Eine Selbstverpflichtung hätte das nicht geschafft

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll Unternehmen dazu motivieren, genauer hinzuschauen bei Arbeitsbedingungen und Ressourcenverbrauch ihrer Lieferanten. Auch wenn es bei vielen unbeliebt ist, setzt es die gewünschten Impulse. Mit Recht – denn Respekt und Verantwortung sollten selbstverständlich sein, meint DVZ-Redakteur Tobias Loew.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gehört eher zu den unpopulären Gesetzen. Unternehmen wollen sich nicht gängeln lassen. Doch das LkSG nimmt sie in die Pflicht, macht Vorgaben und gibt ihnen eine Reihe an Aufgaben. Also braucht es auf Beifall und Fans nicht zu warten, kann sich der Ablehnung gewiss sein. Wahlweise ist die Rede vom Bürokratiemonster oder davon, dass sich die unklaren Bestimmungen sowieso nicht umsetzen ließen.

Gleichzeitig möchte man meinen, es sei ein Widerspruch, dass es solch einen Gesetzestext überhaupt gibt. Denn wer wollte eine Lieferkette ohne Sorgfalt betreiben? Oder gar verantwortungslos? Und doch sind es in erster Linie deutliche Ermahnungen, die von dem Gesetz ausgehen. Es soll Sklaverei, Zwangsarbeit, Kinderarbeit und Ausbeutung verhindern, sorgloser Umweltzerstörung einen Riegel vorschieben, zur Wahrung der Menschenrechte beitragen. Wer kann sich mit diesen Prinzipien nicht identifizieren?

Wirksam werden sie deshalb noch lange nicht, wie eine aktuelle Befragung des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) zur Nachhaltigkeit und dem Umgang seiner Mitgliedsunternehmen mit dem LkSG zeigt. Denn sie offenbart, dass gerade solche Aufgaben erst von rund einem Drittel erfüllt werden, von denen man meinen müsste, dass sie für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung selbstverständlich sind: Risikoanalyse und Risikomanagement.

Ganzheitliche Betrachtung

Zugegeben: Das LkSG interpretiert diese Begriffe nachhaltig, also neben wirtschaftlichen Aspekten auch am Verbrauch natürlicher Ressourcen und an sozialer Verantwortung orientiert. Eben wie ein ehrbarer Kaufmann. Dieses Leitbild soll seit vielen Generationen verantwortliche Teilnehmer am Wirtschaftsleben prägen. Neben mathematische stellt es bewusst auch moralische Wertvorstellungen. Eine Haltung, die dazu befähigt, heute schon an morgen zu denken. Daran, wie man seiner Umgebung und seinem Gegenüber bei der nächsten Gelegenheit begegnen kann.

Respekt und Verantwortung – Werte also, die aus dem persönlichen Umfeld nicht wegzudenken sind. Dass sie erst dann wieder leitend werden, wenn ein Gesetz sie einfordert, stimmt einerseits betrüblich. Andererseits zeigt die BME-Befragung, dass diese Maßnahme bei aller Skepsis gegenüber einzelnen Bestimmungen funktioniert: Die Unternehmen handeln, bewegen sich in die gewünschte Richtung. Zwar gemächlich, aber immerhin – bestimmt auch, weil Wegsehen gefährlich werden kann.

Es mag ironisch anmuten, dass die Veröffentlichung ausgerechnet IT-Lösungen als geeignete Instrumente dafür nahelegt, wirklich nachhaltig zu handeln. Beim zweiten Nachdenken wirkt es aber schon konsequent. Denn Verantwortung darf nicht kurzsichtig sein, und Respekt benötigt viele Blickwinkel. Perspektiven, die in ihrer Komplexität Unterstützung brauchen. Und ein Gesetz als Antreiber, das als Leitstern für vorausschauendes Handeln auch noch zum Erfolgsgaranten werden kann. Vielleicht noch nicht heute – aber das LkSG wird seine Fans finden.

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