Hoptrans will Geschäft in Deutschland skalieren
Wer aufmerksam über Autobahnen und Rasthöfe fährt, dem sind in den vergangenen Monaten Lkw mit litauischen Kennzeichen und dem Schriftzug „The Art of Logistics“ ins Auge gestochen. Dabei handelt es sich um ein Transportunternehmen aus Litauen namens Hoptrans, das große Pläne auf dem deutschen Markt verfolgt. „Deutschland ist neben Litauen unser wichtigster Absatzmarkt. Hier wollen wir alle Ressourcen bündeln, um das Geschäft zu skalieren“, kündigt Rimvydas Melkūnas, Geschäftsführer der Hoptrans GmbH, im Gespräch mit der DVZ an.
Die Hoptrans Group, dessen Eigentümer und Aufsichtsratsvorsitzender Vytas Volkevičius ist, zählt zu den größten litauischen Marktplayer. Bereits seit den 2000er Jahren ist das Unternehmen für Kunden aus Deutschland aktiv. Die strategische Offensive, mehr Marktanteile zu generieren, werde allerdings erst seit circa drei Jahren verfolgt, so Melkūnas. Zunächst wurde dafür eine Niederlassung im rheinischen Hürth bei Köln eröffnet und alle notwendigen Lizenzierungen beantragt. „Dann kam Covid“, erinnert er sich.
Deutsche Flotte ausbauen
Heute seien alle Voraussetzungen erfüllt, um mit der Skalierung des Geschäfts zu beginnen. „Wir haben ein paar Hundert Kunden in Deutschland, für die wir bislang ausschließlich internationale Transporte anbieten. Jetzt wollen wir uns auch im nationalen Geschäft vergrößern.“
Die Präsenz von litauischen Transportunternehmen auf deutschen Straßen nimmt seit Jahren stetig zu. So hat sich der Anteil litauischer Lkw an mautpflichtigen Fahrleistungen in der Bundesrepublik zwischen 2013 und 2021 von 1,5 auf heute 3,1 Prozent mehr als verdoppelt.
Aktuell sind je 20 Fahrzeuge und Auflieger von Hoptrans in Deutschland registriert. Dabei soll es aber nicht bleiben. In den nächsten zwei Jahren soll die deutsche Flotte auf circa 200 bis 300 Lkw erweitert werden, wie Melkūnas erklärt: „Wir wollen ein nationales Unternehmen sein, das lokal Arbeitsplätze schafft und nationale Transporte auf dem deutschen Markt anbietet. Deshalb suchen wir auch intensiv nach deutschsprachigen Fahrern.“
Wenn da nicht dieser Fahrermangel wäre. Wie alle Transportunternehmen hat auch Hoptrans große Probleme, Fahrer zu finden. Dabei seien die Investitionen in das Personal – insbesondere bei Fahrern – sehr groß. Melkūnas: „Wir haben eine eigene Fahrerschule und versuchen, mit diversen Benefits zu überzeugen.“
Fahrer aus Indien und Malaysia
Von den 1.600 bei Hoptrans beschäftigten Berufskraftfahrern stammen 50 aus Indien oder Malaysia. Diese Zahl wachse jede Woche. Allerdings benötige es mehr Zeit, den Fahrern aus Fernost das für den europäischen Markt und Straßenverkehr notwendige Wissen zu vermitteln: „Das lässt folglich die Kosten etwas steigen. Der Vorteil ist, dass all diese Fahrer Englisch sprechen. Das ist bei den osteuropäischen Fahrern nicht selbstverständlich. Unsere Kunden wissen das sehr zu schätzen, da ihre Kommunikation hauptsächlich auf Englisch basiert.“
Die Vorkenntnisse der Fahranfänger definieren die jeweilige Dauer der Ausbildung, die mit einem Abschlusstest endet. Bei Hoptrans beträgt diese zwischen einer und vier Wochen.
Die Auswahl der Fahrer aus Indien und Malaysia übernimmt ein lokaler Personaldienstleister für Hoptrans. Dort werden nach vorgegebenen Maßstäben Kandidaten gesucht und die ersten Bewerbungsgespräche geführt. Für die finale Runde des Rekrutierungsprozesses kommen die Kandidaten nach Litauen. Auf lange Sicht will Hoptrans auch eine Niederlassung in Indien eröffnen, um Prozesse zu verbessern. Denn Melkūnas geht davon aus, dass die Fahrersuche sich aufgrund der massiven Beschäftigungslücke in Deutschland nachhaltig weiter in den Osten verlagern wird.
Eine Vereinfachung der Rekrutierung von Fahrern aus Drittländern erfordere den politischen Willen. Denn aktuell muss die Fahrprüfung auf Deutsch abgelegt werden. Der Hoptrans-Chef wirft die Frage auf, ob hier Lockerungen möglich sind: „Wenn es tatsächlich einen Mangel gibt, weshalb kann der Fahrer die Prüfung aus europäischer Perspektive heraus nicht in Englisch ablegen?“
30 Prozent Wachstum pro Jahr
Über die Gruppe umfasst der Fuhrpark des Transportunternehmens etwas mehr als 1.000 Lkw sowie 1.500 Trailer. Allein in diesem Jahr seien aber bereits 700 neue Lkw bestellt worden – 200 davon sind als Ersatz und 500 als Erweiterung geplant. „Wir versuchen, unseren Fuhrpark jedes Jahr um 30 Prozent auszubauen. Im vergangenen Jahr konnten wir dieses Ziel aufgrund der Pandemie zum ersten Mal nicht erreichen, weshalb wir dieses Jahr etwas stärker wachsen wollen.“
Aber nicht nur die Flotte soll jedes Jahr um 30 Prozent wachsen, auch beim Umsatz setzt sich Hoptrans ambitionierte Ziele. Lag der Gesamtumsatz im vergangenen Jahr noch bei 160 Millionen Euro, so soll er in diesem Jahr auf mehr als 200 Millionen steigen. In diesem Tempo soll es nach Melkūnas Plänen weitergehen.
Der mit Abstand größte Anteil am Gesamtumsatz entfällt auf das Geschäft mit Komplettladungen, das circa 90 Prozent ausmache. Zwar arbeite Hoptrans auch mit großen Unternehmen wie DHL, Schenker oder Dachser im Teilladungssegment zusammen, sieht diesen Bereich allerdings eher als Ergänzung. „Am Ende sind wir ein Transportunternehmen und kein Vermittler.
Dementsprechend werden kaum Aufträge an Subunternehmer vergeben – maximal 1 bis 2 Prozent aller Transporte, und das ausschließlich auf dem nationalen Markt in Litauen.“ Dies sei eine strategische Entscheidung, um die etablierten Qualitätsstandards zu wahren und die dafür notwendigen Daten zur Optimierung der Transporte zu erhalten.
Bei Kundenbranchen gebe es keine speziellen Präferenzen. Alles, was auf den Trailer passt, wird transportiert. Die Kunden stammen aus der Automobilindustrie über Chemie und Handel bis zu Rohstoffherstellern. „Wir haben einen Mix aus Kontrakt- und Spotgeschäft, der ungefähr bei einem Verhältnis von 60 zu 40 Prozent liegt. Denn wenn alle Transporte mit eigenen Lkw ausgeführt werden, ist es kaum möglich, für jeden Transport eine vertraglich fixierte Rückladung zu erhalten. Dafür brauchen wir das Spotgeschäft und versuchen, mit Spediteuren Lösungen zu finden, was bisher gut funktioniert“, sagt der Geschäftsführer.
Probleme mit dem Mobilitätspaket
Das EU-Mobilitätspaket beinhaltet nach Melkūnas Auffassung einige gute Ansätze, um die Berufsbedingungen für Fahrer zu verbessern. Andere Vorgaben allerdings empfindet der Litauer als nicht logisch wie beispielsweise die Rückkehrpflicht für Fahrer oder den Lkw. „Im konkreten Fall von ukrainischen Fahrern führt das zu erheblichen Problemen. Viele von ihnen sind mit ihren Familien kriegsbedingt nach Polen oder Deutschland geflüchtet und leben jetzt dort. Trotzdem müssen wir solche Fahrer in die Ukraine, ihr Heimatland, oder das Land, in dem der Lkw registriert ist, Litauen, zurücksenden – obwohl ihre Familien in Deutschland oder Polen sind. Diese Regeln sind nicht nachzuvollziehen.“
Darüber hinaus seien solche Leerfahrten von Deutschland nach Litauen auch ökologisch bedenklich. Das schlage sich folglich in den Preisen nieder – Mehrkosten, die weitergegeben werden müssen. „Am Ende werden diese Kosten auf die Kunden umgelegt.“