Wissing legt Klimaschutz-Sofortprogramm vor

Der Verkehrssektor hat 2021 die gesetzlich vorgeschriebenen Klimaziele um 3 Millionen Tonnen CO₂ verfehlt. Mit sechs zentralen Maßnahmen will das Ministerium gegensteuern. Eine davon könnte den Kombinierten Verkehr deutlich stärken.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat am Mittwoch ein Sofortprogramm zur Einhaltung der Klimaziele im Verkehrssektor vorgelegt. Dazu war es gemäß dem Klimaschutzgesetz verpflichtet, weil der Verkehr im vergangenen Jahr mehr CO₂ ausgestoßen hat als erlaubt. Die Jahresemissionsmenge lag bei 148 Millionen Tonnen CO₂ und damit um 3 Millionen Tonnen über der Zielmarke für 2021.

„Wir wollen auch im Verkehrsbereich die Klimaziele einhalten“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Mittwoch nach der Kabinettssitzung. Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sei im Verkehrssektor die Umsetzung einer Vielzahl an Klimaschutzmaßnahmen bereits eingeleitet worden. Ein Großteil dieser Maßnahmen werde aber erst nach und nach greifen, beispielsweise aufgrund der langen Realisierungszeiten für Infrastrukturprojekte.

In dem dreiseitigen Papier nennt das BMDV sechs Sofortmaßnahmen:

Auf- und Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur für Pkw und Nutzfahrzeuge: Umsetzung der Maßnahmen, die mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur II beschlossen werden sollen und Umsetzung der zweiphasigen Strategie für den Bereich der Nutzfahrzeuge, die im Gesamtkonzept klimafreundliche Nutzfahrzeuge des BMDV formuliert wurde.

Ausbau Förderung effizienter Lkw-Trailer: Um die Energieeffizienz im Straßengüterverkehr zu verbessern, wird die Förderung von Effizienzmaßnahmen und Innovationen deutlich verstärkt. Zu diesem Zweck soll das Förderprogramm "Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge" zukünftig als Komponentenförderung ausgestaltet sein, auf dessen Basis insbesondere die Anschaffung von CO₂-senkender Zusatzausstattung neuer Anhänger und Auflieger bezuschusst werden soll.

Ausbauinitiative Radverkehrsinfrastruktur – aktive Mobilität: Stärkung von Programmen zur Förderung der Radverkehrsinfrastruktur mitsamt der erforderlichen Kommunikations- und Begleitmaßnahmen sowie des Fußverkehrs (Mehrbedarf in Höhe von ca. 250 Millionen Euro bis 2030) und weitere Maßnahmen.

Ausbau- und Qualitätsoffensive im ÖPNV: Aktuell unterstützt der Bund den ÖPNV bereits mit finanziellen Mitteln im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG), über das Regionalisierungsgesetz sowie aus weiteren Förderprogrammen. Ergänzend sollen mit den Ländern weitergehende Maßnahmen mit dem Ziel organisatorischer Verbesserungen und der Vereinfachung der ÖPNV-Nutzung vereinbart werden.

Ausbau der digitalen Arbeitsformen: Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub (Arbeiten von zu Hause statt im Büro) soll durch Maßnahmen wie die gesetzlichen Grundlagen für das mobile Arbeiten und der Gigabitstrategie der Bundesregierung verstärkt werden.

Anpassung nationale THG-Minderungsquote: Erhöhung der bestehenden THG-Minderungsquote ansteigend auf plus 1 Prozent in 2030 zur Stärkung der Erfüllungsoptionen, beispielsweise über strombasierte Kraftstoffe oder fortschrittliche Biokraftstoffe. Um die Anreize zur Verwendung paraffinischer Kraftstoffe (wie erneuerbare strombasierte Dieselkraftstoffe oder aus nachhaltigen Rohstoffen gewonnene hydrierte Pflanzenöle) als Reinkraftstoff zu erhöhen, soll zudem die DIN EN 15940 in die 10. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) aufgenommen werden.

Mit dem Sofortprogramm schickte das Ministerium ein Gutachten, das die Sofortmaßnahmen bewertete. Darin heißt es, dass die 3 Millionen Tonnen CO₂, die der Verkehrssektor im vergangenen Jahr zu viel ausgestoßen hat, in den kommenden Jahren nicht nur ausgeglichen, sondern sogar überkompensiert werden.

Das BMDV teilte außerdem mit, dass gemäß dem Klimaschutzgesetz die Bundesregierung im nächsten Schritt über die vorgelegten Maßnahmen berate und diese schnellstmöglich beschließe. Vor Erstellung der Beschlussvorlage über die Maßnahmen würden diese dem Expertenrat für Klimafragen zur Prüfung der zugrunde gelegten Annahmen zur Treibhausgasreduktion übermittelt. Parallel dazu liefen die Abstimmungen zur Finanzierung unter anderem im Rahmen der Verhandlungen zum Energie- und Klimafonds.

Mögliche Stärkung des Kombinierten Verkehrs

Die Interessenvertretung ‚Die Güterbahnen‘ sieht das Sofortprogramm kritisch. In einer ersten Stellungnahme heißt es, das Papier lasse die vergleichsweise leichte Verkehrsverlagerung auf die Schiene als Instrument links liegen. Gleichzeitig blieben güterverkehrspolitische Aufgaben wie der Infrastrukturausbau bei der Schiene und der Abbau klimaschädlicher Subventionen außen vor.

Einziger positiver Punkt in der BMDV-Liste ist nach Ansicht des Verbandes die Andeutung, dass künftig auch die nachträgliche „Kranbarmachung“ von Sattelaufliegern gefördert werden solle. Nahezu alle derzeit eingesetzten Trailer müssen erst verstärkt werden, bevor sie mit Kränen oder Reachstackern zur Verladung auf Bahnwaggons angehoben werden. Die Umrüstförderung könne ein wichtiger Schritt für den Kombinierten Verkehr sein. Sie müsse aber darum ergänzt werden, dass neue Trailer generell kranbar zu bauen seien.

Mitarbeit: Sven Bennühr

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