Staatliche Förderprogramme auf dem Prüfstand

Mit Subventionen - etwa für die Anschaffung von E-Lkw - versuchen Regierungen Entwicklungen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Darüber, wie zielführend der Einsatz öffentlicher Gelder ist, gibt es unterschiedliche Ansichten.

Truck of the Year 2024: der Elektro-Lkw eActros 600 von Mercedes-Benz Trucks auf der Transportation Messe in Hannover. (Foto: Imago/Jochen Eckel)

Die Enttäuschung war vielen Unternehmern und auch Beamten im Bundesverkehrsministerium ins Gesicht geschrieben. Die Bundesförderung klimaschonender Nutzfahrzeuge (KsNI) durfte nicht mehr fortgeführt werden. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) Ende 2023 hat dazu geführt, dass die KsNI ausgelaufen ist. Der Titel wurde aus dem Haushalt gestrichen, nur bereits bewilligte Förderanträge noch ausfinanziert. Wundenlecken auf der ganzen Linie. Das ist bitter, denn E-Lkw kosten je nach Ausstattung und Gewichtsklasse noch immer rund 250.000 Euro und damit etwa zweieinhalbmal so viel wie ein vergleichbares Dieselfahrzeug.

Warum überhaupt Förderprogramme? Mit Gesetzen, Verordnungen und Förderprogrammen können Ministerien das Geschehen nach ihren politischen Vorstellungen steuern. So lassen sich die Einführung einer Technologie beschleunigen, Unerwünschtes verhindern und Unternehmen ermutigen, Neues auszuprobieren. Doch was passiert, wenn eine neu gewählte politische Partei andere Prioritäten setzt? Oder das Geld fehlt, wie in diesem Fall für klimafreundlichere Nutzfahrzeuge?

Dennoch sind viele Unternehmen froh, wenn ihnen der Staat unter die Arme greift. 323 Förderprogramme sind derzeit auf der Plattform „Foerderinfo.bund.de“ zu finden. Dort lassen sich unterschiedliche Kategorien eingeben. Als Förderer sind Bund, Länder und die EU aufgeführt. Die Plattform bietet als Kategorien neben Klima und Energie (65 Programme) sowie der Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen (48 Programme) auch den Bereich Mobilität mit derzeit 34 Programmen an. In die Zuständigkeit des Bundesverkehrsministeriums fallen beispielsweise das Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“, digitale Testfelder an Bundeswasserstraßen sowie Initiativen zur Entwicklung regenerativer Kraftstoffe. Hinzu kommen Programme in den einzelnen Bundesländern.

Nein, aber …

Eine explizite Meinung zu Förderungen hat Daniel Giel. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Speditionsexperten. Seit Jahren berät er Unternehmen, wie sie eine Förderung beantragen und dann finanzielle Unterstützung erhalten können. Grundsätzlich hält Giel nicht viel von Förderprogrammen. Er betrachtet sie als Wettbewerbsverzerrung. „Ein Lkw muss zur Wertschöpfung beitragen“, hebt er hervor. Aus ökologischen Gründen mit Brennstoffzelle oder Akku an die Rampe zu rasen, hält er für eine Anleitung zur Insolvenz.

Dann führt er als für ihn eher zweifelhaftes Förderbeispiel das Programm für energiemindernde Komponenten (EMK und EMK 2.0) an. Unterstützt wurden hier Unternehmen, die beispielsweise statt schwerer Holzlatten Alulatten zur Ladungssicherung kauften. Der Zuschuss betrug bis zu 25 Prozent.

TCO-Vergleich von Lkw-Antrieben

Ob und – wenn ja – ab welcher Fahrleistung sich ein E-Lkw rechnet, hat die DVZ in ihrer Ausgabe vom 6. August 2024 mit Hilfe der Ergebnisse der Doktorarbeit „Erfolgreiche Transformation von Nutzfahrzeugflotten nach einem disruptiven Technologiewechsel – wie der Wechsel der Antriebstechnik in großen Flotten gelingt“ von Egon Christ dargestellt. Christ ist beim Autologistiker Mosolf für die Strategie der Unternehmensgruppe verantwortlich und Co-Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Mosolf Erneuerbare Energien. Er hat unter anderem ein Simulationsmodell entwickelt, mit dem er die Total Cost of Ownership (TCO) für alternativ angetriebene Lkw und deren Versorgungsstruktur berechnen kann. Im DVZ-Beitrag „Die Qual der Fahrzeugwahl“ erschien unter anderem ein Kostenvergleich von Diesel-Lkw mit geförderten E-Lkw nach Fahrstrecke. (zp)

Lesen Sie dazu auch „Die Qual der Fahrzeugwahl“

„Im Ergebnis sank also das Gewicht eines Aufliegers. Das war auch das Ziel“, sagte Giel. Doch bei teilbaren, schweren Ladungen wie Stahl oder Papier werde dann einfach mehr geladen und die Emissionen blieben gleich. „Man könnte jetzt argumentieren, dass die Auslastung im Ergebnis dadurch steige – bei Licht betrachtet halte ich das aber für eine gewagte Schreibtischaussage“, urteilt Giel.

Er kritisiert zudem, dass „punktgenau“ gekauft werde. Wenn also bekannt sei, dass in einem bestimmten Jahr solche Komponenten gefördert würden, warum sollte eine Firma schon im Vorjahr welche kaufen, fragt er sich. „Ich halte die Förderprogramme zur Senkung der Emissionen durch Anbauteile für völligen Unsinn“, so Giel.

Verantwortlich für die Konzeption eines Programms ist die jeweilige Bewilligungsbehörde, also für die Schiene das Eisenbahnbundesamt (EBA), für den Straßengüterverkehr das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) – wie etwa für das Programm für klimaschonende Nutzfahrzeuge KsNI – oder auch der Projektträger Jülich. Sie bearbeiten später die Förderanträge. Berater Giel sieht bei solchen Programmen durchaus „Schnittmengen des politischen Willens zur Emissionssenkung mit der Branchenstruktur“. Allerdings kritisiert er, dass mit Beginn der Ampelregierung eine deutliche Verschiebung zugunsten großer Unternehmen und deren Flotten stattgefunden habe. Förderungen hält er für gut, wenn sie technologieoffen und zugleich mit einer verbindlichen Förderzusage verbunden sind. Das sei derzeit jedoch nicht mehr gegeben.

Einheitliche Verfahren fehlen

Nachdem eine Förderrichtlinie von der EU-Kommission beihilferechtlich geprüft und in Kraft getreten ist, folgen die Aufrufe im Bundesanzeiger. Nach der Beantragung wird, wenn alles korrekt ist, ein Zuwendungsbescheid bekanntgegeben. Spätestens mit Erhalt dieses Bescheids kann mit den geförderten Maßnahmen begonnen werden. Zu den Kriterien gehört, dass sich Unternehmen an einen Bewilligungszeitraum halten müssen, in dem sie den beispielsweise geförderten Lkw bestellen, kaufen und in Betrieb nehmen. Als letztes müssen sie die Verwendung nachweisen. Danach erhalten sie einen Zuschuss, der je nach Programm bis zu 80 Prozent der Investitionssumme betragen kann.

Giel bedauert, dass das Verfahren je nach Bewilligungsbehörde und teils je nach Förderprogramm sehr unterschiedlich abläuft. Leistungen wie die Programmierung einer behördlichen Anwendung für ein Förderprogramm oder die jeweils individuelle Schulung von Beamten werden nach Angaben des Speditionsexperten vom Förderbeitrag abgezogen. „Leider bastelt jede Behörde aber nach wie vor ihr eigenes System und versenkt da einen erheblichen Anteil der Mittel, bevor überhaupt ein Cent ausgezahlt ist“, kritisiert er.

Rainer Druskat, Business Development Manager Transport beim Logistikdienstleister Fiege, ist mit den Förderungen zufrieden. Fiege fährt mit sechs E-Lkw in Deutschland und weiteren zwei in der Schweiz. Die sechs Fahrzeuge in Deutschland hatte der Logistikdienstleister aus dem westfälischen Greven noch mit Hilfe des KsNI-Förderprogramms angeschafft.

Derzeit läuft eine Bewerbung für sechs weitere E-Lkw im Rahmen eines Landesförderprogramms Nordrhein-Westfalens. Das Verkehrsministerium will Unternehmen in NRW bei der Anschaffung von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen weiter unterstützen und damit die aktuelle Förderlücke schließen. Die E-Lkw für Fiege sollen im ersten Quartal 2025 ausgeliefert werden. Einziger kleiner Kritikpunkt bei der ersten Förderung war, dass er etwas länger auf die Bewilligung warten musste. Im September 2022 war der Antrag eingereicht, im April 2023 kam der positive Bescheid vom BALM.

Aktuell gehe es deutlich schneller. Das Amt im sauerländischen Arnsberg, das für den Förderantrag für die sechs weiteren Fahrzeuge zuständig ist, sei flott unterwegs. Bei Nachfragen reagieren die zuständigen Mitarbeiter laut Druskat innerhalb kürzester Zeit. Die Beantragung sei sehr einfach gehalten. Für den ersten Lkw habe er nur eine halbe Stunde gebraucht, für die weiteren jeweils zehn Minuten. Nun hofft er auf eine baldige Zusage. (zp/fh)

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