Plattform für die erste und letzte Meile

Das dänische Start-up Wuxus bietet den Akteuren der Logistikkette eine Plattform, um sich miteinander zu vernetzen. Dadurch sollen Transporte insbesondere auf der ersten und letzten Meile effizienter werden.

Foto: Wuxus

Im Vergleich zu Deutschland ist der für Dänemark prognostizierte E-Commerce-Umsatz für 2018 mit 5,18 Mrd. EUR zwar eher bescheiden. Hierzulande wird für das laufende Jahr immerhin ein Umsatz von 53,6 Mrd. EUR, also rund zehnmal so viel, erwartet. Die Kernthemen der Digitalisierung der Logistik in Dänemark ähneln aber denen in der Bundesrepublik. Darauf weisen zumindest die vom 2014 gegründeten Start-up Wuxus aus Ballerup unweit von Kopenhagen analysierten Marktprobleme hin: „Analoge Prozesse und fehlende Transparenz führen zu einem ineffizienten Einsatz der Transportkapazitäten“, heißt es da. Und weiter: „Es gibt keinen einfachen Weg für die direkte Zusammenarbeit zwischen Transportbeteiligten. All dies führe zu zusätzlichen Kosten in Höhe von 800 Mrd. US-Dollar für die Kunden.“

Grund genug für Bo Alexander Barfod und sein sechsköpfiges Team, nach neuen Lösungen zu suchen. Ihr Ansatz: Eine digitale gemeinschaftliche Plattform, um den Transport zu optimieren und freie Kapazitäten zu nutzen. Also ein Uber für die Logistik? „Ja und nein“, sagt Barfod, „denn auf unserer Plattform können sich nur professionelle Speditionen und Fahrer registrieren.“ Das Grundprinzip ist allerdings ähnlich, da auch Wuxus mit seiner Plattform die verschiedenen Akteure der Logistikkette zusammenbringen möchte. „Unser Hauptfokus liegt dabei auf der ersten und letzten Meile“, betont Barfod, „denn 60 Prozent der Transporte bewegen sich in einem Radius von etwa 50 Kilometer, also sehr lokal.“ Hinzukomme: „30 Prozent der gesamten Transportkosten entfallen auf die erste und letzte Meile, die zugleich am ineffizientesten ist.“

Besonders deutlich zeigten dies die vielen Einzelspediteure, die niemals nein sagten, wenn ihnen Ladung angeboten werde. Selbst dann nicht, wenn sie dafür 70 Kilometer Umweg in Kauf nehmen würden. Barfod: „Die Einzelspediteure haben heute nur die Qual der Wahl. Entweder sie lassen sich als Subunternehmer ausnutzen, oder sie arbeiten als Einzelkämpfer zwar ineffizient, aber zumindest etwas besser bezahlt.“ 

Genau das soll mit der Plattform künftig nicht mehr passieren, wenn sich dort die Transporteinkäufer und die Spediteure unkompliziert miteinander vernetzen können. „Wir haben uns bemüht, dass sich alles rund um den Auftrag, die Abholung, die Rechnungsstellung und die Dokumente über das Internet ebenso wie auf dem Smartphone für jeden selbst erschließt“, betont Barfod. „Es dauert zum Beispiel nur drei Minuten, um sich mit zwei LWK zu registrieren.“ Ergänzt wird die cloudbasierte Plattform zudem von einem eigenen Messengerdienst für die schnelle Kommunikation der Beteiligten. Zudem könne die Software auch unkompliziert an bestehende IT angebunden werden.

Konkret bedeutet das, dass die Nutzer eigene kleine Netzwerke schaffen, mithilfe derer sie die Transportaufträge abwickeln. Das schafft Transparenz darüber, wer gerade freie Kapazität hat und wer welche benötigt. „Wichtig war uns dabei, dass der Spediteur nicht zum Subunternehmer wird, sondern weiterhin über die volle Kontrolle seiner Aufträge verfügt“, erläutert Barfod die Geschäftsidee. „Das bedeutet, das nur die jeweils relevanten Daten und nur innerhalb des jeweiligen Netzwerks sichtbar sind.“ Anfangs habe man alle freien Kapazitäten komplett transparent gezeigt, es habe aber niemand mitgemacht.

Immer regionaler und individueller

Auf der Seite der Transporteinkäufer richtet sich die Plattform vor allem an lokale Unternehmen, wie regionale Lebensmitteleinzelhändler. „In Zeiten, in denen E-Commerce und stationärer Handel immer weiter verschmelzen, ist es wichtig, nicht nur für die großen Supermarktketten Logistiklösungen anzubieten.“ Davon ist der Logistiker, der auf 35 Jahre Berufserfahrung zurückgreifen kann, überzeugt. Während viele Unternehmen zumeist auf die etablierten Logistikdienstleister setzten, sei das für kleinere Händler nicht unbedingt die beste Lösung. „Für ein regional verankertes Unternehmen, ist es naheliegend, auch mit lokalen Fahrern zusammenzuarbeiten, um die Lieferungen in der Umgebung zu erledigen.“ Das wollten schließlich auch die Kunden, glaubt Barfod, und nennt den bekannten schwedischen Möbelhändler als Beispiel. „Wer dort einkauft, bekommt einen Logistikdienstleister empfohlen, mit dem Ikea kooperiert. Das ist für den Privatkunden völlig intransparent und bedeutet nicht zwangsläufig, dass dieser der auch beste oder der günstigste ist.“

Außerdem sieht Barfod einen weiteren Nachteil, nur auf die großen Logistikdienstleister zu setzen: „Sie bieten ein fixes Serviceniveau, keine personalisierte Dienstleistung.“ Genau das sei allerdings gefragt. Bewusst ist dieser Trend hin zu mehr Individualisierung zwar auch den etablierten Paketdienstleistern wie ein Diskussionsbeitrag von Andreas Reß, Geschäftsführer & Chief Sales Officer bei DPD, anlässlich der Digits Retail Conference 2018 Mitte Mai in Berlin zeigt: „Fahrer, die zustellen sind dort erfolgreich, wo sie lange aktiv sind, weil sie einen persönlichen Kontakt zu ihrem Kiez haben, zu ihrem Zustellgebiet.“

Obwohl Barfod auch die großen Logistikdienstleister gern auf seiner Plattform hätte, sind es seiner Erfahrung nach tendenziell die kleineren Spediteure, die das Plus an Service leichter ausspielen können. Ein gutes Beispiel dafür seien Elektrogroßgeräte im Zweimannhandling. „Wer versucht, die Logistik dafür auszulagern, wird feststellen, dass die Ware dann oft beschädigt und zerkratzt an der Haustür abgestellt wird“, sagt Barfod. „Mit unserer Software können sich der Händler, der Lagerlogistiker und der Spediteur vernetzen und jeder macht das, was er am besten kann.“ Außerdem sei die Gebühr bewusst niedrig angelegt: „Wir haben eine kostenlose Version, wenn wir als Subunternehmer in Zusammenarbeit mit einem Partner beziehungsweise Kunden agieren.

Die monatliche Gebühr für die Erstellung von Aufträgen und die Nutzung der meisten Basisfunktionen auf der Plattform beginnt pro Monat bei 199 Dänischen Kronen (27 Euro). Hinzukommen monatlich fünf Dänischen Kronen (0,70 Euro) für die Lieferverfolgung pro Gut.“ Das sei weit weniger als die rund 50.000 Euro, die man für eine eigene IT-Lösung als Spediteur bezahlen müsste.

Auch Wuxus selbst benötigte das entsprechende Starkapital: „Allein 2018 haben uns Business Angels umgerechnet 600.000 EUR zur Verfügung gestellt“, berichtet Barfod. „Das reicht, um unsere Ziele zu erreichen und unser Wachstum im Markt zu skalieren.“ Den Break-even will das Start-up bereits Ende 2018 erreichen.

Schon jetzt kann die Plattform theoretisch auch in Deutschland genutzt werden. Der Fokus liegt allerdings bislang auf Dänemark und den nordischen Märkten. „Wann wir auch offiziell in Deutschland auf den Markt kommen, hängt von den Kunden ab“, sagt Barfod.

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