Vertrauensfrage: Der Pfropfen ist gelöst
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird nach einer Einigung mit der Union am 16. Dezember die Vertrauensfrage stellen. Am 23. Februar könnten Neuwahlen stattfinden. Die Einigung macht womöglich den Weg frei für einige Gesetzesvorhaben, die nach dem Koalitionsbruch auf Eis liegen. Darunter sind auch einige mit großer Bedeutung für den Verkehrssektor.
Immerhin steht an diesem Mittwoch der Nachtragshaushalt 2024 auf der Tagesordnung des Bundestages. Dieser sieht unter anderem 300 Millionen Euro mehr für die Autobahn GmbH vor. Die Beratungen für den Bundeshaushalt 2025 stehen indes still. Für diesen Donnerstag war die sogenannte Bereinigungssitzung der Haushälter im Bundestag angesetzt. Die fällt nun aus.
Vom 1. Januar 2025 an gilt dann die vorläufige Haushaltsführung. In der Regel stützt sich die neue Regierung auf die vorliegenden Zahlen aus dem Vorjahr und führt diese fort. Im Verkehrsetat 2024 standen 44,5 Milliarden Euro als Gesamtausgaben zur Verfügung, für 2025 knapp 50 Milliarden Euro. Bei den Investitionen ist unter anderem eine Eigenkapitalerhöhung für die Deutsche Bahn in Höhe von 10 Milliarden Euro vorgesehen.
Zudem sind mehrere Gesetzesinitiativen wie die Berufskraftfahrerqualifikationsverordnung oder das Güterkraftverkehrsgesetz blockiert. Da geht es unter anderem um E-Learning in der Weiterbildung für Lkw-Fahrer. Erleichterungen für Großraum- und Schwertransporte werden unterdessen kommen. Darüber muss nur noch der Bundesrat entscheiden.
Wissing im Verkehrsausschuss
Im politischen Berlin herrscht nach dem Ampel-Aus unterdessennhektische Geschäftigkeit. Die FDP-Verkehrsstaatssekretäre haben ihre Büros geräumt und letzte Dankes-E-Mails an ihre Mitarbeiter versendet. Der Verkehrsausschuss im Bundestag bittet Bundesverkehrsminister Volker Wissing (bisher FDP, jetzt parteilos) an diesem Mittwoch zum Gespräch. Viele Mitarbeiter in den Abgeordneten-Büros müssen sich an den Gedanken gewöhnen, dass sie sich neue Jobs suchen müssen – je nachdem, ob ihr Chef oder ihre Chefin in der nächsten Legislaturperiode wieder gewählt wird.
Einige auch für die Logistikbranche relevante Vorhaben stehen noch zur Entscheidung an. Mit der am Dienstag gemachten Zusage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Vertrauensfrage Mitte Dezember zu stellen, könnten Gesetze noch verabschiedet werden. „Ich hoffe sehr, dass sowohl die FDP als auch die CDU bereit dazu sind. Ich werde die Gespräche dazu sehr zeitnah wieder aufnehmen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag in Berlin. Denn es geht bei den offenen Gesetzesvorhaben unter anderem um die Umsetzung der Cybersicherheitsrichtlinie NIS-2. Sie soll für mehr Schutz gegen Cyberangriffe sorgen. Betroffen ist auch das Kritis-Dachgesetz, das kritische Infrastrukturen schützen soll. Es fehlt die Befassung im Bundestag. Nach vorläufiger Planung will sich der Bundesrat am 20. Dezember mit dem Gesetzentwurf beschäftigen.
Ärger über Ausschussarbeit
Verkehrspolitiker sind verstimmt, weil das Güterkraftverkehrsgesetz nicht mehr im Verkehrsausschuss behandelt wurde. Es regelt unter anderem den Berufs- und Marktzugang im Güterkraftverkehr. Auch die Beratung über die Änderung des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes liegt auf Eis. Hennig Rehbaum (CDU), Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages, ärgerte sich über die Verzögerung schon im Oktober. „Die Branche ist dringend darauf angewiesen, dass die Regierung die Vorgaben für die Ausbildung von Bus- und Lkw-Fahrern effizienter, unbürokratischer und damit wieder günstiger macht“, so der Politiker. Geliefert hat die Ampel ihm zufolge nach drei Jahren Regierungszeit bisher nur einen wenig ambitionierten Entwurf, dessen Beratung im Parlament sie nun seit Monaten blockiert. Diese Beobachtung machten auch andere Abgeordnete und beklagen das Taktieren von Parteien, um Gesetze durchzubringen.
Die Deutsche Bahn fürchtet indes um ihre Finanzierung. Für dieses Jahr wartet sie auf einen Beschluss des Haushaltsausschusses über 2,5 Milliarden Euro. Mit Scholz’ Entscheidung könnten diese nun doch bewilligt werden. Die Union muss allerdings dafür stimmen, dass der Haushalts- und der Verkehrsausschuss das Thema auf die Tagesordnung setzen. Das ist derzeit nicht der Fall. Der Vorsitzende der Eisenbahnverkehrsgewerkschaft, Martin Burkert, warnt für 2025 vor einer Finanzierungslücke zwischen 17 bis 20 Milliarden Euro.
Was fehlt, ist das Moderne-Schiene-Gesetz. Es soll unter anderem die Digitalisierung und Finanzierung der Bahn regeln. Nach Verzögerungen wollte das BMDV einen Entwurf bis zum Jahresende vorlegen. Einen Kabinettsbeschluss wird es so bald nicht geben. Der neue Bundestag formiert sich erst ab Ende Februar.