Lagerkarton: Firmenname und Geschäftsmodell in einem

Das Ahausener Start-up will mit einem stapelbaren und nachhaltig hergestellten Sichtlagerkarton den E-Commerce und die Intralogistik revolutionieren. Was im Jahr 2023 nach einem unrealistischen Ziel klingt, lockt bereits Kunden wie Amazon, About You und Fiege Logistik an – und einen namenhaften Investor.

Die Sichtlagerkartons des jungen Start-ups sollen Plastikboxen und Eisenregale im Lager ersetzen. (Foto: Lagerkarton)

Um ein Start-up erfolgreich zu gründen, braucht es vor allem eines: eine innovative Idee, die der Markt so noch nicht gesehen hat. Dass es sich dabei nicht immer um komplexe Technologien handeln muss, weiß Sebastian Welp, Gründer des Ahausener Start-ups Lagerkarton, aus eigener Erfahrung. Das Geschäftsmodell ist so simpel wie effektiv – und im Namen des Jungunternehmens bereits enthalten: Es geht um Kartons.

Vom Familienbetrieb in die Selbstständigkeit

Die Grundidee für die spätere Unternehmensgründung entwickelte Welp bereits im Jahr 2014 im Familienunternehmen seines Vaters; eine Textildruckerei, die Arbeitskleidung für verschiedene Großunternehmen bedruckt. Dort hat der mittlerweile 30-Jährige auch seine Ausbildung zum Mediengestalter absolviert. „Wir haben uns damals nach einer nachhaltigen Lagerlösung umgeschaut, aber auf dem Markt kein Produkt gefunden, das für unsere Zwecke so richtig gepasst hat“, erinnert sich Welp. „Also besorgten wir uns ein großes Stück Pappe und fingen einfach an, einen Lagerkarton selbst zu bauen.“

Gesagt, getan: Rund zwei Monate später war der erste Prototyp fertig. Aus stabiler Wellpappe mit weißer Hülle gefertigt, nachhaltig, mit wenigen Handgriffen zusammengebaut und ab zwei Euro pro Stück kostengünstig zu erwerben, so das Konzept hinter den stapelbaren Sichtlagerkartons. Bei sorgfältigem Umgang sollen diese mindestens 8 Jahre halten, versichert Welp. Die maximale Tragkraft von bis zu 15 Kilogramm pro Box werde bei der Lagerung von Textilien und anderen Kleinteilen ohnehin nicht ausgereizt. Mittlerweile ist das Modell in vier verschiedenen Größen von „Klein“ bis „Maxi“ erhältlich. Die ersten Kartons, die Welp für das Unternehmen seines Vaters herstellte, sollen noch heute im Einsatz sein.

Mittlerweile hat sich das Jungunternehmen sowohl die Designs als auch das Gebrauchsmuster des Kartons patentieren lassen. Bestellt werden die Boxen Lkw-weise bei zwei regionalen Herstellern – pro Lkw-Ladung können nach Angaben des Start.ups etwa 8.000 Kartons transportiert werden.  „Wir wollen auch bei der Herstellung darauf achten, dass möglichst wenig CO₂ ausgestoßen wird“, sagt Welp. „Nachhaltigkeit ist unser Kernfokus.“

Die Lagerkartons sind in vier Größen erhältlich. (Foto: Lagerkarton)

Amazon und Co. zählen zu den Kunden

Zur eigentlichen Unternehmensgründung von Lagerkarton kam es allerdings erst im März 2022 und damit rund acht Jahre nach der Fertigstellung des Prototyps. Denn lange Zeit war die selbst hergestellte Alternative zu Kunststoffkisten und Eisenregalen nur für den eigenen Familienbetrieb vorgesehen. „Es hat tatsächlich einige Zeit gedauert, bis wir uns mit der Idee anfreunden konnten, uns mit dem Produkt selbstständig zu machen. Wir kommen aus dem Textilsegment und hatten mit Kartons bis dahin nichts am Hut“, so Welp. Mittlerweile sieht das anders aus.

Branchengrößen wie Amazon, About You, Zalando, Engelbert Strauss oder auch Fiege Logistik und der Fußballverein FC Bayern München zählen bereits zu den Kunden des Start-ups. Großkunden bestellen laut Welp 5.000 bis 10.000 Kartons pro Woche. Konzipiert sind die Boxen so, dass sie gestapelt auf Europaletten passen und Platz für Barcodes an der Vorderseite, unterhalb der Öffnung, bieten. Auch für Messen werden die Boxen mittlerweile verstärkt genutzt, berichtet Welp. Von der Unternehmensgründung überzeugen konnte ihn erst ein Lagerist aus dem Verwandtenkreis, als dieser im Lager des Familienunternehmens zu Besuch und „total aus dem Häuschen“ war.

Den Vorteil gegenüber Kunststoffkisten sieht der Gründer vor allem in der Nachhaltigkeit durch die recyclebare Wellpappe und den geringen Anschaffungs- und Versandkosten. „Gerade das Thema Nachhaltigkeit ist für viele Kunden sehr wichtig“, beobachtet Welp. Geliefert werden die Kartons mittlerweile in über 10 europäische Länder. Unterstützt wird der Gründer unter anderem von seinem Cousin Niklas Meier.

Gründer Sebastian Welp (links) und sein Cousin Niklas Meier. (Foto: Lagerkarton)

Thielemann Group mit sechsstelligem Investment

Obwohl es anfangs noch nicht zur Debatte stand, hat Welp kürzlich auch einen externen Investor mit an Bord geholt. Die Thielemann Group rund um den Logistikunternehmer Navid Thielemann beteiligt sich mit einer sechsstelligen Summe an dem Jungunternehmen. Doch damit nicht genug: Anfang nächsten Jahres will der Jungunternehmer einen zweiten Standort in den USA eröffnen. Auch die Schweiz, Österreich und die Niederlande hat Welp im Blick, ebenso eine Zusammenarbeit mit der Firma Bauhaus.

Versandkartons will das Jungunternehmen aber auch in ferner Zukunft nicht mit ins Portfolio aufnehmen, ist Welp überzeugt: „Wir konzentrieren uns auf den Lagerkarton und wollen da ein gutes Produkt abliefern.“ Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Welp mit einem Gesamtumsatz zwischen fünf und sechs Millionen Euro, ab 2024 sollen der Wert bereits im zweistelligen Millionenbereich liegen.

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