„Wer will, dass Güterverkehr nicht nur auf der Straße landet, muss dafür Geld in die Hand nehmen“

Mona Neubaur will als Wirtschaftsministerin Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneutralen Region Europas machen. Im Interview spricht sie über ihre konkreten Pläne und die Bedeutung der Logistik. 

Seit dem 29. Juni 2022 ist Mona Neubaur Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen. (Foto: MWIKE NRW/Nils Leon Brauer)

Mona Neubaur will als Wirtschaftsministerin Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneutralen Region Europas machen. Im Interview spricht sie über ihre konkreten Pläne und die Bedeutung der Logistik. 

Frau Ministerin, Sie stehen an der Spitze des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. Warum haben Sie diese Themen in einem Haus vereint? Wie passen Wirtschaft und Klimaschutz zusammen?

Mona Neubaur: Es war eine bewusste Entscheidung, das Ministerium genauso zu benennen, weil die Zukunft einer widerstandsfähigen und erfolgreichen Wirtschaft und Industrie in Nordrhein-Westfalen davon abhängt, dass Klimaschutz ein erfolgreiches Geschäftsmodell wird. Wir als gesamte Landesregierung verstehen Klimaschutz übergeordnet als eine gemeinsame Aufgabe. Jedes Ressort hat das Thema auf der Agenda.

Wie funktioniert die Abstimmung mit ihrem Kollegen Oliver Krischer, dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr in NRW? Gibt es gemeinsame Projekte?

Mein Kollege und ich arbeiten nach dem Motto zusammen: Zwischen Wirtschaft und Umwelt gehört kein Oder! Lange Zeit wurde gesagt, dass die Versöhnung von ökonomischen und ökologischen Aspekten nicht möglich sei. Wir verstehen es als unsere gemeinsame Aufgabe diesen Konflikt zu lösen. Für diese Art Politik zu machen haben wir die Entschlossenheit auf der einen Seite, aber auch den nötigen Pragmatismus auf der anderen Seite. Gemeinsam haben wir das Ziel, NRW als attraktiven Wirtschaftsstandort zu erhalten und auszubauen und dafür ist auch eine intakte Natur essenziell. Die größte Menschheitsaufgabe ist, die Folgen der Klimakrise abzumildern. Hierfür sind auch große Investitionen nötig. Nicht zu investieren wäre die teuerste Lösung.

Müssen Sie als Klimaschutz- und Wirtschaftsministerin die Kabinettskolleginnen und Kollegen denn antreiben oder treiben alle die Klimaschutzbemühungen in ihren Häusern selbst voran?

Der ambitionierte Ausbau der Erneuerbaren Energien hier in Nordrhein-Westfalen ist die Grundlage, um den Wandel zu klimaneutralem Wirtschaften erreichen zu können. Dieses Projekt liegt in meinem Ministerium und damit haben wir auch eine besondere Verantwortung. Darüber hinaus sehe ich mich als eine entschlossene, aber auch zur Kollaboration bereite Ministerin, die versucht, ihren Kabinettskollegen Lust auf diese Veränderung zu machen und gemeinsam für Veränderungen einzutreten und geradezustehen.

Wie funktioniert die Kollaboration innerhalb des Kabinetts bislang?

Wir arbeiten menschlich sehr gut zusammen und fachlich ist es ein Gewinn, dass wir teilweise aus ganz unterschiedlichen Perspektiven auf die Themen blicken und dadurch häufig auch Diskussionen entstehen. Bislang sind wir am Ende aber immer zu guten Lösungen gekommen.

Der Logistiksektor ist mit mehr als 400.000 Beschäftigten ein großer Arbeitgeber in NRW. Welchen Stellenwert hat die Branche für Sie?

Nordrhein-Westfalen, im Herzen Europas gelegen, bietet für Unternehmen die komplette Bandbreite der Logistik. Wir haben in Duisburg den größten Binnenhafen Europas und sind mit mehreren großen Flughäfen eine wesentliche Drehscheibe für den Handel auf dem Kontinent. Logistik ist ein elementarer Teil des globalen Handels- und Wirtschaftssystems. Mein Ziel ist es, durch die bestmöglichen Arbeitsbedingungen das Ansehen der Logistik zu verbessern und die Branche auch zu einem Vorreiter in Sachen Klimaneutralität in Nordrhein-Westfalen zu machen.

Mona Neubaur

1999 trat die Tochter einer Krankenschwester und eines Kunstschmiedemeisters den Grünen bei und ist dort seit 2005 aktiv. Sie war von 2014 bis 2022 Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Nordrhein-Westfalen und von 2010 bis 2014 Geschäftsführerin der Heinrich-Böll-Stiftung in NRW. Als ihre Schwerpunkte nennt die studierte Pädagogin Umwelt-, Energie- und Verkehrspolitik sowie Klimaschutz und Demokratie. Seit dem 29. Juni 2022 ist die 45-Jährige Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen.

Wie können Sie die Situation der Arbeitnehmer im Logistiksektor verbessern?

Zunächst muss man differenziert auf die aktuelle Lage schauen. Nicht überall sind die Arbeitsbedingungen schlecht. Aber natürlich muss Politik in der sozialen Marktwirtschaft den Unternehmen klarmachen, dass sie dafür zu sorgen haben, dass ihre Mitarbeiter zu guten Bedingungen dort arbeiten. Am Ende profitiert eine gesamte Volkswirtschaft davon, dass es gute Gehälter gibt, weil dann auch Konsum stattfinden kann. Für mich ist vollkommen klar: Politik muss hier Rahmenbedingungen setzen.

„Um Klima und Umwelt zu schützen und den Straßenverkehr zu entlasten, werden wir mehr Güterverkehr auf Schiene und Wasserstraße verlagern“ steht in Ihrem Koalitionsvertrag. Laut der Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministers wird der Lkw seinen Anteil am Güterverkehr in den kommenden Jahren aber noch ausbauen. Was sagen Sie dazu?

Wer will, dass Güterverkehr nicht nur auf der Straße landet, muss dafür Geld in die Hand nehmen und die nötige Infrastruktur auszubauen. Wir müssen die Alternativen stärken, damit Güter wirtschaftlich attraktiv auf der Schiene oder auf dem Binnenschiff transportiert werden. Gerade bei der Überbeanspruchung von Autobahnen und im Speziellen von Autobahnbrücken sind wir gut beraten, nicht nur auf einen Verkehrsträger zu setzen, sondern zu diversifizieren.

Die Wasserstraße spielt in der öffentlichen Debatte oft eine untergeordnete Rolle, ist aber gerade in NRW ein wichtiger Faktor. Wie soll die Binnenschifffahrt in ihrem Bundesland gestärkt werden?

Ein wichtiges Projekt ist die Förderung von Landstromanlagen für Binnenschiffe. Wir unterstützen die Häfen dabei, ein Angebot zu schaffen, um als Standort attraktiver zu werden. Im Duisport werden bis Ende 2024 30 Landstromanlagen durch Förderung des Wirtschaftsministeriums verfügbar sein, wo 60 Binnenschiffe mit Strom betankt werden können. Es muss attraktiver werden, Güter mit dem Binnenschiff von A nach B zu transportieren. Wir kooperieren hierzu unter anderem mit den Niederlanden bei der Entwicklung von Wasserstoff-Antrieben in der Binnenschifffahrt und Wasserstoff. Auch hier haben wir den Anspruch der Technologieführerschaft mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität.

Aber wo kommt zusätzliche Ladung für das Binnenschi her, wenn herkömmliche Transportgüter wie Kohle wegfallen?

Wenn ich aus meinem Büro auf den Rhein schaue, sehe ich schon heute viele Binnenschiffe Container transportieren. Hier gibt es also offensichtlich bereits einen Markt. Außerdem werden sehr viele Sekundärrohstoffe auf der Wasserstraße transportiert. So werden die großen Chemiestandorte mit notwendigen Vorprodukten und Rohstoffen versorgt. Ich bin daher zuversichtlich, dass Binnenschiffe weiter eine hohe Relevanz haben, auch nach der Zeit des Kohleabbaus.

Im Koalitionsvertrag steht auch, dass eigene Gleisanschlüsse für Unternehmen angebunden und stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert werden sollen. 

Dieses Thema liegt grundsätzlich ganz klar in der Zuständigkeit des Verkehrsministers. Andererseits benötigt jede industriell und wirtschaftlich genutzte Fläche auch eine verkehrliche Anbindung. Daher kläre ich bei neu zu erschließenden Industrie- und Gewerbeflächen immer, dass bei der verkehrlichen Erschließung eine möglichst klimafreundliche Lösung gewählt wird. Zudem gibt es in NRW viele Gewerbeflächen, wo vor vielen Jahren die Gleise stillgelegt wurden und die Unternehmen diese wieder für den Gütertransport nutzen wollen. Ich unterstütze dann dabei, das Thema bei den Verkehrsministern in Land und Bund zu platzieren.

Die Industrie unterstützt also aktiv die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene?

Ja, das habe ich aus vielen Gesprächen mitgenommen. Die Industrie hat ein großes Interesse daran, die Schiene neu oder wieder zu erschließen. Die große Hürde besteht heute darin, dass es zu wenige Hubs gibt, an denen die Güter auf Lkw oder Binnenschiff verteilt werden können. Diese Lücke müssen wir möglichst schnell schließen. Aber die Bereitschaft Transporte zu verlagern und die Logistik klimafreundlicher aufzustellen ist definitiv da. 

Wie schnell kann diese Infrastruktur wiederaufgebaut werden?

Es geht natürlich schneller, wenn die Infrastruktur noch liegt und reaktiviert werden kann, als wenn man sie neu legen muss. Die Reaktivierung ist also die „low hanging fruit“ und hier sollten wir bestehende Strukturen möglichst bald wieder nutzbar machen.

In absehbarer Zeit wird die Straße dennoch der wichtigste Verkehrsträger bleiben. Die Umstellung der Flotten auf klimafreundliche Antriebe verläuft bislang, unter anderem wegen der fehlenden Infrastruktur, noch schleppend. Können Sie den Prozess beschleunigen? 

Wir brauchen ein Netz für Wasserstoff- und Elektro-Lkw. Darum habe ich mich als Wirtschaftsministerin zu kümmern. Wir fördern Unternehmen und Konsortien, die selber Wasserstoff-Tankstellen oder Elektro-Ladesäulen bauen wollen. Es ist mir wichtig, das lokale Unternehmertum zu unterstützen, wenn die Entscheidung für klimafreundliche Lösungen gefallen ist. Es muss sich für diese Unternehmen auch wirtschaftlich lohnen. Logistik und Verkehr sind Teil unserer Wasserstoffstrategie. Wasserstoff kann auch in der Luftfahrt eine Rolle spielen. Hier haben wir eine Prioritätensetzung im Interesse von Industrie und Wirtschaft.

Aus der Logistikbranche kommt oft der Vorwurf, dass die Politik beim Ausbau von Wasserstoff - und Elektroinfrastruktur zu langsam sei. Was entgegnen Sie darauf?

Ich kann die Versäumnisse der Vergangenheit leider nicht einfach mit einem Fingerschnipp nachholen. Ich neige deshalb aber nicht dazu, den Schwarzen Peter an Vorgängerregierungen zu geben. Stattdessen arbeite ich konzentriert mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Wirtschaftsministerium sowie Unterstützung aus der Wissenschaft und Wirtschaft daran, dass so schnell wie möglich aufzuholen.

Viele Straßen und Brücken in NRW sind für die heutigen Verkehrsbelastungen oft nicht ausgelegt und sind dringend sanierungsbedürftig. Ist diese teilweise marode Infrastruktur eine echte Gefahr für den Wirtschaftsstandort ?

Das ist nicht meine Zuständigkeit, aber diese Situation beunruhigt mich durchaus. Das kann ein wirkliches Problem für die Menschen und die Unternehmen in der jeweiligen Region werden. Die Menschen in Lüdenscheid leiden aktuell am heftigsten unter den Umwege-Verkehren aufgrund der Rahmedetalbrückensperrung. Die müssen das nun auszuhalten, weil Politik in den Vorjahren nicht geleistet hat. Ich will das gar nicht auf Schwarz-Gelb als Vorgängerregierung schieben. Keine demokratische Partei kann von sich sagen, dass sie in Regierungsverantwortung vernünftige Maßnahmen für den Erhalt von Infrastruktur ergriffen hätte. Und ja, für den Wirtschaftsstandort NRW ist das ein echtes Problem. Wir versuchen aktuell die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen für die Region Südwestfalen auszugleichen, weil es natürlich einen Unterschied macht, ob ich Beschäftigte und Güter einfach von A nach B transportieren kann, weil eine Straße da ist oder ob es die Straße nicht gibt. Insofern hat eine marode Infrastruktur schwerwiegende Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort.

Auf Ihrer Website steht „Machen wir NRW zu ersten klimaneutralen Industrieregion Europas“...

Der Satz hat es in den Koalitionsvertrag geschafft.

Ein ambitioniertes Ziel. Wie soll es erreicht werden?

Erste Priorität hat für mich der Ausbau einer erneuerbaren Energieinfrastruktur sowohl auf Seiten der Erzeugung wie auch auf Seiten des Transports. Ja, die Landschaft wird sich verändern. Wir werden den Strom aus der Nordsee hier nach Nordrhein-Westfalen bringen, aber auch vermehrt Windräder in Nordrhein-Westfalen selbst sehen. Das bedeutet natürlich Diskussionen mit den Bürgerinnen und Bürgern. Aber es ist für mich ein Privileg diese Aufgabe in diesem Amt umsetzen zu können. Dazu gehört für mich auch der Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur.

Was steht neben dem Ausbau der Erneuerbaren noch oben auf Ihrer Agenda?

Wenn man Klimaschutz und Klimaneutralität ganzheitlich betrachtet, dann muss man auch aus den Krisen, in denen wir immer noch stecken, lernen. Für mich heißt das unter anderem, dass wir eine Wirtschaftsform anstreben müssen, die auf Rohstoffleichtigkeit setzt und keinen Abfall erzeugt. Eine echte Kreislaufwirtschaft, die die Defossilisierung darüber schafft, dass sie Kohlenstoffe im Kreislauf führt, ist mein Ziel. Nordrhein-Westfalen ist DER Chemiestandort Europas und es ist eine große Herausforderung, hier diese Transformation zu gestalten. Aber genau dabei die Ersten zu sein, kann für uns zum Wettbewerbsvorteil werden. Und das wollen wir mit der Technologieführerschaft und Innovationskraft unserer Unternehmen sowie dem Verbund aus Großindustrie, Handwerk und Mittelstand, Forschung und Wissenschaft erreichen.

Und wo drückt speziell bei den Transportunternehmen gerade der Schuh besonders?

Das drängendste Thema ist aktuell die Bewältigung des Arbeits- und Fachkräftemangels. Viel stärker als die Frage der Energiekosten. Hier sind wir gerade als Landesregierung gefordert, über die einzelnen Ressorts hinweg Lösungen zu finden. Wir müssen es attraktiver machen, dass Menschen in Ausbildung gehen. Auch die permanente Weiterqualifizierung von Menschen als Teil eines Berufslebens zu verstehen ist für unser ein Fokusthema. Wir wollen Plattformen schaffen, wo Wirtschaft, Wissenschaft, Handwerk und Industrie ihre Kräfte bündeln, um den Beschäftigten die Sicherheit zu geben, dass sie in einem Wandel, wo sich auch Tätigkeiten verändern, nicht vergessen werden.

Wie können Sie Arbeitnehmern in der Logistik die Sicherheit geben, dass sie weiter gebraucht werden?

Entscheidend ist, dass wir unser Bildungssystem genau darauf ausrichten, dass man nicht weiß, welche Berufsbilder wir in 20 Jahren haben werden. Lebenslanges Lernen spielt eine gewichtige Rolle für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort, weil gut qualifizierte Beschäftigte auch beim technologischen Fortschritt mithalten müssen. Natürlich wird künstliche Intelligenz bestimmte Tätigkeiten ersetzen. Dann sind die Arbeitgeber gefordert, den Beschäftigten Angebote zu machen, tätigkeitsnah in andere Berufsbilder wechseln zu können. Ja, es wird Verschiebungen in den Berufsbildern geben. Aber ich kenne keine Studie, die sagt, dass es weniger Beschäftigung durch Digitalisierung geben wird. Die Arbeitswelt wird sich einem permanenten Veränderungsprozess unterziehen. Darauf muss sich die Wirtschaft vorbereiten. Und dafür braucht sie Unterstützung von Kammern und Politik.

Als Zwischenziel sollen bis 2030 die Emissionen in NRW um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. 2045 soll schließlich Treibhausgasneutralität erreicht werden. Wo sehen Sie sich und das Bundesland auf diesem Weg?

Es ist nur noch ein Wimpernschlag bis 2030. Das „Ob“ ist klar. Im „Wie“ müssen wir jetzt sämtliche Kreativität und die Tatkraft unseres Mittelstands, unserer Industrie nutzen, um die CO2-Reduktionen zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell zu machen. Das gilt insbesondere für die Logistikbranche. Viele Logistiker in NRW sind Familienunternehmen, die ihre Fuhrparks klimaneutral umrüsten oder sich generell klimafreundlicher aufstellen wollen. Da geht es um Lkws, aber auch um Sprinter und andere kleinere Fahrzeuge. Diese Unternehmen wollen ihre Flächen nutzen um mit Photovoltaik und Speicherlösungen von den fossilen Brennstoffen wegzukommen. Das unterstützen wir zusammen mit der Industrie- und Handelskammer sowie mit dem Landesverband Erneuerbare Energien mit diversen Förderprogrammen. Wir wollen die Ideen und Initiativen der Wirtschaft aufgreifen und unterstützen. So können wir Stück für Stück mit viel Ambition die CO2-Emissionen Jahr für Jahr reduzieren. Aber es ist und bleibt harte Arbeit.

Energieautarkie wird vom Wirtschaftsministerium also ganz konkret gefördert?

Wir haben unterschiedliche Förderprogramme, „klimaneutraler Mittelstand“ ist eine davon. Andere heißen „Weg vom Gas“ oder „Photovoltaik im Gewerbe“. Das sind alles Maßnahmen, die natürlich auch durch den Schock des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine getrieben sind. Damit wollen wir die Energiekosten im Griff halten und das geht am besten über Erneuerbare, weil das die günstigste Form der Energieversorgung sein wird.

Neben dem Ausbau der Erneuerbaren und der dazugehörigen Infrastruktur: Was sind für Sie die drängendsten Themen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene für die kommenden Jahre?

Der Arbeits- und Fachkräftemangel! Wir müssen eine Antwort darauf finden, wie man mit den Folgen der des demografischen Wandels umgeht? Wir müssen das schaffen, damit die Talente auch künftig bei uns am Wirtschaftsstandort arbeiten. Damit unsere Unternehmen ihre Betriebe weiterführen können. Damit die vollen Auftragsbücher abgearbeitet werden können. Und ganz entscheidend: Das gesprochene Wort über den Klimaschutz ist natürlich wichtig, aber entschieden wird Klimaschutz dadurch, dass er gebaut, entwickelt und verarbeitet wird. Und dafür brauchen wir die Arbeits- und Fachkräfte. Deswegen ist das die größte Herausforderung, die wir neben der Klimakrise zu bewältigen haben.

Der Fachkräftemangel ist ein vielschichtiges Problem. Wie können Sie konkret helfen?

Es gibt bei solch großen Transformationen leider nicht den einen Schalter, der umgelegt wird und alles zum Guten ändert. Wir müssen gleichzeitig viele unterschiedliche Baustellen bearbeiten. Deswegen brauchen wir ein besseres Einwanderungsrecht und bessere Gesetze für die Umsetzung. Es ist gut, dass die Ampel das Thema im Bund in die Wege leitet. Wir brauchen im Bereich von frühkindlicher Bildung und Ausbildung mehr Durchlässigkeit mit dem Selbstverständnis, dass man werden kann, was man will. Zudem muss die duale Berufsausbildung aufgewertet werden. Es muss klar sein, dass man auch so wirklich Karriere machen und in Führungspositionen kommen kann. Zudem brauchen wir eine Gesellschaft, in der Menschen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als ein Selbstverständnis begreifen. Wir können es uns gar nicht mehr leisten, dass Frauen, die sich um Kinder oder Angehörige kümmern, nicht für die Erwerbsarbeit zur Verfügung stehen, obwohl sie gut ausgebildet sind.  Und zuletzt müssen wir auch Automatisierung und Robotik als Teil der Lösung sehen. 

Ist gerade die Logistik ein Sektor, wo Automatisierung eine besondere Rolle einnehmen kann?

Grade in der Intralogistik gibt es ja bereits wahnsinnig innovative Entwicklungen. Etwa die Unterstützung der Mitarbeiter durch Exoskelette. Das macht diese Jobs auch wieder attraktiver.  Genau so muss man KI und Automatisierung verstehen. Als Hilfe und nicht als Konkurrent für den Menschen. Die Logistik wird auch durch technische Innovationen in Zukunft körperlich einfacher für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch leiser und klimafreundlicher. Innovation ist die Realität von Nordrhein-Westfalens Logistik. Wir unterstützen, dass wir immer vorne bleiben. So bleibt die Branche auch attraktiv für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Zukunft. Viele kleine Kinder wollen mal Lkw-Fahrer, Busfahrerin oder Müllmann werden. Da gibt es große Bewunderung und Faszination für diese Berufe. Leider hält das in den Jahren bis zur Berufswahl dann nicht an. Hier müssen wir ansetzen.  

Und wie sieht eine faszinierende und attraktive Logistik dann in Zukunft aus?

Die Logistik der Zukunft ist leise. Sie nutzt Wege intelligent dadurch, dass sie Transporte teilt. Sie ist multimodal und klimaneutral. Die Logistik der Zukunft ist ein Vorzeige-Arbeitgeber und begeistert Kindergartenkinder wie Schulabgänger gleichermaßen. Und so wird der innovativste Logistikstandort eine wichtige Rolle in einem klimaneutralen NRW 2045 einnehmen.

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