Retourenmanagement mit Zukunft

Mit zunehmender Beliebtheit des Online-Shoppings steigen auch die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt. Doch die Möglichkeiten, Retourenprozesse nachhaltiger zu gestalten, sind groß und bieten wirtschaftliche Vorteile.

Die Möglichkeiten, negative Umweltwirkungen von 
E-Commerce-Retouren zu reduzieren, sind groß und bieten
 wirtschaftliche Vorteile. (Illustration: DVZ)

Keine Frage: Mit der zunehmenden Beliebtheit des Online-Shoppings steigen auch die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt. Konsum ist in der Regel mit der Produktion und dem Transport von Waren verbunden, die zumindest in Teilen als nicht nachhaltig gelten. Allerdings ist E-Commerce inzwischen zu einem unverzichtbaren Einzelhandelskanal geworden, noch verstärkt durch die Pandemie. Es gibt kein Zurück mehr – also sind die negativen Wirkungen zu reduzieren. In dem Maß, wie der elektronische Handel wächst, wächst auch die Verantwortung von Marken, Einzelhändlern und Lieferanten, dafür zu sorgen, dass umweltfreundlichere und nachhaltigere Optionen verfügbar sind.

Oft wird angenommen, Online-Shopping sei aufgrund seiner Bequemlichkeit umweltschädlicher als der Betrieb von Einzelhandelsgeschäften. Doch das ist nicht immer der Fall: Auch stationäre Läden und Kaufhäuser verbrauchen Energie etwa für die Beheizung und Beleuchtung der Räumlichkeiten und natürlich für den Transport der Waren zu den Geschäften. Darüber hinaus bringen Kunden ihren Einkauf nicht immer CO2-neutral nach Hause. Zudem gibt es beispielsweise für Rücksendungen im E-Commerce zahlreiche Möglichkeiten, wie Marken und Händler ihre Abläufe so verändern können, dass sie negative Auswirkungen auf die Umwelt verringern und langfristig zu einem insgesamt nachhaltigeren Handel beitragen.

Aktuell endet einer von vier Online-Verkäufen mit einer Rückgabe. Doch schon vor dem ersten Online-Verkauf kann die negative Wirkung von Retouren verringert werden. Hersteller und Händler können die Präsentation ihrer Waren auf Basis der ihnen bekannten Retourengründe so optimieren, dass die Wahrscheinlichkeit einer Rücksendung sinkt. Eine Studie des Retourenspezialisten Cycleon ergab, dass 32 Prozent der Kunden, die einen Grund für ihre Rückgabe nannten, erläuterten, dass das gelieferte Produkt nicht ihren Erwartungen entsprach. Genannt wurden beispielsweise Farbe, Größe, Qualität oder die Lieferzeit. Daher sollten Hersteller die Wirkung einfacher, ehrlicher und transparenter Produktinformationen auf ihren Websites nicht unterschätzen. Klare Beschreibungen, qualitativ hochwertige Fotos und genaue Größenangaben etwa können dazu beitragen, eindeutig über die Beschaffenheit der Produkte zu informieren, so die Kaufentscheidungen der Kunden beeinflussen und idealerweise einer Retoure vorbeugen. Letztlich sind keine Rücksendungen die umweltfreundlichste Form der Retoure.

Erste Meile so wichtig wie die letzte

Ein wichtiger Teil des Retourenprozesses ist die erste Meile, also die Rücknahme unerwünschter Produkte von den Verbrauchern und ihre Aufnahme in das Retourennetz. Eine Möglichkeit, diese erste Meile zu einem ersten Schritt hin zu einem nachhaltigeren Rücknahmelogistikmodell zu machen, bieten Partnerschaften mit lokalen Paketdiensten. Diese Zusteller haben oft mehrere Anlaufstellen, sodass Verbraucher ihre Pakete in der Nähe ihres Wohnorts oder ihres Arbeitsplatzes abgeben können, ganz wie es zu ihrem Lebensstil passt. Dies ist sowohl in Städten als auch in entlegeneren Gebieten möglich, denn schon heute wählen 39 Prozent der Online-Kunden weltweit eine lokale Abgabemöglichkeit als bevorzugte Rückgabemethode. Dies macht auch den Einsatz von Fahrzeugen auf der ersten Meile überflüssig. Darüber hinaus arbeiten viele nationale Post- und Paketdienstleister intensiv daran, ihre Dienste nachhaltiger zu gestalten, indem sie erneuerbare Energien für ihr Transportnetz nutzen oder CO2-freie Services anbieten. Dadurch werden doch erforderliche Abholfahrten umweltverträglich.

Ein weiterer Schritt zu nachhaltigen Prozessen innerhalb eines globalen Retourennetzes sind regionale Lagerstandorte, an die Rückläufer geschickt werden können. Lokale Einrichtungen zur Bearbeitung von Rücksendungen verkürzen die Zeiten bis zur Weiterverwertung und vermeiden lange Transportwege, die mehr Treibstoff erfordern und folglich höhere CO2-Emissionen verursachen. In diesen lokalen Rückgabezentren können die Artikel entgegengenommen und kann entschieden werden, ob sie direkt wiederverwendet, aufbereitet, weiterverkauft oder recycelt werden können, anstatt sie zu vernichten. Die meisten Produkte haben noch eine verkaufsfähige Qualität und können lokal an Geschäfte, Outlet-Center oder sofort an einen neuen Kunden weitergeleitet werden.

Wenn sich das Produkt in einem gebrauchten Zustand befindet, kann es in einer Qualität repariert werden, die es für den Wiederverkauf aufbereitet. Kann der Artikel nicht wiederhergestellt werden, besteht immer noch die Möglichkeit, ihn an eine örtliche Recyclingstelle zu schicken, damit die Materialien erneut verwendet werden können. Auf diese Weise wird verhindert, dass zurückgegebene Artikel zu Abfall und ihre Materialien auf der Deponie zu Schadstoffen wie Mikroplastik werden.

Bakterien

Seltene Erden sind rar – werden aber für diverse innovative Produkte und Technologien benötigt. Ihre Rückgewinnung aus Elektroschrott wie ausrangierten Batterien, Handys oder Computern ist bisher nicht umweltfreundlich möglich. Im Projekt „REEgain“ erkunden österreichische und tschechische Forschende eine Recyclingmethode mithilfe von Mikroorganismen. Elektroschrott wird in einer Flüssigkeit aufgelöst. Bakterien und Algen werden hinzugefügt. So entsteht eine Biomasse, aus der die seltenen Erden über die Mikroorganismen zurückgewonnen und wieder eingesetzt werden können. Erste Erfolge gibt es bereits. Für die Umwelt bedenkliche Rückstände bleiben nicht.

reset.org/elektroschrott- recycling-bakterien-05252021/ 

Bevor aber etwa Autobatterien zu Elektroschrott werden, sollen sie zunächst ein zweites Leben erhalten, beispielsweise als Elemente eines stationären Energiespeichers zur Stabilisierung des Stromnetzes. Und auch der gesamte Produktionsprozess von Batterien soll künftig deutlich umweltfreundlicher werden. An beiden Zielen arbeitet die European Battery Alliance.

www.eba250.com/

Bakterien könnten im Kampf gegen Plastikmüll ebenfalls eine Rolle übernehmen. Allerdings ist hier nicht zeitnah mit Lösungen zu rechnen, mit denen man das weltweite Plastikmüllproblem in den Griff bekommen könnte.

www.solarify.eu/2020/04/02/136-bakterien- fressen- olyurethan-plastik/

Retouren sind wertvoll

Durch die Wiederverwendung, die Aufbereitung und den Weiterverkauf von Rücksendungen bleibt nicht nur der Wert der Produkte für die Verkäufer erhalten. Gleichzeitig werden die Kreislaufwirtschaft gefördert sowie Ressourcen und Materialien genutzt, die bereits vorhanden sind. Retouren können und sollten als neuer Vertriebskanal aufgebaut werden, um Abfall und Überproduktion zu reduzieren.

Während Retouren bis vor wenigen Jahren als Teil des Verkaufsprozesses übersehen wurden, erkennen immer mehr Hersteller, dass sie sowohl wirtschaftlich als auch zur Kundenbindung genutzt werden können. Nachhaltiges Verhalten stützt das Ansehen bei den Kunden, reduziert Materialverschwendung und schützt Gewinnspannen. Bei der Wahl ihrer Partner zur Abwicklung von Rücksendungen sollten Hersteller und Händler darauf achten, dass diese selbst ebenfalls einen geringen CO2-Fußabdruck hinterlassen – etwa bezüglich der Länge von Retourentransporten, Verpackungsmaterialien und der Art der eingesetzten Energien – und diesen auch dokumentieren. Zudem sollten Partner die aktuell bestmöglichen Weiterverwendungslösungen kennen, um Marken dabei unterstützen zu können, eine nachhaltige Rendite zu erwirtschaften. In einer Branche, die sich ständig weiterentwickelt, gibt es auch immer mehr Möglichkeiten, den Handel bis hin zur Retoure nachhaltiger zu gestalten. (kl)

Zoё Miller ist Mitarbeiterin Marketing bei Cycleon B.V., einer Tochter der Reverse Logistics Group, die sich auf das weltweite Retourenmanagement vor allem für Mode und Elektroartikel spezialisiert hat.

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