Berlin will Kontrolle von Kabotageverstößen durch Mautdaten ermöglichen
Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) soll künftig bestimmte Mautdaten nutzen dürfen, um Verstöße gegen Kabotageregeln und andere Vorschriften des „EU-Mobilitätspakets“ für den Straßengüterverkehr aufzudecken zu können.
Im Gesetz zur Umsetzung elektronischer Mautdienste in Europa soll festgelegt werden, dass Kontrolleure mittels Mautdaten nachprüfen dürfen, wann ein Lkw nach Deutschland hineingefahren ist und wann er das Land wieder verlässt, kündigte der SPD-Bundestagsabgeordnete Udo Schiefner bei einer Diskussionsveranstaltung des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) an.
Er geht, wie sein Parlamentskollege Karl Holmeier (CSU), davon aus, dass es im Bundestag dafür eine Mehrheit gibt. Laut Holmeier soll das Gesetz am 12. Mai im Kabinett behandelt und am 20. Mai dem Bundestag vorgelegt werden. Zum 1. Oktober könnte es in Kraft treten.
Ab 2025 hilft digitaler Tachograph bei Kontrollen
„Die Mautdaten wären ein wichtiges Instrument, das das BAG beim Verdacht auf Verstöße gegen Kabotagevorschriften nutzen kann“, sagte Schiefner. Er sieht die Mautdaten als große Hilfe für die Zeit bis 2025, wenn alle Lkw in der EU mit „intelligenten Tachografen“ ausgestattet sein müssten. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des BGL, zeigte sich erfreut über die Ankündigung. „Wir hoffen sehr, dass das beschlossen wird“, sagte er. „Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung.“
Die Kontrolle der neuen EU-Vorschriften für Kabotage und Lenk- und Ruhezeiten wurden neben Parkplatz- und Fahrermangel von Unternehmern bei der Veranstaltung am häufigsten angesprochen. „Wir sind sehr dankbar, dass es das Mobilitätspaket gibt“, sagte BAG-Präsident Andreas Marquardt. Die Kontrollen seien in den vergangenen Jahren aufgrund politischer Vorgaben stark reduziert worden. Jetzt, nach Verabschiedung des Mobilitätspakets, gehe es in die andere Richtung. Das BAG organisiere sich gerade entsprechend neu.
Es helfe auch bei den Kontrollen, wenn Transportunternehmen über ihre Verbände einen Verdacht auf einen Regelverstoß melden. Das BAG habe 2020 nach Betriebsprüfungen Bußgelder von 830.000 Euro verhängt. Manipulationen an Tachografen könnten bis zu 30.000 Euro kosten. „Insofern sind wir ja kein zahnloser Tiger“, sagte Marquardt.
Die Frage, ob die Strafen abschreckend genug sind oder ob Bußgelder erhöht werden sollen, müsse politisch entschieden werden.
Hotelrechnungen müssen nicht vorgezeigt werden
Die Einhaltung der EU-Lenk- und Ruhezeitenregeln, etwa der regelmäßigen, langen Wochenendruhe außerhalb der Fahrerkabine, werde regelmäßig kontrolliert, sagte Marquardt. Klassischerweise geschehe das montagmorgens, wenn die Lkw von den Rastplätzen rollen. Es sei aber nicht ganz einfach. „Aus Gründen, die wir nicht nachvollziehen können, steht die EU-Kommission auf dem Standpunkt, dass Fahrer nicht verpflichtet sind, Hotelrechnungen und Quittungen bei sich zu führen.“ Ob die Fahrer tatsächlich außerhalb ihres Lkw übernachtet haben, könne zwar auch „aus anderen Umständen geschlossen werden“, das sei aber aufwendig.
Mühsam ist auch die Kontrolle, ob Lkw-Fahrer schon Stunden hinter dem Steuer ihres privaten Pkw gesessen haben, bevor sie ihre Schicht beginnen. Das Phänomen, dass Fahrer häufig Hunderte Kilometer aus einem anderen Land anreisen und dann – oft am Sonntagabend – direkt mit dem Lkw losfahren, sei dem BAG bekannt, sagte Marquardt auf die Frage einer Unternehmerin. Die Anreise sei keine Freizeit und müsse „eigentlich manuell nachgetragen werden“. Gibt es Hinweise, dass dies nicht geschieht, „teilen wir das dem Heimatland mit“, sagte Marquardt.
Regeln für Kleinlaster stehen auf Berliner Agenda
Um Regeln des Mobilitätspakets zu umgehen, werden zunehmend „scheinselbstständige“ Fahrer und Kleinlaster ab 2,5 Tonnen eingesetzt, sagten Unternehmer. „An die Grauzone der Sprinter müssen wir dringend ran“, sagte Schiefner. Wenn die Vans zunehmend zum Stückguttransport und zur Paketauslieferung genutzt würden und die Fahrer auch darin übernachteten, „haben wir die Pflicht, das stärker zu kontrollieren und politisch zu diskutieren, wie wir solche Kontrollen ermöglichen“, sagte der SPD-Abgeordnete. Ab Mitte 2026 schreibt die EU digitale Tachographen auch für Klein-Lkw ab 2,5 Tonnen vor. „Das macht die Kontrolle leichter“. Doch die Politik müsse schon früher handeln, sagte Karl Holmeier. Die Vans seien ja derzeit auch von der Maut befreit. „Ich bin mir sicher, dass da in nächster Zeit etwas passieren wird“, so Holmeier.
Das Mobilitätspaket stellt es den EU-Staaten frei, ob sie die Kabotageregeln auch im Vor- und Nachlauf des Kombinierten Verkehrs anwenden wollen. Schiefner sagte, er sei „ganz klar dafür“, dass Deutschland das tut. Die EU-Kommission habe zwar eine neue Diskussion darüber angestoßen, er halte die Klimaschutzargumente aber für „vorgeschoben“.
Prinzipiell aufgeschlossen zeigten sich beide Abgeordneten dafür, Gebühren für das Parken von Lkw zu verlangen, wenn diese tagelang auf öffentlichen Stellplätzen stehen. Das könne ein Mittel gegen Unternehmen sein, die auf illegale Kabotageaufträge warten, meint Schiefner.