Verbände und Hersteller fordern Kurskorrektur in der Klimaschutzpolitik
Eine sofortige Kurskorrektur in der Verkehrs- und Klimapolitik fordern die Güterkraftverkehrs- und Speditionsverbände BGL und DSLV zusammen mit den Nutzfahrzeugherstellern Daimler Truck und MAN Truck & Buses. Am Mittwoch wandten sie sich zum wiederholten Mal an die Presse, um vor der Mauterhöhung am 1. Dezember zu warnen. Unisono betonten die Verbände und Unternehmen, dass sie einen größtmöglichen Beitrag zum klimaschonenden Straßengüterverkehr leisten wollen.
„Unsere Industrie ist Teil des Problems, wir wollen auch Teil der Lösung sein“, sagte MAN-CEO Alexander Vlaskamp in der Berliner Bundespressekonferenz. Allein die MAN-Lkw-Flotte verantworte derzeit einen CO₂-Ausstoß von 130 Millionen Tonnen pro Jahr, auf die Herstellung entfielen davon nur 0,3 Millionen Tonnen. Er betonte, dass für den Klimaschutz der batterieelektrische Lkw der größte Hebel sei. Für das kommende Jahr verspricht Vlaskamp für 2024 die Auslieferung von Fahrzeugen mit einer Tagesreichweite bis 800 Kilometer. Bis 2027 werde MAN Lkw mit einer Tagesreichweite von über 1.000 Kilometer auf den Markt bringen.
Industrie: Förderung ist unerlässlich
Der MAN-Manager nannte vier wesentliche Faktoren, wie die Klimaziele erreicht werden können: Zero-Emission-Fahrzeuge, hundertprozentiger Grünstrom, ein schneller Aufbau von Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge und Planungssicherheit für Transportunternehmen. In der initialen Hochlaufphase der Transformation sei eine Förderung der Fahrzeuge unerlässlich und hilft, den Wandel zu beschleunigen.
Dieser Meinung schloss sich Manfred Schuckert von Daimler Truck an. Er betonte, dass E-Lkw immer teurer seien als Dieselfahrzeuge. „Die Industrie hat die Voraussetzungen für die Antriebswende geschaffen“, lobte BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt. „Und werden die Transportunternehmer und Logistikdienstleister die Fahrzeuge kaufen?“, fragte er. „Die Antwort lautet ganz klar: Nein.“ Mit den jetzigen Beschlüssen fahre die Ampelregierung die Antriebswende mit Ansage vor die Wand.
DSLV plädiert für einfachere Förderstruktur
Andere Rahmenbedingungen seien notwendig, so Engelhardt, und kritisierte die zu gering bemessenen Mittel für die Anschaffungsförderung von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen (KsNI) im Bundeshaushalt 2024. Eingeplant seien derzeit ab 2025 nur etwa 86 Millionen Euro. Etwa das Zehnfache sei allerdings notwendig, um die große Nachfrage nach Förderung zu decken. „Wir brauchen eine Aufstockung der Fördermittel, mehr Geld für die Ladeinfrastruktur, eine einfachere Förderstruktur und verlässliche Planungszeiträume“, sagte Engelhardt.
Schön länger kritisiert der BGL die Erhöhung der Lkw-Maut ab dem 1. Dezember 2023 durch einen CO₂-Aufschlag, durch den sich die Gebühr teilweise fast verdoppelt. Besonders ärgert Engelhardt, dass die zusätzlichen Einnahmen in Höhe von rund 7,6 Milliarden Euro nur zu einem geringen Teil in die Straße zurückfließen. Den überwiegenden Teil soll die Schiene erhalten. Eine Lenkungswirkung in Richtung mehr Klimaschutz sieht Engelhardt nicht.
„Wir haben dafür geworben, dass die Gelder aus Steuermitteln finanziert werden“, sagte Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV Bundesverband Spedition und Logistik. Würde man die Mautrechnung in eine Mehrwertsteuererhöhung umrechnen, käme man auf 0,5 Prozent. Der Verbraucher würde also mit 19,5 Prozent belastet.
Verbände: Keine Abkehr von Gas-Lkw
Das Werben für den E-Lkw ist den Verbänden zufolge keine Abkehr von der Forderung, auch gasbetriebene Fahrzeuge zu unterstützen. „Alternative Kraftstoffe sind für eine Bestandsflotte sehr wichtig“, betonte Huster. Mit Gasantrieben sei eine CO₂-Einsparung von 70 bis 80 Prozent realistisch. Deshalb habe der DSLV dringend darum gebeten, dass alternative Kraftstoffe bei den Anrechnungsverfahren auch bei der Maut mit aufgenommen würden. Das gelte auch für HVO 100. Die Tankinfrastruktur könne eins zu eins genutzt werden.
Auf die Frage, ob Unternehmer ihre Drohung wahr machen und wegen der Mauterhöhung Anfang Dezember ihre Lkw stehen lassen werden, sagte Engelhardt, dass ihm ein Fall eines Mitgliedsunternehmens in Norddeutschland bekannt sei. Es beliefere Baustoffwerke. Die Frachtpreise seien bis Anfang Januar gültig. Der Unternehmer schicke seine Fahrer in unbezahlten Urlaub. „Bei den Speditionen ist die Besorgnis nicht ganz so groß“, ergänzte Huster. Es seien aber steigende Preise möglich, weil der Frachtraum knapper werde.