Pro & Kontra: Die Krux mit den Kraftstoffkosten

LNG-Lkw, die im Zug der Klimawende politisch erst gewollt und unterstützt wurden, haben sich bis vor kurzem gerechnet. Die aktuell hohen Gaspreise machen sie inzwischen zu einem ökonomischen Alptraum. Muss die Politik nun eingreifen?

Sehen das Thema LNG unterschiedlich: der stellvertretende DVZ-Chefredakteur Lutz Lauenroth (links) und DVZ-Redakteur Sven Bennühr. (Fotos: DVZ)

LNG-Lkw, die im Zug der Klimawende politisch erst gewollt und unterstützt wurden, haben sich bis vor kurzem gerechnet. Die aktuell hohen Gaspreise machen sie inzwischen zu einem ökonomischen Alptraum. Muss die Politik nun eingreifen?

Pro: Die Lücke zwischen Diesel- und Gaspreis muss geschlossen werden ‑ sonst bleiben LNG-Lkw stehen

Von Lutz Lauenroth

Der Gaspreis ist förmlich explodiert und liegt inzwischen weit über dem Dieselpreis. Möglicherweise ist das eine Ausnahmesituation, aber derzeit verbrennen Unternehmer mit jedem Kilometer, den sie mit einem LNG-Lkw fahren Geld, viel Geld.

Unternehmerrisiko? Vielleicht. Verzockt? Vielleicht auch. Aber die Politik trägt ein gewaltiges Maß an Verantwortung für die Misere. Sie will die Energiewende auf der Straße, sie hat viele Unternehmen mit Fördermitteln und Mautbefreiung in die jetzige Situation gelockt – und darf sie nun nicht allein lassen.
Auf den Gaspreis selbst hat sie keinen Einfluss – lediglich auf die Besteuerung. Von dieser Möglichkeit sollte sie schnell und befristet Gebrauch machen, bei der Energiesteuer etwa, aber vielleicht auch bei den Kfz-Steuern. Zudem sind weitere Fördermöglichkeiten auszuloten, die direkt mit dem benötigten Gas zusammenhängen. Die Lücke zwischen Diesel- und  Gaspreis muss geschlossen und umweltfreundlicheres Fahren unterstützt werden – sonst bleiben die LNG-Lkw stehen.

Damit klar ist: Die Politik kann und soll nicht das unternehmerische Risiko übernehmen. Natürlich haben sich LNG-Lkw in den ersten Jahren durchaus rentiert – und die  Bilanz über den gesamten Lebenszyklus ist zu berücksichtigen.

Wer von seinem Dienstleister umweltfreundliche Transporte verlangt, muss sich am Risiko beteiligen.

Aber während alle Kalkulationen darauf ausgerichtet waren, dass der Gaspreis langfristig niedriger ist als der Dieselpreis, so liegt er heute um bis zu 1,50 Euro pro Liter/Kilogramm darüber. Das geht über ein kalkulierbares Risiko weit hinaus.

Hier müssen auch die Verlader ins Spiel kommen, die sich immer gern ein grünes Mäntelchen umhängen. Wenn es hart auf hart kommt, ist es den meisten Auftraggebern immer noch egal, ob die Ware per Diesel- oder Gasantrieb befördert wird, nur günstig soll es sein. Wer aber von seinem Dienstleister umweltfreundliche Transporte verlangt, muss sich am Risiko beteiligen. Das Mindeste ist, dass Gleitklauseln - wie beim Diesel Usus - für alle Antriebsstoffe vereinbart werden – ob Gas, Strom oder Wasserstoff; das Schwankungsrisiko darf nicht allein beim Transportunternehmer liegen.

Eines zeigt die Entwicklung ganz deutlich: Wenn die Energiewende im Straßengüterverkehr gelingen soll, braucht es Planungs- und Investitionssicherheit für die Unternehmen. Maßnahmen müssen sich an den Investitionszyklen von acht bis zwölf Jahren orientieren und nicht in Zwei-Jahres-Häppchen verabreicht werden.

Wer soll sonst, wenn jetzt nicht unterstützt und nachgebessert wird, noch in neue Technologien investieren? Gebrannte Kinder, die wie beim LNG allein gelassen werden, werden dies sicher nicht mehr tun.

Kontra: Das Phänomen der außer Kontrolle geratenen Energiemärkte dürfte vorüber gehen

Von Sven Bennühr

Hätte man es kommen sehen müssen? Schwer zu sagen, obwohl sich die Anzeichen in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich gemehrt haben. Kein Tag, an dem die förmlich explodierenden Energiepreise nicht in den Medien diskutiert wurden. Und nun der Schock: Von einem Tag auf den anderen kostet Erdgas fast 2,90 Euro pro Kilogramm! Der Transport mit LNG-Lkw lohnt plötzlich nicht mehr – zumindest nicht zu den vereinbarten Preisen. Die Konkurrenz, die nach wie vor mit dem guten alten Diesel-Lkw unterwegs ist, hat auf einmal wieder einen gewaltigen Wettbewerbsvorteil.

Was also ist zu tun? Die Ideen der Transportunternehmer, die sich vom Umstieg auf LNG-Lkw wirtschaftliche Vorteile versprochen haben und nun die Gekniffenen sind, sind mitunter schon kurios. Manche lassen die teuren Fahrzeuge einfach stehen, andere brüllen – fast schon reflexartig – nach Subventionen, wieder andere beklagen, die gestiegenen Kraftstoffpreise nicht in Form eines Gas-Floaters berücksichtigt zu haben und lassen die bis dato auf der Langstrecke so profitablen Lkw nur noch über kurze Distanzen rollen.

Aber jetzt mal unter uns: Ja, so eine Misere wünscht man nicht einmal dem ärgsten Konkurrenten, und ja, das tut weh. Aber es gehört zum Unternehmertum dazu, dass sich die Märkte wandeln und dass das, was gestern noch vorteilhaft war, sich heute als Nachteil entpuppen kann. Wer damit nicht klarkommt, sollte sich überlegen, ob er in der Rolle des Unternehmers richtig aufgehoben ist.

Wer wieder auf einen Diesel-Fuhrpark umsteigen will, scheitert an den Lieferzeiten der Lkw-Hersteller.

Doch immerhin, es gibt Hoffnung: Ökonomen und Experten sind sich einig, dass das Phänomen der außer Kontrolle geratenen Energiemärkte vorübergehender Natur sein dürfte. Vielleicht kommt also mittelfristig alles wieder ins Lot  – doch erst einmal gilt es, die Kraftstoffkrise auszusitzen.

Eine andere Wahl haben die Unternehmer nicht: Wer jetzt wieder zurück auf einen Diesel-Fuhrpark umsteigen will, dürfte an den extrem langen Lieferzeiten der Lkw-Hersteller scheitern. Zwölf Monate oder mehr wartet man auf ein neues Fahrzeug, der Chipkrise und den Lieferkettenproblemen sei Dank.

Vielleicht lohnt sich stattdessen das Gespräch mit den Auftraggebern. Selbst beinharte Verhandler werden es sich zweimal überlegen, zu riskieren, dass ihre Waren mangels Transportmöglichkeit auf dem Hof stehen bleiben – Laderaum ist zurzeit ein knappes Gut. Und verglichen mit der Ratenrallye in der Containerschifffahrt wären Forderungen nach einem Ausgleich für höhere Kraftstoffkosten wirklich sehr bescheiden. Man sollte sich einfach mal trauen.

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