Neue Mautsätze stehen fest
Vom 1. Dezember 2023 an soll die Lkw-Maut auf deutschen Straßen kräftig steigen. Dann wird ein zusätzlicher Mautteilsatz für die verkehrsbedingten CO₂-Emissionen in Kraft treten, geht aus dem Entwurf eines „Dritten Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften“ der Bundesregierung hervor. Die Befürchtungen des Gewerbes, dass sich die Mautsätze nahezu verdoppeln werden, bestätigen sich.
In der Kohlenstoffdioxid-Emissionsklasse 1, zu der derzeit der weit überwiegende Teil der Lkw zählt, wird der zusätzliche Mautaufschlag für Lkw der Euro-6-Klasse über 18 Tonnen mit drei Achsen 12,4 Cent, mit vier Achsen 13,4 Cent und für Lkw mit fünf und mehr Achsen 15,8 Cent pro Kilometer betragen, geht aus dem Entwurf hervor. Derzeit zahlen Lkw ab vier Achsen einheitlich eine Gesamtmaut von 19 Cent pro Kilometer. Dieser Betrag ist auch weiterhin fällig. Damit wird die Mautbelastung um 70 und 83 Prozent für diese Fahrzeuge pro Kilometer steigen. Emissionsfreie Fahrzeuge werden zunächst bis Ende 2025 von der Mautpflicht befreit, heißt es in dem Entwurf weiter. Anschließend sollen diese Lkw einen um 75 Prozent reduzierten Mautteilsatz für die Infrastrukturkosten sowie die Mautteilsätze für externe Kosten für Luftverschmutzung und Lärmbelastung entrichten.
Kleinere Lkw sollen ab Sommer 2024 zahlen
Die Gewichtsgrenze für die Mautpflicht soll per 1. Juli 2024 von derzeit 7,5 auf dann 3,5 Tonnen abgesenkt werden. Diese Lkw werden dann zwischen 15,1 Cent (Euro 6) und 24,8 Cent (Euro 1 und schlechter) pro Kilometer zahlen müssen. Sogenannte Handwerkerfahrzeuge unter 7,5 Tonnen sollen von der Mautpflicht ausgenommen werden.
Angesichts der neuen Mautsätze sowie der Einbindung kleinerer Lkw in die Mautpflicht sollen die Mauteinnahmen von 7,4 Milliarden Euro in 2022 auf knapp 16,5 Milliarden Euro im Jahr 2027 steigen, so die Erwartungen des Bundesverkehrsministeriums. 7,3 Milliarden der Mehreinnahmen sollen aus der CO₂-Maut stammen, rund 1,15 Milliarden Euro durch die Absenkung der Gewichtsgrenze.
In einer früheren Version waren die Mautsätze für Infrastruktur zu den Stichtagen 01.06.2024 und 01.01.2026 teilweise falsch. Diese Fehler sind nun korrigiert.
Zu Stoßzeiten höhere Infrastruktursätze erlaubt
Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, die Mautsätze zur Stauvermeidung punktuell anzupassen, nach Tages- oder Jahreszeit sowie nach Tageskategorie. Dafür erlaubt der Text eine Anhebung des Teilsatzes für die Infrastruktur auf maximal 175 Prozent des Durchschnitts in der jeweiligen Fahrzeugkategorie. Zudem muss eine Anhebung in dem Sinne kostenneutral erfolgen, dass die Mautsätze außerhalb der Stoßzeiten gesenkt werden, damit keine Mehreinnahmen entstehen. Die Zeitspanne für Stoßzeiten wird ferner auf maximal sechs Stunden pro Tag beschränkt. Das Bundesverkehrsministerium darf sie jeweils für bestimmte Zeiträume auf genau bezeichneten Abschnitten per Rechtsverordnung festlegen. Darüber hinaus können die Mautdaten künftig generell in pseudonymisierter Form statistisch ausgewertet und für die Verkehrslenkung verwertet werden.
Kritik der Branchenverbände
Der Entwurf ist den Branchenverbänden am heutigen Mittwochvormittag (26. April) zugesandt worden. Sie haben bis zum morgigen Donnerstag Zeit, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Ein Zeitplan, der den Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt, verärgert. Die Verbandsgeschäftsstellen würden einmal mehr zum „Durchlauferhitzer“ degradiert, kritisiert er. „Das Gesamtpaket ist die befürchtete Verteuerungsorgie im Klimaschutzmantel, nur leider ohne Klimaschutz.“ Der Anteil emissionsfreier Lkw am deutschen Kraftfahrzeugbestand habe am 1. Januar bei gerade einmal 0,6 Prozent gelegen, unter den Sattelzugmaschinen sei er mit nur 0,03 Prozent noch einmal deutlich geringer ausgefallen.
In die gleiche Kerbe schlägt auch Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV Bundesverbands Spedition und Logistik. „Zum geplanten Inkraftsetzungstermin für die CO2-basierten Lkw-Mautsätze - bereits zum 1. Dezember 2023 - und in den Folgejahren werden weder marktfähige Fahrzeuge mit alternativen Antrieben in ausreichenden Stückzahlen noch die hierfür erforderliche öffentliche und private Tankstellen- und Ladeinfrastruktur verfügbar sein“, bemängelt er. „Entgegen der eigentlichen Intention der Eurovignetten-Richtlinie wird die beabsichtigte Änderung lediglich zur Verbesserung des Bundeshaushalts dienen und Wirtschaft und Verbraucher ohne positive Klimaeffekte zusätzlich finanziell belasten“, so Huster weiter.
Einig sind sich die Verbände auch in ihrer Kritik am geplanten Einsatz der Mehreinnahmen aus der Maut für den Ausbau der Schieneninfrastruktur. Dieser solle stattdessen aus Steuer- oder anderen allgemeinen Haushaltsmitteln erfolgen, fordern sie. „Laut dem aktuellen Verkehrsinvestitionsbericht der Bundesregierung befinden sich mehr als 2.200 Autobahnkilometer in schlechtem oder sogar sehr schlechtem Zustand und ebenso fast 13.000 Bundesstraßenkilometer“, zählt Engelhardt auf. Zudem sei der Zustand von rund 4.600 Brücken an Bundesfernstraßen „nicht ausreichend“ oder sogar „ungenügend“. (loe)