Was kommt nach Cargobikes und Lieferwagen?

Die Citylogistik braucht eine neue Fahrzeugkategorie. Mit Cargobikes und Lieferwagen allein wird eine effiziente urbane Versorgung künftig nicht mehr gelingen. Davon ist Kai Kreisköther, Geschäftsführer und Mitbegründer des Aachener Start-ups Droiddrive, überzeugt.

Mit dem Ducktrain wurde ein elektrisches, automatisiertes Fahrzeugsystem entwickelt, das eine Alternative zu konventionellen Lieferfahrzeugen darstellt. (Foto: DroidDrive GmbH/Jonathan Werle)

Die Citylogistik braucht eine neue Fahrzeugkategorie. Mit Cargobikes und Lieferwagen allein wird eine effiziente urbane Versorgung künftig nicht mehr gelingen. Davon ist Kai Kreisköther, Geschäftsführer und Mitbegründer des Aachener Start-ups Droiddrive, überzeugt.

In die neue Fahrzeugkategorie gehören nach seiner Auffassung kleine autonom fahrende Logistikfahrzeuge, CO₂-neutral, wie der von dem Start-up entwickelte Ducktrain. Dieser soll sich aus bis zu fünf automatisierten Elektro-Leichtfahrzeugen (Ducks) zusammensetzen, die selbstständig einer Person oder einem Fahrrad folgen.

Ein Prototyp des selbstfahrenden Elektro-Leichtfahrzeugs konnte bereits seit Frühjahr auf seinen täglichen Routen für das Medienhaus Aachen und die Citylogistik Aachen in der Innenstadt beobachtet werden. „Vom Spätsommer an wird ein zweiter technisch und ergonomisch verbesserter Prototyp im öffentlichen Straßenverkehr in Hamburg erprobt“, sagt Kreisköther, der an der Entwicklung von Streetscooter und E-Go beteiligt war.

Bezogen auf die Ladekapazität könne der Ducktrain mit einem Kastenwagen mithalten. Die Nutzlast pro Fahrzeug beträgt 300 Kilogramm, das Ladevolumen 2 Kubikmeter. Bei einem Zug, bestehend aus fünf Einheiten, lassen sich bis zu 1,5 Tonnen oder 10 Kubikmeter transportieren. Geeignet für Fahrrad- und Fußgängerwege, blockieren die nur ein Meter breiten Fahrzeuge jedoch nicht die Straßen bei der Be- und Entladung.

6.000 Ducks für Berlin

Der Einsatz des Fahrzeugkonzepts lohnt sich laut Kreisköther ab einer Stadtgröße von 30.000 bis 50.000 Einwohnern. Nach oben sieht er keine Grenzen. Für Berlin bräuchte es beispielsweise 6.000 Ducks, um 4.500 Lieferfahrzeuge zu ersetzen. Für eine Fahrt über die Stadtautobahn von umliegenden GVZ in die City sind die Follow-me-Einheiten mit einer maximalen Geschwindigkeit von 25 km/h jedoch nicht geeignet.

Seine Stärke könne das Kolonnenfahrzeug ausspielen, wenn es von bestehenden Umschlagpunkten im Umkreis von bis zu 15 Kilometern die Innenstadt anfährt, erklärt der promovierte Maschinenbauer. Die selbstfahrenden Ducks folgen auf dieser Strecke einem Fahrrad, aktuell physisch verbunden über eine Deichsel. Im nächsten Schritt sollen die mit Sensoren ausgestatteten Einheiten schließlich noch virtuell verkoppelt werden.

In den Stadtbezirken warten nach den Vorstellungen des Start-ups die Zusteller. Dort werden die Wagen vereinzelt und zu Fuß weiterbegleitet. Auch der Einsatz als mobile Packstation ist eine Option. Nachfrage und Reservierungen für das Fahrzeugsystem registriert Kreisköther vorrangig aus zwei Segmenten – dem E-Commerce und der Lebensmittelbelieferung. Ein drittes Standbein erwarten die Gründer im urbanen Speditions- und Stückgutgeschäft, wenn auch in kleinerem Umfang.

Perspektivisch erwartet Kreisköther, dass auf der urbanen mittleren Meile von der Stadtgrenze bis in den Zustellbezirk autonomes Fahren Realität wird. Auch die Stationierung von mobilen Paketstationen kann er sich unbegleitet vorstellen. Personalintensiv wird auch künftig die Zustellung an den Endkunden bleiben. Ducktrain ist auf dieses Szenario eingestellt. In einem weiteren Entwicklungsschritt (ab etwa 2024) sollen die Ducks Teile der Fahrtstrecke vollautomatisiert fahren können. Die Fahrzeuge werden so vorbereitet, dass diese Funktion per Software-Update nachgerüstet werden kann.

Im Vergleich zu den Cargobikes kommt das Konzept von Ducktrain ohne Mikrodepots aus. Diese sieht Kreisköther zunehmend kritisch: „Für eine Citylogistik mit Cargobikes bräuchte man für eine Stadt wie Hamburg Mikrodepots im dreistelligen Bereich. Das ist in der Bevölkerung nicht durchsetzbar.“ Der Trend zeige außerdem, dass einige Städte wie Paris oder Stockholm beginnen, Mikrodepots einzuschränken oder zu verbieten.

Bis zu fünf automatisierte Elektro-Leichtfahrzeuge gehören zu einem Ducktrain. (Visualisierung: Droiddrive)

Serienproduktion ab 2023 geplant

Auch aus wirtschaftlicher Sicht stecke in der letzten Meile noch erhebliches Potenzial. „In der Paketlogistik entstehen 50 Prozent der Gesamtkosten in der Innenstadt“, ordnet Kreisköther ein. Er ist davon überzeugt, dass sich mit dem Konzept von Ducktrain etwa 15 bis 25 Prozent der Personalkosten auf der letzten Meile einsparen lassen. Da kein Führerschein für das Fahrzeugsystem erforderlich ist, sei man zudem bei der Personalsuche im Niedriglohnsegment flexibler. Die Betriebskosten für Konzepte mit Citybikes, Lieferwagen oder Ducktrains unterscheiden sich den Berechnungen des Start-ups hingegen nicht wesentlich.

Hinter dem aufgestellten Zeitplan liegt das Start-up aktuell etwa ein halbes Jahr zurück. „Coronabedingt waren die Tests mit den Pilotkunden zunächst stark eingeschränkt. Hinzu kamen die Lieferkettenstörungen. Wir mussten große Teile des Fahrzeugs neu entwickeln, da geplante Komponenten nicht verfügbar waren.“ Nach der neuen Kalkulation sollen im Frühjahr 2023 etwa fünf bis zehn Fahrzeuge produziert werden. Im zweiten Halbjahr 2023 hofft Kreisköther, in die Serienproduktion einzusteigen und die ersten 20 bis 50 Fahrzeuge auszuliefern.

In die Logistik selbst will das Start-up aber nicht einsteigen. Das Geschäftsmodell von Droiddrive umfasst momentan die Entwicklung von Fahrzeugen mit Partnern sowie die Vermietung und Wartung der aufgebauten Flotte. Die langfristige Prognose sieht eine 5-stellige Jahresproduktion vor. (fw)

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