Tempomacherin für die Mobilitätswende

Der Wormser Logistikdienstleister TST will sich als Partner für die E-Mobilität positionieren. Als Head of E-Mobility & Energy Solutions soll Katrin Herda das Großprojekt vorantreiben.

„Batteriespeicher sollen dort entstehen, wo es sinnvoll ist.“ Katrin Herda, Head of E-Mobility & Energy Solutions bei TST. (Foto: TST)

Dass Katrin Herda in ihrer Freizeit viel Sport macht und dabei Kraft und Ausdauer im Blick hat, kommt ihr auch beruflich zugute. Denn als Head of E-Mobility & Energy Solutions bei der TST-Gruppe braucht die 41-Jährige buchstäblich einen langen Atem. Sie ist bei dem Kontraktlogistiker mit Sitz in Worms für den Auf- und Ausbau der Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur zuständig. Dahinter verbirgt sich einiges, denn der Mittelständler will viele seiner gut 75 Standorte in Deutschland zu „Energiekraftwerken für grünen Strom und E-Mobilität“ ausbauen und sogar „ein deutschlandweites Ladenetz schaffen“, wie Herda sagt. „Da hat man natürlich verschiedene Hürden zu nehmen.“

Katrin Herda

Die 41-Jährige begann ihre Karriere 2011 als Trainee bei Terex Cranes Germany, wo sie über mehrere Stationen zur Projektmanagerin aufstieg. 2017 wechselte Herda zu Cargobull Telematics, wo sie zuletzt als Geschäftsführerin für den Bereich Telematics & Full Service zuständig war. Seit Februar 2024 stellt Herda bei TST als Head of E-Mobility & Energy Solutions die Weichen für die nachhaltige Transformation des Unternehmens.

Begeisterung für Technik

Die studierte Betriebswirtin ist vor gut einem Jahr von der Schmitz-Cargobull-Tochter Cargobull Telematics zu TST gewechselt, wo sie eine neu geschaffene Stelle übernahm. Die hat viel mit Technik zu tun – einem Gebiet, das Katrin Herda schon immer interessierte. Den Plänen zufolge sollen auf den Dächern von 41 TST-Standorten Photovoltaikanlagen (PV) installiert werden, die Ökostrom für den Betrieb der Logistikzentren liefern. Außerdem soll an ausgewählten Standorten eine Ladeinfrastruktur für batteriebetriebene Lkw entstehen – mit Superchargern und Batteriegroßspeichern. Dort sollen eigene Lkw laden können, aber auch andere.

Mit der „halböffentlichen“ Ladeinfrastruktur will TST laut Herda zum einen kleineren Spediteuren helfen, „die sonst gar nicht die Möglichkeit hätten, auf E-Mobilität umzusteigen“. Zum anderen wolle man Kunden beim Erreichen ihrer Klimaziele unterstützen. TST übernimmt täglich Hunderte Transporte für Kunden unterschiedlicher Branchen. „Wenn wir die Transporte nicht nachhaltig umstellen, dann entsteht immer noch sehr viel CO2“, sagt sie. An einer im Oktober in Worms in Betrieb genommenen Anlage laden bereits E-Lkw, die für BASF und Danone fahren. Insgesamt will das Unternehmen 80 bis 90 Prozent seiner Transporte auf E-Mobilität umstellen.

Bürokratie als Bremsklotz

Verabschiedet hat TST sich allerdings von dem Ziel, die 41 PV-Anlagen bis Ende dieses Jahres zu realisieren. 2024 wurden 10 Anlagen installiert, 6 weniger als geplant. Insgesamt gibt man sich nun eineinhalb Jahre mehr Zeit. Das Konzept sei noch etwas nachjustiert worden, sagt Herda. Mit einem Energieversorger wurde ein Joint Venture gegründet, welches die Ladestationen betreibt und Lieferant des grünen Stroms vom Dach sein soll.

Zudem gibt es bestimmte Hemmnisse: „Wir wollen Tempomacher der Mobilitätswende in der Verkehrswirtschaft sein, werden aber von Bürokratie und Lieferengpässen immer wieder gebremst“, klagt sie. So ließen Trafos mitunter über ein Jahr auf sich warten, und Genehmigungsprozesse nähmen „unfassbar viel Zeit in Anspruch“. Dennoch wurden bislang 100.000 Quadratmeter PV-Module installiert. Die geplante Gesamtmenge beträgt rund 1 Million Quadratmeter. Bei der soll es voraussichtlich auch bleiben, wie Herda sagt, ebenso bei den geplanten Investitionen von 150 Millionen Euro.

Die Wormser Ladestation, die über acht DC-Charger verfügt, ist die erste eigene, und in der Pilotphase. Geladen wird noch nicht so oft wie geplant, denn von den 10 für 2024 georderten TST-E-Lkw sind erst 3 da, wie Herda berichtet. Bis Ende 2025 sollen es 30 sein, zudem gibt es etwa 130 Diesel-Lkw. Die E-Lkw kommen Herda zufolge gut an. Die Fahrer seien „alle super happy und möchten auch nicht mehr tauschen“, was man auch von anderen Speditionen höre.

Sie selbst hat keinen Lkw-Führerschein, war aber schon bei einer Tour dabei, um „mitzukriegen, wie es denn ist, eine Ladesäule zu finden, Pause zu machen, umzuladen“. Mit einer Ladung Mineralwasser ging es von Worms über Heddesheim nach Bad Honnef, wo während der Ruhezeit für 30 Minuten geladen wurde – genug, um gut zurückzukommen. „Es war eine super Erfahrung.“

Drei weitere Projekte am Start

Ladestationen wird es nicht an allen 41 PV-Standorten geben. Das Netz soll strategisch so ausgebaut werden, „dass wir die Strecken verlängern können“, erklärt die Verantwortliche für E-Mobilität – und verweist darauf, dass E-Lkw bereits bis zu 500 Kilometer weit kommen können. Wie ein „sinnvolles Ladenetz“ aussehen soll, will TST mit Kunden und Speditionen beraten, drei neue Projekte im Bundesland und in NRW sind in Arbeit, „weitere werden folgen“, kündigt sie an.

Teure und große Batteriespeicher sollen dort entstehen, „wo es wirtschaftlich sinnvoll ist“. Als Nettopreis für die Kilowattstunde nennt sie 35 Cent, denn man wolle Konditionen anbieten, die sich „für einen E-Lkw rechnen“ – und für den Anbieter. Der Kunde schließt einen Vertrag, der für alle Ladepunkte gilt. Eine Besonderheit: In Worms produzierter Strom soll zum Beispiel in Dortmund genutzt werden können – bilanziell möglich durch eine Umbuchung. Herda spricht diesbezüglich von einer „Pionierleistung“.

Und wie ist die Nachfrage? „Das Interesse an einer Zusammenarbeit ist riesig“, sagt Herda, die viel mit Kunden und Speditionen über das Projekt spricht. Sie stammt aus dem niedersächsischen Hannoversch- Münden und hat an der IBS International Business School Lippstadt General Management studiert, was ihr die Möglichkeit gab, parallel an einer britischen Hochschule einen Abschluss zu erwerben. Ihren ersten Job hatte sie beim Baumaschinenhersteller Terex. Mobil mag sie es auch in ihrer Freizeit. „Ich reise unfassbar gerne“, sagt die fröhliche Frau. Sie freut sich aber auch über die Freizeitmöglichkeiten im Raum Worms und das oft gute Wetter. (ben)

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