Außenhandel sorgt für Lichtblicke

Die robuste Industrieproduktion und die Exportgeschäfte stützen die deutsche Wirtschaft in Coronazeiten. Die Lage könnte sich aber noch einmal zuspitzen. Der Konjunktur-Trendcheck.

Winkekatzen gelten vor allem in Japan, China, Taiwan und Thailand als Glücksbringer: Die weiter anziehende Nachfrage in Asien, vor allem in China, lässt derzeit das Geschäft der deutschen Exporteure wachsen. (Foto: Istock)

Das Konjunkturbild in Deutschland ist gespalten: auf der einen Seite die robuste Entwicklung in der Industrie, teilweise durch Exporte getrieben, und auf der anderen Seite die Schwächen in den besonders von der Coronakrise betroffenen Sektoren wie dem Einzelhandel. Nach Schätzungen des Ifo Instituts liegen derzeit aber nur 3 Prozent der Wertschöpfung brach. Die überraschend starke wirtschaftliche Erholung aus dem vergangenen Jahr ist laut Ifo-Präsident Clemens Fuest durch die zweite Infektionswelle und die Lockdown-Maßnahmen „so ziemlich zum Stillstand gekommen“. Er beobachte aber keinen Absturz wie im Frühjahr 2020, sondern eine Seitwärtsbewegung.

Das DIW Berlin sei da deutlich pessimistischer, sagte Marcel Fratzscher beim Wirtschaftsgipfel der Leibniz-Gemeinschaft vergangenen Donnerstag. Die aktuellen Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz könnten dem DIW-Präsidenten zufolge sogar negativ für die Wirtschaft sein, „nämlich dann, wenn eine frühzeitige Lockerung bedeutet, dass es zu einem Jo-Jo-Effekt mit erneuten Restriktionen und Schließungen kommt“. Diese Planungsunsicherheit sei extrem schlecht für die Unternehmen.

Während der Außenhandel in der ersten Phase der Pandemie noch eine Bremse gewesen sei, erweise er sich mittlerweile als Stütze, fügte Gabriel Felbermayr, der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), hinzu. „Wir sehen sehr robuste Entwicklungen in Asien, vor allem in China.“ Das Wachstum im Reich der Mitte sorge für einen Nachfragesog, auch was deutsche Güter betreffe, sagte Felbermayr.

„China ist raus aus der Krise“

Mit 2,3 Prozent Wachstum war China die einzige große Volkswirtschaft, die im Coronajahr gewachsen ist. Nach den Zielen, die Regierungschef Li Keqiang am Freitag auf der Tagung des Volkskongresses in Peking vorgelegt hatte, soll Chinas Wirtschaft in diesem Jahr um „mehr als 6 Prozent“ wachsen. „Die chinesische Wirtschaft ist definitiv raus aus der Krise“, ist Prof. Markus Taube überzeugt, Inhaber des Lehrstuhls für Ostasienwirtschaft mit dem Schwerpunkt China an der Mercator School of Management in Duisburg. Wachstumsprognosen von bis zu 10 Prozent für 2021 hält der Experte für zu hoch. Aber mehr als 6 Prozent seien bestimmt drin. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet in China sogar mit einem Plus von 8,1 Prozent. 

Deutsche Exporteure konnten nach chinesischen Berechnungen in US-Dollar in den beiden ersten Monaten des Jahres um 31,1 Prozent mehr Güter nach China liefern. Die chinesischen Ausfuhren nach Deutschland stiegen demnach aber auch um 71,2 Prozent. Ähnlich legten die chinesischen Exporte nach Europa um 62,6 Prozent zu, während die Importe um 32,5 Prozent stiegen.

Exporte erholen sich im Januar

Die deutschen Ausfuhren wuchsen im Januar um 1,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat Dezember, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Rückgang um 1,8 Prozent gerechnet. Seit dem Einbruch im Frühjahr 2020 sind die deutschen Exporte damit im Vormonatsvergleich kontinuierlich gewachsen. Das Niveau vor Ausbruch der Pandemie in Deutschland bleibt jedoch in weiter Ferne, wie die Statistiker weiter berichteten. So lagen die Exporte zum Jahresbeginn 8 Prozent und die Importe 9,8 Prozent unter dem Niveau von Januar 2020.

Während die Exporte in EU-Staaten zu Jahresbeginn deutlich sanken, legten sie nach China deutlich zu. Hier gab es im Januar ein Plus von 3,1 Prozent zum Vorjahresmonat. Die Exporte in die USA sanken dagegen um 6,2 Prozent. Es sei vor allem dem Handel mit China zu verdanken, dass sich die Ausfuhren im Januar erfreulich entwickelten, sagt Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. Die Ausfuhren dürften in den kommenden Monaten eine zentrale Stütze der deutschen Wirtschaft bleiben.

„Die Richtung stimmt“, kommentierte der Außenhandelsverband BGA. „Zwar geht es erst langsam aufwärts, weil viele Länder noch mit den Folgen der Pandemie kämpfen, aber einige sind bereits weiter.“ Die schnelle wirtschaftliche Erholung Chinas erkläre, warum das Land im Januar bei den Exporten und den Importen Deutschlands wichtigster Handelspartner gewesen sei, sagte BGA-Präsident Anton Börner.

Einen Einbruch gab es unterdessen im Handel mit Großbritannien nach dem EU-Austritt zu Jahresbeginn: Die Exporte ins Vereinigte Königreich brachen um 29 Prozent ein, während die deutschen Importe von der Insel um gut 56 Prozent fielen.

Die Coronakrise hatte im vergangenen Jahr tiefe Löcher in die deutsche Exportbilanz gerissen. Die Warenausfuhren brachen gegenüber 2019 um 9,3 Prozent ein – der stärkste Rückgang seit der globalen Finanzkrise 2009. Für dieses Jahr rechnete der Außenhandelsverband BGA zuletzt mit einem deutlichen Plus. Das Vorkrisenniveau werde spätestens im Sommer 2022 wieder erreicht. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) erwartet 2021 einen Anstieg der Exporte um 6 Prozent.

Eine weitere gute Nachricht sei eine sich deutlich aufhellende Lage in den USA, ergänzte IfW-Präsident Felbermayr beim Leibniz-Wirtschaftsgipfel. „Wenn die Konjunkturrakete von Präsident Joe Biden zündet, könnte es tendenziell sogar zu einer Überhitzung kommen.“ Der US-Senat hat dem 1,9 Billionen US-Dollar schweren Konjunkturpaket bereits zugestimmt. „Die globalen Indikatoren stehen also auf vorsichtiger Expansion“, sagte Felbermayr. Doch auch im Ausland sieht er eine gespaltene Situation: „Einige Regionen wachsen robust, andere liegen darnieder, oft vor allem die ärmeren.“ So sehe die Lage in Afrika „gar nicht gut aus“. (mit dpa-Material)

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