Quehenberger-CEO: „KI wird die Arbeitsplätze massiv verändern“

Christian Fürstaller spricht nach der Mehrheitsübernahme durch die Geis Gruppe über aktuelle Herausforderungen im österreichischen Markt und die Zukunft der Branche. 

Quehenberger Logistics hat 240 Lkw im eigenen Fuhrpark. (Foto: Quehenberger Logistics)

DVZ: Herr Fürstaller, im vergangenen Jahr wurden 66 Prozent Ihres Unternehmens von der Geis Gruppe übernommen. Wie laufen die Geschäfte seit der Übernahme?

Christian Fürstaller: Die Geschäfte laufen auf beiden Seiten ausgezeichnet. Wir ergänzen uns sowohl was die Industrien als auch was die Regionen betrifft, darauf haben wir uns gleich am Anfang konzentriert und sind sehr gut ins Cross-Selling eingestiegen. Wir haben uns also gegenseitig schon viele Geschäfte vermittelt. Im Vergleich zu vielen anderen Marktteilnehmern haben wir einen doch sehr moderaten Rückgang im Umsatz 2023 gehabt. Von daher ist die Geis Gruppe gut unterwegs, was das Geschäft betrifft.

Im Zuge der Übernahme wurden gemeinsame Projekte mit der Geis Gruppe angekündigt. Können Sie dazu schon mehr verraten?

In erster Linie arbeiten wir an einer gemeinsamen Zukunftsstrategie: Wo wollen wir hin? In welchen Bereichen, mit welchen Produkten und in welchen Regionen wollen wir stärker werden? Auf alle Fälle haben wir das Ziel, einen klaren Wachstumskurs für die Zukunft aufrechtzuerhalten. Dieser Strategie folgen dann natürlich alle anderen Themen wie Automatisierung, KI oder das Ausbildungskonzept. Da sind wir schon in sehr engem Austausch.

Wie steht es aktuell um den Logistikmarkt Österreich?

Allgemein steht es um den Logistikmarkt nicht allzu schlecht, durch die wirtschaftlichen Einbußen gerät er jetzt natürlich wieder ein bisschen unter Druck. Speziell der österreichische Logistikmarkt ist geprägt von privaten und starken mittelständischen Unternehmen, die auch international erfolgreich sind. Gerade in Zentral- und Osteuropa sind wir sehr gut aufgestellt.

Im vergangenen Jahr hat Verkehrsministerin Leonore Gewessler den Masterplan Güterverkehr 2030 vorgestellt. Darin wird ein Schienenanteil von bis zu 40 Prozent bis 2040 angepeilt. Halten Sie das für realistisch?

Ich würde es mir wünschen. Jeder Logistiker würde sich eine starke Bahn und eine starke Bahnlösung wünschen, es ist aber genau das Gegenteil der Fall. Die Bahn verliert jedes Jahr an Marktanteil. Große, schöne Pläne zu schreiben und Worte zu schwingen ist das eine, aber die Umsetzung das andere. Was mir in Europa fehlt, ist eine Art Marshallplan. Die europäische Wirtschaft bräuchte eine leistungsfähige Bahn zwischen den Hauptwirtschaftszentren, die verlässlich ist und im 15-Minuten-Takt funktioniert. Den Vor- und Nachverkehr könnte man mit einem E-Lkw regeln. Aber die Politik ist nicht in der Lage, Genehmigungen auszustellen oder Projekte voranzutreiben. Das ist das Versagen der Politiker, nicht der Wirtschaft.

Die Bürokratie ist also das größte Problem für die Schiene?

Ich würde es nicht nur auf die Schiene reduzieren, sondern meine die gesamte Infrastruktur. Auch der Lkw wird immer einen großen Anteil am Verkehr haben, weil es gar nicht anders geht. Aber eine Umweltpolitik, die wirklich nachhaltig erfolgreich ist, werden wir mit dem derzeitigen Vorgehen nicht schaffen. Dafür braucht es Experten, die sich zusammensetzen und sinnvolle Lösungen erarbeiten sowie eine Politik, die diese auch umsetzt.

Ziel des Masterplans ist es ja, Emissionen zu reduzieren, um die Klimaziele doch noch zu erreichen. Was tut Ihr Unternehmen bereits für mehr Nachhaltigkeit?

Wir verfolgen eine konkrete Nachhaltigkeitsstrategie und wollen bis 2040 CO2-neutral werden. Wir haben unsere Flotte vollständig auf den Betrieb mit dem Kraftstoff HVO100 umgestellt. Seit über sechs Jahren sind bei uns auch E-Lkw im Einsatz. Die Förderungsmechanismen und deren Bearbeitung sowie die Kostensituation sind allerdings nicht so einfach zu händeln.

Wie viele E-Lkw haben Sie bereits in Ihrer Flotte?

12 von insgesamt 240 eigenen Lkw.

Haben Sie eine Vermutung, welcher alternative Antrieb sich in Zukunft durchsetzen wird?

Der E-Lkw wird den größten Bereich abkriegen, davon bin ich überzeugt. Aber natürlich nur im Nahverkehr, dafür ist er auch geeignet. Für die alternative Betankung ist HVO100 eine der besten Methoden, auch in Bezug auf die CO2-Ersparnis. Wasserstoff ist leider zu teuer bei der Erzeugung.

Mit Quehenberger Loads haben Sie eine eigene App für Fahrer und externen Frächter entwickelt. Kommt bei Ihnen im Unternehmen auch künstliche Intelligenz zum Einsatz?

Ja, da gibt es konkrete Projekte. Die Auftragserfassung wird bei uns zum Beispiel schon über KI gemacht. Gerade sind wir dabei, über ChatGPT eine eigene „Quehenberger-Plattform“ zu erstellen und diese mit unseren internen Regularien, Vorschriften und so weiter zu unterfüttern. So müssen unsere Mitarbeiter nicht mehr lange suchen, sondern haben einen direkten Zugriff auf die Informationen.

Welche Chancen sehen Sie im Einsatz von künstlicher Intelligenz?

KI wird die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter massiv verändern und viel attraktiver machen als bisher. Die Maschine wird die 0815-Jobs übernehmen und der Mensch die hochwertigen und kreativen Aufgaben: sich mehr mit den Kunden auseinandersetzen, bei Fehlern eingreifen, besser steuern und kon-trollieren. Den Rest wird die Maschine machen, davon bin ich überzeugt. Wir bereiten uns auch schon seit Jahren darauf vor und haben Jobprofile und die Ausbildungen entsprechend verändert. Zudem haben wir seit über zehn Jahren eine Kooperation mit der Universität in Salzburg, mit der wir ein eigens zugeschnittenes „Quehenberger-Ausbildungsprogramm“ entwickelt haben. Mittlerweile haben mehr als 150 Leute aus ganz Europa daran teilgenommen.

Haben Sie das Gefühl, dass die Logistikbranche durch den Einsatz von KI auch für junge Menschen wieder attraktiver wird?

Die war ja vorher auch nicht unattraktiv, sondern ab und zu vielleicht ein wenig verstaubt präsentiert. Einige Unternehmen sind noch traditioneller gehalten. Bei uns gibt es sehr viele junge Menschen im Unternehmen und auch mehr Frauen als Männer.

Wie hoch ist der Frauenanteil bei Ihnen?

Im kaufmännischen Bereich rund 52 Prozent. Und immerhin auch 32 Prozent Frauen als Führungskräfte. Bei uns wird jeder nur nach seiner Leistung beurteilt.

Was sind für Sie die größten Herausforderungen, mit denen Logistikunternehmen derzeit zu kämpfen haben?

Das große Problem, mit dem wir sicherlich am meisten zu kämpfen haben werden, ist die enorme Bürokratisierung in der Europäischen Union. Sei es mit Blick auf die Taxonomie, das Entsendegesetz oder das Lieferkettengesetz. Die Bürokratie ist die größte Gefahr für die europäische Wirtschaft.

Christian Fürstaller

Der ehemalige Fußballspieler ist seit 2009 CEO und geschäftsführender Gesellschafter der Quehenberger-Gruppe. Bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren war er im Logistikunternehmen von Rudi Quehenberger tätig, bis er 2001 zum Vorstandsvorsitzenden bestellt wurde. Im Jahr 2003 wechselte er zu TNT Logistics CEE, später Ceva Logistics.

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