Truck Insider: HVO – Öko-Kraftstoff für Diesel-LKW
Diesel-LKW gelten als CO2-Schleudern und Umweltferkel. Doch ist das wirklich so? Und bieten nur der batterieelektrische Antrieb, die Brennstoffzelle oder E-Fuels die Möglichkeit, die Waren CO2-neutral von A nach B zu bringen? Es gibt noch eine andere Lösung mit der Bezeichnung Hydrated Vegetable Oil oder kurz HVO. Um herauszufinden, was sich dahinter verbirgt, hat sich Truck-Insider-Reporter Hans-Jürgen Wildhage auf den Weg nach Eindhoven zu DAF Trucks gemacht.
Also bis zu 90 Prozent weniger CO2-Ausstoß bei der Verwendung von HVO, das ist schon ein Wort. Die Skandinavier nutzen diesen Vorteil bereits. Dort sollen bis zu 25 Prozent der Fernverkehrsfahrzeuge bereits mit diesem Umwelt-Diesel der neuesten Generation unterwegs sein. Und jetzt sind auch die Niederländer, DAF, dabei. Ich lasse mir das mal von einem Experten aus diesem Hause genauer erklären.
Und so traf sich Wildhage mit Raoul Wijnands, Manager Testing bei DAF Trucks, im Experience Center des niederländischen Herstellers. Hier stehen neben mehreren LKW und Motorwagen, die alle mit dem grünen HVO-Button gekennzeichnet sind, auch zwei komplette Antriebsstränge als Ausstellungsstücke. Am Beispiel des aktuellen MX-13-Motors erklärte Wijnands zuerst einmal ein paar grundsätzliche Details. Zudem zeigte er die Motorelemente auf, bei denen die Ingenieure noch mal genauer hingeschaut haben, als sie den alternativen Treibstoff ausprobiert haben. Und Wijnands selbst ist wirklich angetan von HVO.
Raoul, ist HVO dasselbe wie der klassische Biodiesel, der ersten Generation?
Nein, es gibt gar keine Übereinstimmung zwischen dem klassischen Biodiesel und HVO. Das Wichtigste beim HVO ist: Es wird aus (pflanzlichen) Abfällen hergestellt. Alle Abfälle die anliegen, von Biomasse, Holzschnipsel, alles, was es da so gibt, kann man für HVO verwenden. Es gibt keine Konkurrenz (Tank vs. Teller) weil die Biomasse, die für das klassische Biodieselöl verwendet wird, wird sehr oft aus Pflanzen wie Mais und so weiter hergestellt. Also: Es gibt bei HVO keine Konkurrenz zwischen Tank und Teller. Das ist das Wichtigste!
Und wo ist der Pferdefuß? Schadet HVO dem Motor?
Nein, das ist das Schöne bei HVO: Es gibt hier gar keinen Pferdefuß. HVO ist sauberer als Biodiesel der ersten Generation, bei der die Einspritzanlagen und die Filter verschmutzten. Das hat man hier gar nicht. Es ist sogar sauberer als der herkömmliche Diesel. Standzeiten von (Motor-)Öl und Filter bleiben alle gleich. Und das Sahnehäubchen: Der Verbrauch ist auch nicht schlechter als wie man das von den herkömmlichen Dieselsorten kennt.
Raoul ihr sprecht von bis zu 90 Prozent CO2-Reduktion. Dann müsste man doch eigentlich komplett von Diesel auf HVO umsteigen. Kann man das machen?
Das wäre schön, wenn die Welt ganz umsteigen könnte auf HVO. 90 Prozent CO2-Reduktion. Aber leider ist das nicht so machbar. Es gibt heutzutage eine HVO-Deckung von 3 Prozent im EU-Bereich. Das heißt, 3 Prozent aller Fahrzeuge im Gewerbe fahren mit HVO. Das ist nur eine sehr kleine Zahl. Die kann allerdings sehr stark gesteigert werden und muss auch gesteigert werden. So lange es Grünabfälle gibt, müssen wir die nutzen, um die Energie herauszuholen – und das kann sehr viel mehr als diese 3 Prozent sein.
Vorausgesetzt natürlich, die entsprechenden Produktionskapazitäten sind vorhanden. Immerhin – so hat Wildhage herausgefunden – gibt es in Europa bereits Ländern, in denen sich HVO etabliert hat. Diese haben dem Öko-Treibstoff durch eine kluge Strategie den Boden bereitet.
Also für die Umwelt scheint HVO ja nur Vorteile zu haben. Wie sieht es bei den Kosten aus? Ich habe festgestellt, hier in den Niederlanden kostet ein Liter HVO 15 Cent – ich habe auch eine Quelle mit 30 Cent – mehr als konventioneller Dieseltreibstoff. Das ist eine Menge Holz. Die Skandinavier sind da einen Schritt weiter: Die Besteuern den Dieseltreibstoff nach seinem CO2-Gehalt. HVO ist dort absolut im Vorteil – das mag auch ein Grund sein, warum dort bereits ein Viertel aller Fernverkehrsfahrzeuge mit HVO fahren.
Und wie sieht es in Deutschland aus? Wer hier HVO einsetzen will, muss den Treibstoff entweder in der eigenen Betriebstankstelle vorhalten, oder zum Tanken über die Grenze nach Holland pendeln. Dort wird HVO „Blauer Diesel“ genannt und an einigen Zapfstellen angeboten. Allerdings solange der Preis doch noch so hoch ist, werden wohl nur echte Überzeugungstäter auf den Öko-Kraftstoff umsteigen. Doch möglicherweise ändert sich das, wenn auch hierzulande der CO2-Gehalt des Kraftstoffs besteuert wird.