudert Meier locker und gibt sich als der Typ, mit dem man sich auf ein Feierabendgetränk treffen würde. Läuft das Aufnahmegerät, schaltet Meier um, spricht fokussiert und gibt sich seines neuen Amtes entsprechend staatsmännisch und selbstlos. „Wenn wir die globalen Ziele zur Dekarbonisierung erreichen wollen, müssen wir den Wettbewerb zwischen den Standorten ausblenden, uns hafenübergreifend austauschen und gemeinsam Standards entwickeln“, sagt er. Schließlich hätten einige Standorte bereits Technologien erprobt, von denen andere lernen könnten, sagt er und gibt ein Beispiel.
Als erster Hafen in Europa habe Hamburg eine Landstromanlage für Schiffe installiert, die mittlerweile als Vorbild für ähnliche Projekte diene. Dabei habe auch die HPA vom internationalen Austausch profitiert: „Als wir das System aufgebaut haben, konnten wir von den bereits bestehenden Anlagen in Los Angeles lernen und haben sie für den europäischen Markt erweitert.“
Zudem sei es wichtig, über die Häfen hinaus mit anderen Akteuren zu kooperieren, macht der 58-Jährige deutlich: „Seit meiner Zeit als Vizepräsident der IAPH haben wir es geschafft, dass wir als maritime Wirtschaft stärker zusammenkommen.“ So hebt Meier hervor, dass es wichtig gewesen sei, auf der Weltklimakonferenz in Dubai Ende vergangenen Jahres als gesamte Branche das Signal zu senden, dass die Dekarbonisierung der Industrie nur mit Hilfe der Schifffahrt und Häfen gelinge, da sie essenziell für den Transport und Umschlag grüner Energieträger seien. Sogar ein Manager aus dem Konkurrenzhafen Rotterdam sagt: „Jens gelingt es, dass wir als Häfen wieder mit einer Stimme sprechen.“
Für den branchenübergreifenden Schulterschluss helfe es sehr, dass aktuell ein anderer Hamburger die Interessen der Schifffahrt vertrete: Nikolaus Schües, der seit einem Jahr Präsident des internationalen Schifffahrtsverbandes BIMCO (The Baltic and International Maritime Council) ist. „Wir tauschen uns intensiv aus und entwickeln einheitliche Indizes, damit wir über die gleichen Grundlagen sprechen, wenn wir zum Beispiel den CO2-Ausstoß innerhalb der Branche beziffern wollen“, erklärt Meier. Die Zeit der doppelten Hamburger Präsidentschaft wolle man dafür nutzen, gemeinsam gegenüber der Internationalen Maritimen Organisation (IMO) aufzutreten.
Meldedaten sicher austauschen
Eine Herzensangelegenheit für den Informatiker Meier ist zudem die effiziente Nutzung von Daten. Entsprechend begrüßt er die seit Jahresbeginn geltende „Maritime Single Window“-Regelung der IMO.
Sie schreibt die einheitliche Nutzung und den Austausch von Schiffsmeldedaten zwischen Häfen weltweit vor. Wichtig dabei sei vor allem der sichere Umgang mit den sensiblen Informationen, denn die Häfen seien in den geopolitisch instabilen Zeiten immer wieder Ziel von hybriden Bedrohungen, erklärt Meier. „Wir müssen behutsam und zwingend darauf achten, dass die Architektur von Software und die Ausbildung von Menschen so gestaltet sind, dass man kritische Infrastrukturen nicht schachmatt setzen kann.“ Entsprechend werden auch die Themen Risikomanagement, Sicherheit und Resilienz eine wichtige Rolle auf der Welthafenkonferenz spielen.
Die Veranstaltung soll auch dazu dienen, Erfolgsgeschichten zu teilen. Eine solche Geschichte will natürlich auch der Gastgeber liefern, und Meier gibt ein aktuelles Beispiel: Vor kurzem hat die HPA eine Absichtserklärung für den Import des Energie-Hoffnungsträgers Ammoniak aus dem kanadischen Argentia abgeschlossen. Als Folge der deutsch-kanadischen Energiepartnerschaft wollen beide Häfen bei Fragen zum Handling des Gefahrstoffes und dem Aufbau der nötigen Infrastruktur zusammenarbeiten. Während an der Küste Neufundlands mithilfe von Windenergie grüner Wasserstoff produziert werden soll, will Hamburg das Derivat Ammoniak von dort importieren. „Ich habe ein Interesse daran, dass die anderen Häfen gut funktionieren, damit sie etwas nach Hamburg exportieren können und umgekehrt“, sagt der Manager.
Seine Zielsetzung als Welthafenpräsident hat Meier auch klar definiert: „Ich will in meiner Amtszeit die Basis dafür schaffen, dass auch in den Ländern, die sich noch gar nicht mit der Dekarbonisierung beschäftigt haben, die Weichen in die richtige Richtung gestellt und konkrete Projekte angestoßen werden.“ Ob ihm das gelingt, wird sich bis Ende 2025 zeigen. Dann endet seine Amtszeit.