Greenwashing reicht nicht
Wenn der Begriff „Nachhaltigkeit“ fällt, löst dies meist eine von zwei Reaktionen aus: Die einen schalten gedanklich ab. Aus ihrer Sicht ist der Begriff in den vergangenen Jahren überstrapaziert worden. Die anderen werfen die innere Rechenmaschine an. Nachhaltigkeit heißt schließlich grünere Prozesse – und bedeutet das nicht, dass erst mal hohe Investitionen notwendig sind? Beide Seiten haben Recht.
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird gern und häufig verwendet - und das sogenannte Greenwashing ist zu einem beliebten Marketing-Tool geworden. Doch gibt es auch Unternehmen, die ein Budget einsetzen, um beispielsweise eine umweltfreundlichere Produktion oder ein C02-Monitoring zu implementieren. Damit zahlen sie direkt in ihre unternehmerische Zukunft ein. Denn Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sind nicht etwa Gegenpole, sondern gleichrangige Aspekte einer langfristigen Strategie.
Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet nichts anderes, als dass die ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ressourcen heute so effizient genutzt werden, dass das Innovationspotenzial von morgen nicht gefährdet ist. Das klingt theoretisch, ist aber das Gerüst, auf dem die Branche eine Vielzahl praktischer Maßnahmen aufbauen kann und auch muss.
Nun bedeutet Nachhaltigkeit mehr als der Ausgleich des C02-Abdrucks – grün handeln allein reicht nicht. Aber vor dem aktuellen Hintergrund von Immissionsschutzgesetzen, globalen Klimazielen und dem Anteil der Transport- und Logistikbranche am Ausstoß von Kohlendioxid ist dieser Aspekt doch wichtig.
Am Anfang steht das Monitoring
Wie muss ein Change-Prozess aussehen, der die ökologischen Ansprüche künftiger Generationen berücksichtigt und gleichzeitig wirtschaftlich nachhaltig ist? Ein sinnvoller erster Schritt ist die Implementierung von Monitoring-Tools. Denn egal, welche Dienstleistung man anbietet: Nur das Unternehmen, das die Emissionen seiner Produkte und Aktivitäten kennt, kann entsprechende Klimaschutzmaßnahmen entwickeln und umsetzen.
Diesen Weg sind wir in der Noerpel-Gruppe gegangen. Wir haben in unseren Energieaudits beispielsweise identifiziert, dass neben dem Fahrzeugeinsatz für den Güterverkehr der Energieverbrauch in unseren Büro- und Lagerkomplexen ebenfalls wesentlich zu unserem gesamten CO2-Ausstoß beiträgt. Das war zunächst überraschend, da wir den Gütertransport deutlich vorne gesehen hätten. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich zwei wichtige Stellschrauben: Die Energieeffizienz im Bereich der Gebäude sowie die Emission der Fahrzeuge selbst.
Intelligent Energie sparen
Gerade im Bereich der intelligenten Gebäudebewirtschaftung gibt es ausgereifte Lösungen, die sich kurzfristig umsetzen lassen. Seit mehreren Jahren statten wir beispielsweise unsere Lagerhallen mit intelligenten Beleuchtungssystemen aus und setzen im Bereich der Betriebsmittel auf Modelle, die deutlich weniger Energie verbrauchen.
Zudem läuft seit Beginn des Jahres ein Großteil unserer Standorte mit 100 Prozent Naturstrom. Eine Maßnahme, die effektiv ist und jedes Jahr 1,7 Millionen Kilogramm CO2 sowie 1,114 Kilogramm radioaktiven Abfall einspart. Zudem ist es sinnvoll, beim Bau die Kriterien der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) und das Prinzip der Circular Economy zu berücksichtigen. Hierbei dienen die eingesetzten Ressourcen nach ihrer Nutzung als Ausgangsstoffe für neue, schadstofffreie Produkte. Auch Aspekte des „Well-Being“, also des späteres Wohlfühlens der Mitarbeiter in unseren Hallen und Räumen, lassen wir frühzeitig in die Immobilienplanung mit einfließen. Denn zum nachhaltigen Wirtschaften gehören auch zufriedene Mitarbeiter.
Das Herz unserer Branche ist und bleibt mit Sicherheit der Gütertransport, der weiterhin stärker als andere Transportwege wachsen wird. Und damit nimmt der Bestand an Nutzfahrzeugen zu. Bei der Lösung dieser Herausforderung sind wir als Gemeinschaft gefragt. Zum einen muss der Konsument in seinem Einkaufsverhalten umdenken. Die Politik hingegen muss Rahmenbedingungen für ökologische und effiziente Verkehrsträger setzen, eine geeignete Infrastruktur schaffen und in die Forschung investieren.
Natürlich sind auch die Transportdienstleister in der Pflicht. Für die letzte Meile gibt es seit einigen Jahren grüne Transportlösungen. Elektrotransporter, Erdgasfahrzeuge oder Lastenräder werden immer mehr in Innenstädten oder für Kurzstrecken eingesetzt. Das ist zumindest ein Anfang, muss aber sicherlich noch ausreifen.
Für die großvolumigen Langstrecken fehlen bisher Lösungen, die wirtschaftlich nachhaltig eingesetzt werden können. Was wir aber bereits heute tun können, ist, in eine ökologische Routenplanung zu investieren. Mithilfe von IT und Telematik lässt sich die Lkw-Auslastung erhöhen, die Transporteffizienz steigern und Verkehr vermeiden. Über Echtzeitinformationen zu Verkehr und Geschwindigkeiten, sowie zu weiteren Streckenkriterien lässt sich die ökologisch optimale Route identifizieren.
Echte Transformation braucht Mut
Nachhaltigkeit startet heute, hat aber vor allem Auswirkungen auf morgen. Und weil das so ist, sind Unternehmensführungen gut beraten, auf den Nachwuchs zu hören. Durch Ausbildung und Alltag gehen junge Menschen selbstverständlicher mit dem Thema um und könnten als „EcoScouts“ neue Konzepte entwickeln. Wir haben gerade eine eigene Nachhaltigkeits-Taskforce gegründet, die direkt an die Geschäftsführung angekoppelt ist. So wollen wir nachhaltige Prozesse systematischer und bereichsübergreifend in die täglichen Arbeitsabläufe einbringen. Eine echte Transformation kann nur von innen heraus funktionieren und man muss den Mut haben, gewohnte Prozesse zu überdenken und zu ändern. (ben)
Stefan Noerpel-Schneider ist geschäftsführender Gesellschafter der Noerpel-Gruppe. Gemeinsam mit seiner Tochter Judith hat er die Taskforce „Nachhaltigkeit“ gegründet.