„99 Prozent der Start-ups in der Logistik werden verschwinden“

Beim ersten LogTech Festival der BVL ging es um die digitalen Trends in der Branche und die Zukunftsfähigkeit der jungen Unternehmen. Wenn man Alexander Doll glaubt, werden viele Start-ups nicht überleben. Allerdings erklärte der Investor und Experte auch, warum sie trotzdem eine wichtige Rolle haben.

Alexander Doll auf dem LogTech Festival. (Foto: BVL)

Alexander Doll traute sich was beim ersten LogTech Festival der Bundesvereinigung Logistik (BVL) am Donnerstag in Hamburg. „99 Prozent der Start-ups in der Logistik werden verschwinden“, sagte er den zahlreichen Newcomern gleich zum Auftakt der Veranstaltung ins Gesicht. Was hart klingt, ist dem ehemaligen Deutsche-Bahn-Vorstand und heutigen Berater und Investor zufolge indes quasi eine Art Naturgesetz in der Community und sollte deren Leistung und Bedeutung nicht schmälern, denn: „Gleichzeitig sind sie prädestiniert dafür, Innovationen und neue Geschäftsmodelle in der Branche zu treiben.“

Dass der Prozess der Auslese unter den Start-ups an Dynamik gewinnt, liegt Doll zufolge auch daran, dass sich das Marktumfeld stark gewandelt hat. Der Traum jedes Newcomers – der Börsengang – steht gerade vielen europäischen Anbietern nicht offen. Zugleich sind die Venture-Capital-Geber längst nicht mehr so aktiv, wie noch vor kurzem. Nachdem sich deren Mittelzufluss in die Branche von 2013 bis 2022 verzehnfacht habe, „ist die Aktivität in diesem Jahr massiv zurückgegangen“, so Doll. Zugleich stünden die Unternehmen vor einer massiven Finanzierungswelle, da bei den meisten das Kapital nur noch für 12 bis 18 Monate reiche.

Diese Entwicklungen hätten eine weitere Veränderung zur Folge. Doll: „Es wird perspektivisch so sein, dass die jungen Unternehmen deutlich früher positive Cash-Flows und Gewinne erzielen müssen als in der Vergangenheit.“ Viele können das allerdings nicht leisten.

B2B macht es schwer zu skalieren

Mit seiner vermeintlich pessimistischen Ansicht steht Doll nicht allein da. Auch Martin Schwemmer, Geschäftsführer bei der BVL und Initiator des Festivals, unterstrich, dass Innovationen und Pleiten quasi zwei Seiten einer Medaille sind. Dass viele der Newcomer über kurz oder lang auch wieder verschwinden, ist ihm zufolge auch auf den B2B-Charakter der Logistik zurückzuführen. Denn dies habe zur Folge, dass Geschäftsmodelle nicht so schnell skaliert werden könnten wie im B2C-Umfeld.

Zugleich sei LogTech nicht allein mit Start-ups gleichzusetzen, so Schwemmer. Auch viele der etablierten Logistikunternehmen beschäftigten sich entweder allein oder gemeinsam mit Start-ups mit dem Thema. Die Folge: „Es entstehen mehr und mehr neue, datenbasierte Geschäftsmodelle in der Branche.“

Ein Traditionsunternehmen, welches diesen Wandel seit einigen Jahren massiv vorantreibt, ist Maersk. Die einstige Linienreederei baut sich bekanntermaßen seit einigen Jahren konsequent selbst zum End-to-End-Logistiker um. Im Zentrum stehen dabei auch Daten. Getrieben wird die Metamorphose durch Unternehmenskäufe, aber eben auch durch die Zusammenarbeit mit und das Lernen von Start-ups, wie Tilo Bobel betonte, Global Head Continuous Improvement, Lean & Automation bei den Dänen. „Wir agieren in vielen Bereichen wie ein Start-up im Konzern, wenn es beispielsweise darum geht, neue Logistikdienstleistungen zu erfinden. Dieser Prozess hat uns insbesondere verdeutlicht, dass wir uns öffnen müssen, beispielsweise gegenüber unseren Kunden“, sagte Bobel.

(Foto: BVL)
(Foto: BVL)
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Mehr Kollaboration, weniger Silodenken

Doch nicht nur bei Maersk scheint sich jene Offenheit – gerade auf digitaler Ebene – als notwendige Erkenntnis im Unternehmen verankert zu haben. „Wir laufen in gewisser Weise in die Gefahr rein, dass zunehmend große Konzerne von AI, künstlicher Intelligenz und Digitalisierung profitieren, während die große Masse des Marktes benachteiligt wird“, warnte Hanna Cordes, Managing Director von Bosch Mobility Platforms & Solutions, im Rahmen einer Diskussionsrunde. Stattdessen müsse es das Ziel sein, Digitalisierung durch die Schaffung von Ökosystemen „flächendeckend in die Breite zu bringen“.

Damit das funktioniert, müssen Start-ups und etablierte Unternehmen zusammenarbeiten. „Digitalisierung und Innovation sind Themen, die nicht nur für Start-ups gelten, sondern auch für große Unternehmen. Aber ich glaube, Start-ups sind hier sehr wichtig, um zu zeigen, wie es funktioniert, um auch den Druck auf die etablierten Player zu erhöhen“, so Tilo Hergarten, Head of Emons Digital, gegenüber der DVZ. „Ich glaube, dass diese Erkenntnis angekommen ist, aber noch weiterwachsen sollte.“ Gleiches gelte für die Bereitschaft, Daten miteinander zu teilen.

Es gehe nun darum, „Teams zu bauen und Brücken zu schlagen“, um das in der Branche vorhandene Know-how aus physischer und digitaler Welt zu verknüpfen, betonte Schwemmer. Ein Schritt, der Vertrauen von allen Beteiligten voraussetzt.

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