Satirischer Jahresausblick: Aus Fischtreppen werden Schiffstreppen
Am 20. Januar 2025 wird der 47. Präsident der Vereinigten Staaten offiziell das Oval Office betreten, dieses Mal jedoch nicht in einem traditionellen Anzug, sondern in einem maßgeschneiderten Overall mit der Aufschrift: „Donald J. Trump – The Only Brand That Matters“.
Umgeben von einer Armee von Influencern, die den Moment des „historischen“ Amtsantritts live streamen, skizziert er bei seiner ersten Rede in einer Mischung aus Politik, Reality-TV und dystopischen Vorstellungen, wie er die Nation in eine neue Ära führen will. Seine Agenda? Ganz einfach: Mehr Trump-Tower, noch mehr Social Media und als Einführungsgeschenk ein exklusiver „Trump-Mars“-Reiseplan, ausgetüftelt von Elon Musk. Der will außerdem sämtliche Straßenkreuzungen in den USA in Form eines X umbauen, was Werbung und Social Media perfekt vereint. Verkehrsunfälle können künftig auf der gleichnamigen Plattform (vormals Twitter) veröffentlicht werden.
Tatsächlich löst Trump sein Versprechen ein, den Ukraine-Krieg binnen eines Tages zu beenden. Mehrere Dutzend SpaceX-Raketen seines Spezis Musk nehmen das Land mit Stahlseilen an den Haken. Wie das Teil eines großen Europa-Puzzles schwebt eine komplette Nation davon und landet dort, wo es laut Trump „einfach nur schön ist“. Die russischen Truppen stehen mit ihren Angriffen damit buchstäblich vor einem Abgrund, denn dort wo die Ukraine war, klafft nun ein Loch.
In seiner unermüdlichen Mission, Amerika „great again“ zu machen, operiert Trump mit dem wirtschaftspolitischen Coup der Zölle. Nach dem Motto: Warum auf die altbewährte Diplomatie oder den freien Handel setzen, wenn man das eigene Land und dessen Wirtschaft einfach durch monströse Zusatzabgaben und bürokratische Hürden schützen kann? Internationale Beobachter sprechen schon von Trumps Zöl(le)ibat. Das Chaos, das darauf auf den globalen Märkten herrscht, weil der Präsident durch einen einzigen Tweet plötzlich einen Container voller Elektronikartikel immens verteuern kann, führt bei Importeuren und Händlern zu vermehrtem Auftreten von Zöl(le)iakie.
Missverständnis um den Hyperloop
Zur Bundestagswahl im Februar reist Musk nach Deutschland. Auf dem Alexanderplatz verteilt er großzügig SpaceX-Visitenkarten und beeindruckt mit einem chaotischen Auftritt, bei dem er den Wählern erklärt, warum der Mars der einzige logische nächste Schritt ist. Musk: „Wieso noch in Berlin bleiben, wenn man auf dem Mars die Steuern senken kann?“ Von Musks Fähigkeit, „geniale“ Ideen zu verkaufen – inklusive eines neuen Fahrplans für die Berliner U-Bahn mit Hyperloop-Technologie –, lässt sich die Bevölkerung überzeugen. Schließlich hat der Milliardär ja bewiesen, dass er der Zukunft näher ist als jeder Bundestagsabgeordnete.
Weil sich die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gegen die Transportlösung in luftleeren Röhren mit Magnetfeldern und Linearmotoren („hier gucken die Fahrgäste eh schon jeden Tag in die Röhre“) ausgesprochen haben, zieht Musk nach Hamburg weiter, um der Stadt – passend zur Bürgerschaftswahl – den Hyperloop schmackhaft zu machen.
Der Senat glaubt zunächst an ein neues attraktives Fahrgeschäft für den Hamburger Frühjahrsdom, bis sich herausstellt, dass für Versuchszwecke des Hochgeschwindigkeitsverkehrssystems die Röhren des alten Elbtunnels herhalten müssen. Damit ist dann für Musk Ende Gelände.
Die Bundestagswahl im März endet mit einem Sieg der CDU/CSU, die aber nicht allein regieren kann, sondern die FDP mit ins Boot holt. Neuer Verkehrsminister wird Christian Lindner. Bei Gesprächen über den dringend notwendigen Infrastrukturausbau kommt es zum ersten Zerwürfnis mit dem Koalitionspartner. Lindners Argumentation: „Es ist besser nicht zu bauen, als schlecht zu bauen“, kommt nicht gut an.
Bewegung gibt es in Sachen Deutschlandticket. Die Erhöhung des Preises von 49 Euro auf 58 Euro wird es überraschender Weise nicht geben. Stattdessen kommt eine Bürgerbahncard für alle. Voraussetzung dafür ist allerdings ein Wohnsitz im schweizerischen Kanton Zug und ein Crashkurs in Schwitzerdütsch.
Im Mai steht die Transportmesse in München an. Da sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland nicht bessert, verzichten einige schwergewichtige Player auf eine Beteiligung. Zu ihnen gehört auch DB Cargo. Allerdings stehen hier nicht wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund. Vielmehr gilt dort die Anreise auf der Schiene angesichts der zahlreichen Bahnbaustellen und Generalsanierungen des Streckennetzes als unmöglich.
Mit einem interessanten Vorschlag zur Verbesserung der Wasserstraßeninfrastruktur meldet sich die Daniel-Düsentrieb-Universität aus Gagastedt an der Marmel. Statt teuren Schleusen, deren Umsetzung Jahre dauert, sollten mehr Fischtreppen gebaut werden. Diese ließen sich durch Umstellen und hinzufügen von Buchstaben kostengünstig in Auf- und Abstiegsbauwerke für Wasserfahrzeuge transformieren.
Andreas Scheuers Rückkehr
Zum Herbst hin kriselt es bereits in der neuen schwarz-gelben Koalition in Berlin. Es geht weiter um das Dauerthema Infrastruktur und Finanzierung. Minister Lindner nimmt eigenmächtig Kontakt zu Musk auf, seines Zeichens inzwischen Leiter der US-Regierungsstelle für Effizienzsteigerung. Dieser lässt sich nicht lumpen und schlägt zur Beseitigung von Verkehrsengpässen in Deutschland sogenannte Pop-Up-Autobahnen vor. Nachts würden in manchen Städten ja eh die Bürgersteige hochgeklappt, so sein Argument. Der gewonnene Platz ließe sich optimal ausnutzen. Berlin ist über Lindners Alleingang „not amused“. Er wird zum zweiten Mal als Minister entlassen.
Sein Nachfolger Andreas Scheuer bringt die Pkw-Maut wieder ins Spiel. Mit dem eingenommenen Geld soll auf allen größeren Bahnhöfen in Deutschland ein Gleis 9 ¾ gebaut werden. Passagiere mit der Bürgerbahncard erhalten damit Zugang zum Deutschlandtakt der Deutschen Bahn, der schon seit vielen Jahren von der Öffentlichkeit unbemerkt unterirdisch abläuft.
Jan Peter Naumann ist zum Ende des vergangenen Jahres in den verdienten Ruhestand gegangen.