Hamburg will Hauptstadt für Logistikinnovationen werden
Der Mut der Unternehmen zur Neugestaltung entscheidet über die Wachstumschancen einer Region – heute und vor allem in der Zukunft. Es ist daher konsequent, dass sich Hamburg schon vor Jahren das Ziel gesetzt hat, Hauptstadt für Innovationen in der Logistik in Europa zu werden. Erreicht werden soll dies durch das zielgerichtete Zusammenarbeiten von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung. So arbeitet die Logistik-Initiative Hamburg (LIHH) als eines von acht Hamburger Branchenclustern aktiv daran mit, diesen Austausch zu unterstützen und zu intensivieren. Besonders gefordert dabei ist die Logistik als Querschnittsbranche. Die Voraussetzungen sind ideal: Allein in der Region forschen und lehren 15 Hochschulen in der Logistik, im Angebot sind mehr als 20 Studiengänge und zahlreiche Innovationlabs.
Unverzichtbar in Zeiten verkürzter Entwicklungszyklen und kompletter Prozessänderungen ist ein neues Denken und Handeln von allen Beteiligten der Supply Chain. Mit der Weiterentwicklung der LIHH hin zu einem Innovationscluster ist es auch unser Ziel, die entsprechenden Potenziale der Unternehmen auszuschöpfen und den Logistikstandort Metropolregion Hamburg zu stärken. Viele Herausforderungen sind in der zunehmend vernetzten Wirtschaft im „Alleingang“ schlichtweg nicht mehr lösbar. In der urbanen Logistik zum Beispiel können sie nur im aktiven Zusammenspiel aller Beteiligten gelöst werden.
Das logistische Ökosystem wird zudem bereichert durch die in den vergangenen Jahren auch in Hamburg immer agiler gewordene Start-up-Szene. Daher arbeitet die LIHH unter dem Namen „Smile“ an der gemeinschaftlichen Gestaltung einer zukunftsfähigen Citylogistik in der Hansestadt. Wie kann die urbane Logistik effizienter und nachhaltiger gestaltet werden? Verschiedene Vorhaben, in die etablierte Unternehmen, Start-ups, Hochschulen und die Verwaltung eingebunden sind, sollen Antworten liefern. Dafür ist von allen Seiten viel Anstrengung, die Bereitschaft zum offenen Austausch und zur Kooperation gefragt.
Die sprichwörtlich „dicken Bretter“ müssen gebohrt und alte Strukturen aufgehebelt werden. Beispiele dafür sind die von UPS aus Hamburg gestartete Zustellung per Lastenrad, der Test der Paketzustellung durch Roboter von Hermes und der kürzlich nach einjähriger Projektlaufzeit im Hamburger Bezirk Bergedorf installierte Multi-Label-Paket-Shop von DPD, GLS und Hermes sowie UPS.
Eine Modellregion für die intelligente letzte Meile zu sein, geht dabei Hand in Hand mit Hamburgs Intelligent-Transport-Systems-Strategie (ITS) und der Ausrichtung des ITS-Weltkongresses 2021.
Die Chancen, die sich aus einer stärkeren Vernetzung und Kooperation zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen ergeben, sind groß. Start-ups können dazu beitragen, die künftigen Herausforderungen der Unternehmen zu lösen. Sie brauchen dazu aber die Möglichkeit, ihre Entwicklungen zu testen, sowie verwertbare Daten und Referenzkunden. Das neue Angebot des Logistik-Start-ups Radar setzt genau hier an. Es ermöglicht gerade den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), an den Lösungen der Start-ups zu partizipieren. Die KMU wiederum bieten den Start-ups eine geeignete Plattform, um ihre Ideen zu validieren. Mit einem gezielten persönlichen Matching haben wir erste gute Erfahrungen gemacht und werden das Angebot weiter ausbauen.
Um dem Bedürfnis der Unternehmen nach dem verstärkten Ideenaustausch und der Findung neuer Geschäftsmodelle gerecht zu werden, haben wir in Hamburg zwei weitere Angebote geschaffen. Mit dem vor eineinhalb Jahren gestarteten Digital Hub Logistics soll der Hafen- und Logistikstandort als einer der zwölf digitalen Branchenhubs in Deutschland positioniert werden. Innovationen für die Logistik von morgen werden hier schon heute angestoßen. Elementar ist auch hier der Austausch zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups. Daraus resultiert sind viele Projekte, Veranstaltungen und erfolgreiche Unternehmensausgründungen im digitalisierten Waren- und Güterverkehr, in der Intralogistik und in intelligenten Logistiksystemen. Im August 2018 hat dieser Kreativort neue Räumlichkeiten bezogen. Das Angebotsportfolio wurde geschärft, um verstärkt an Projekten zu arbeiten. Die Tür steht dabei jederzeit allen Interessierten offen.
In diesem Jahr gestartet ist zudem Hamburgs Start-up-Beschleuniger für die Logistikbranche, der Next Logistics Accelerator (NLA). Hierfür haben namhafte Unternehmen in einen Fonds investiert, um Gründerteams aus aller Welt bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle zu unterstützen, auf den nächsten Wachstumsschritt vorzubereiten und Branchenkontakte zu vermitteln. Ein hoher Mehrwert, nicht nur für die Unternehmen und Start-ups, sondern auch für den Standort. Der erste Programmdurchlauf (Batch), für den sich mehr als 100 Start-ups beworben haben, ist fast abgeschlossen. Durchgesetzt haben sich 25Ways aus Hamburg, NXT-Base Technologies aus Potsdam und Sensortransport aus Kalifornien sowie Smartlane aus München. Die Kandidaten für das zweite Batch werden derzeit gesichtet.
Neben dem Digital Hub Logistics und dem NLA sind auch weitere Unterstützungsangebote für Unternehmen in der Region, wie die aktive Betreuung bei der nicht immer einfachen Akquise und Durchführung von Förderprojekten, gefragt. Jüngstes Beispiel ist das Verbundprojekt „Hansebloc – Hanseatische Blockchain-Innovationen für Logistik und Supply Chain Management“, das die LIHH als Koordinatorin betreut. Beteiligt sind neben vier mittelständischen Logistikdienstleistern vier IT-Dienstleister und Blockchain-Experten sowie zwei Hochschulen.
Bei allen gestarteten Maßnahmen in Hamburg dürfen allerdings nicht die Menschen vergessen werden, die mit veränderten Arbeitsweisen und -strukturen der technologischen Evolution konfrontiert werden. Vor diesem Hintergrund bietet die LIHH zusammen mit Partnern mit „Sodigial“ einen Experimentierraum Arbeit 4.0, der sich insbesondere an KMU der maritimen Wirtschaft und Logistik richtet.
Es gilt, diese Angebote weiter auszubauen und für die Unternehmen die guten Voraussetzungen aktiv zu nutzen. Offenheit, Neugier und Kooperationsbereitschaft werden für alle Akteure immer wichtiger und zeichnen zukunfts- und wettbewerbsfähige Standorte aus.
Die Autorin
Carmen Schmidt ist seit 2011 in der Geschäftsführung der Logistik-Initiative Hamburg und seit Juli 2018 alleinige Geschäftsführerin.