Marktbericht Straßengüterverkehr: Fahrt ins Ungewisse
Die Coronakrise ist bei weitem nicht ausgestanden, doch nehmen die Geschäfte der Transport-Auftraggeber langsam wieder Fahrt auf. So entwickelte sich laut dem aktuellen Marktbericht des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) die Auftragslage im Straßengüterverkehr zuletzt tendenziell steigend. Allerdings blieben die Beförderungsmengen weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Nicht selten gaben die vom BAG befragten Unternehmen Auftragsrückgänge in einer Größenordnung von rund 15 bis 20 Prozent an.
Vor allem Dienstleister mit Kunden aus der Automobil-, Chemie- und Stahlindustrie sowie im Maschinen- und Anlagenbau sehen sich weiterhin trotz leichter Verbesserungen mit geringeren Beförderungsmengen konfrontiert. Auch die Transportvolumina im Gastronomiebereich und Lebensmittelgroßhandel befinden sich nach Unternehmensangaben noch deutlich unter Vorjahresniveau. Einzig im Baugewerbe besteht weiterhin eine hohe Nachfrage nach Beförderungsleistungen, insbesondere im Hoch- und Tiefbau.
Schwankungen im Tagesgeschäft
Doch nicht nur der reine Auftragsschwund macht den Fuhrunternehmen zu schaffen, auch die Auftragslage an sich ist von einer zunehmenden Volatilität geprägt: Tagen mit mehreren kurzfristigen Beförderungsanfragen stünden Tage ohne Anfragen gegenüber, heißt es in dem Bericht. Nicht zuletzt aufgrund dessen unterscheiden sich die Geschäftserwartungen der einzelnen Unternehmen deutlich. Doch letztlich befürchten viele der Befragten langfristig fehlende Nachfrageimpulse aus der verladenen Wirtschaft.
Nach wie vor ist die Intensität des Wettbewerbs im Straßengüterverkehr hoch. Nicht selten würden Vertrags- und Subunternehmen proaktiv nach Ladungsmengen fragen. Darüber hinaus verzeichnen viele Befragte weiterhin niedrigere Auslastungsgrade und höhere Leerkilometeranteile, vor allem weil häufig passende Rückladungs-Offerten fehlten.
Aktuell stellen die täglich stark variierenden Auftragsvolumina einige Transportunternehmen vor allem in Bezug auf die Personal- und Fahrzeugeinsatzplanung vor Herausforderungen. So komme es laut BAG-Bericht teilweise vor, dass kurzfristige Auftragsanfragen abgelehnt werden müssten, da die Fahrer zuvor angesichts mangelnder Aufträge in Urlaub oder in Kurzarbeit geschickt worden wären.
Zudem hätten die Fuhrunternehmen auch auf dem freien Ladungsmarkt mit dem Preisdruck zu kämpfen, wenn auch die Zahl der extrem niedrigpreisigen Offerten angesichts der sich bessernden Auftragslage geringer werde. Dennoch dürfte die gegenwärtige Lage nach Ansicht verschiedener Transportunternehmen dazu führen, dass sie Aufträge an günstigere Wettbewerber verlieren.
Ebenso berichten einige Befragte, dass mit ihnen zuletzt niedrigere Auftragsvolumina vereinbart worden seien. Zudem seien in Einzelfällen sogar Verhandlungen mit langfristigen Vertragspartnern an unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert. All das könnte dazu führen, dass verschiedene Transportunternehmen ihre Fuhrparkkapazitäten dauerhaft reduzieren müssen.
Kep-Sektor klar im Plus
Besser sieht es zumindest im Kep-Segment aus. Die Unternehmen verzeichnen im Vorjahresvergleich weiterhin höhere Sendungsvolumina im Privatkundenbereich (B2C), insbesondere getrieben durch den wachsenden E-Commerce. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden in den Kalenderwochen 27 und 28 rund 24 Prozent beziehungsweise rund 19 Prozent höhere Online-Transaktionen als in den entsprechenden Vorjahreswochen registriert. Allerdings nähert sich die Zahl der B2C-Paketsendungen seit einigen Wochen wieder den sonst üblichen Paketmengen an.
Im B2B-Bereich berichten KEP-Unternehmen weiterhin von leichten Zuwächsen, da viele Industriekunden die Produktion wieder aufgenommen hätten. Das Vorkrisenniveau sei allerdings bei vielen gewerblichen Kunden noch nicht erreicht.
Erster Lichtblick
Die Lage für die Unternehmen des Straßengüterverkehrs ist zwar nach wie vor nicht rosig, doch weist der aktuelle Transport Market Monitor von Tim Consult auf eine beginnende Normalisierung hin. So führt die wieder wachsende Industrieproduktion dazu, dass die freien Transportkapazitäten im europäischen Straßengüterverkehr sinken. Allein im Vergleich zum Juni 2020 sank das Angebot auf dem europäischen Spotmarkt um 17,3 Prozent – und lag damit sogar um 3,7 Prozent unter dem Wert vom Juli 2019. „Nachdem der Höhepunkt im April erreicht war, ist der Kapazitätsindex stetig gefallen“, kommentiert Oliver Kahrs, Geschäftsführer der Transporeon-Tochter Tim Consult. Zudem setze sich die Erholung der Preise fort, wenn auch der Anstieg mit 2,3 Prozent im Vergleich zum Juni 2020 nur leicht ist. Aktuell liegen die Preise durchschnittlich noch um 8,9 Prozent unter dem Vorjahreswert.
Treiber der Entwicklung ist die gestiegene Industrieproduktion: Im Automobilbereich verringerten sich die freien Transportkapazitäten um 24,4 Prozent, während die Preise um 3,5 Prozent gestiegen sind. Im gleichen Zeitraum gingen im Konsumgütersektor die Überkapazitäten um 9,1 Prozent zurück, während die Preise um 2,8 Prozent stiegen. „Für die Transportunternehmen lässt die Entwicklung auf eine allmähliche Normalisierung der Situation hoffen“, sagt Kahrs. Nichtsdestotrotz bewegten sich die Preise im Spotmarkt fast 10 Prozent unterhalb des letztjährigen Niveaus.