Coface stuft Transport als Hochrisiko-Branche ein
Der Kreditversicherer Coface hat „in einem bisher noch nie erlebten Umfang“ Länder- und Branchenrisiken aktualisiert. Demnach zählt die Transportbranche nun neuerdings zu den Hochrisiko-Branchen. Bisher galt in dem Sektor ein mittleres Risiko. „Bis dato musste man sich keine Sorgen machen, ob LKW durchs Land rollen oder Flugzeuge voll besetzt werden“, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Update und weiter: „Durch die Hygienevorschriften des Bundes, die Reisewarnung für den gesamten Erdball inklusive Quarantäneregelungen, die starke Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice und das Zurückfahren der Produktion in der Industrie sind die üblichen Transportdienstleistungen bei weitem nicht mehr gefragt“. Der Personenverkehr habe dramatisch abgenommen und erhole sich nur zögerlich. „Einen deutlichen, wenn auch kurzfristigeren Einbruch gab es ebenfalls im März/April beim Güterverkehr.“ Hier werde jedoch eine relativ raschere Erholung sichtbar, schreiben die Experten weiter.
Sehr hohes Risiko in drei Branchen
Coface hat auch die Bewertungen anderer Branchen korrigiert. Über 28 Länder addiert gab es 134 Herabstufungen – ein Negativrekord. In Deutschland waren hiervon außer der Transportbranche die Automobilbranche, die Metallbranche, Textil- und Bekleidung (jeweils von hohes auf sehr hohes Risiko) sowie der Einzelhandel (mittleres auf hohes Risiko) und schließlich die Baubranche (niedriges auf mittleres Risiko) betroffen. „In unserer vierstufigen Risikoeinschätzung wurde nun zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in drei Branchen ein sehr hohes Risiko festgestellt“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg.
Dies mache sich auch bei den Insolvenzen bemerkbar. Coface rechnet für 2020 nunmehr mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies sei der stärkste prozentuale Anstieg seit 2002 nach dem Platzen der Internetblase. „Hierbei ist berücksichtigt, dass der Zeitpunkt des Insolvenzantrags seit März bis Ende September ausgesetzt und bei Ausnahmen auch auf den März 2021 verschoben werden kann“, heißt es.
Mit den 12 Prozent bleibt Deutschland jedoch deutlich unter dem Durchschnitt für das Insolvenzwachstum in der Welt. Das beziffert Coface nun auf plus 33 Prozent zum Vorjahr. Den stärksten Anstieg in den Industrieländern werden die USA haben (43 Prozent). Großbritannien (37), Japan (24) und Frankreich (21) liegen deutlich über der Zahl für Deutschland. Unter den Emerging Markets sind Brasilien (44) und die Türkei mit plus 50 Prozent besonders stark betroffen.
Deutschland so schlecht wie nie bewertet
Der Kreditversicherer hat 71 von 162 Volkswirtschaften herabgestuft, darunter auch Deutschland in A3. Das sei die niedrigste Ländernote, die Deutschland in mehr als 20 Jahren bei dem Kreditversicherer je hatte. Erst im Juli 2019 hatte Deutschland die Bestnote A1 verloren. „Die Note A3 steht bei Coface dafür, dass das Risiko für Forderungsverluste und Insolvenzen in dem Land zwar noch befriedigend ist, jedoch nicht mehr niedrig“, erklärt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg.
Der Kreditversicherer prognostiziert für 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 7,2 Prozent. Im Finanzkrisenjahr 2009 ging die Wirtschafsleistung um 5,7 Prozent zum Vorjahr zurück. Allerdings erwartet Coface für Deutschland auch eine deutliche Erholung im kommenden Jahr. So sollte das BIP 2021 um 5,8 Prozent zulegen. „Dies rechtfertigt auch die noch immer passable Note von A3“, sagt von Berg.
Auch Umweltrisiken fließen ein
Eine A3-Bewertung haben nun ebenfalls Frankreich, Belgien, Kanada, die USA, aber auch Portugal und Spanien. Daneben wurde Italiens Note von A4 auf B heruntergenommen. Großbritannien trägt jetzt die Note A4 statt A3. Zusätzlich verloren die bisher weltweit noch verbliebenen vier Länder mit der Note A1 (Niederlande, Norwegen, Schweiz und Luxemburg) ihre Bestnote. Von Berg: „Es gibt praktisch kaum eine Volkswirtschaft der Erde, die nicht in irgendeiner Form von Covid-19 negativ beeinflusst ist. Vielleicht beherrscht der Virus selbst nicht das Land, aber im Regelfall hat mindestens ein großer Handelspartner mit den wirtschaftlichen Folgen zu kämpfen.“
So sei es nicht verwunderlich, dass von Mittel- und Osteuropa über Asien-Pazifik bis hin zu Afrika, dem Nahen- und Mittleren Osten sowie Lateinamerika in jeder Region Länder mit Herabstufungen zu finden seien. Dafür macht die Volkswirtin aber nicht nur das Coronavirus verantwortlich. „Seit diesem Sommer haben wir auch den Faktor Umweltrisiken und damit auch den Klimawandel in unsere Risikomodelle aufgenommen. Dies hat die Risikobewertung in vielen europäischen und afrikanischen Staaten ebenfalls gedrückt.“
Insgesamt erwartet Coface, dass die Wirtschaftsleistung der Welt um 4,4 Prozent zum Vorjahr abnimmt. Im kommenden Jahr dürfte das globale Wachstum der Prognose zufolge wieder 5,1 Prozent betragen. (cs)