Blickpunkt Handel: Amazon erzielt Skaleneffekte

Die Zahlen des US-Konzerns für 2023 zeigen: Erstmals ist der Anteil der Logistikkosten am Nettoumsatz gesunken. Das unterstreicht, dass sich der Fokus vom scheinbar grenzenlosen Wachstum zunehmend auf das Realisieren von Größenvorteilen verlagert. Eine Kolumne von Prof. Christoph Tripp.

Paketverteilzentrum von Amazon in Duisburg. (Foto: IMAGO / Funke Foto Services)

Effizienz und Effektivität statt Ausbau und Wachstum – so könnte man den erstmaligen Rückgang der relativen Logistikkosten bei Amazon kommentieren. Seit 2009 ist der Anteil der Logistikkosten am Nettoumsatz kontinuierlich von 15 auf über mehr als 30 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Im vergangenen Jahr konnte der US-amerikanische Onlinehändler diesen unrühmlichen Trend erstmals stoppen und den Logistikkostenanteil wieder geringfügig reduzieren.

Ursächlich dafür sind einerseits umfassende Maßnahmen zur Steigerung der Prozesseffizienz in der Lagerhaltung, im Transport und auf der letzten Meile. Dazu zählen vor allem die zahlreichen internen Automatisierungs- und KI-Projekte, die langsam ihre Wirkung entfalten. Andererseits hat Amazon in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Absatzmärkten eigene Logistikinfrastrukturen aufgebaut, die nicht mehr erweitert, sondern teilweise sogar bereinigt werden mussten.

Stattdessen hat sich der Fokus vom scheinbar grenzenlosen Wachstum der Logistikkapazitäten zunehmend auf das Realisieren von Skaleneffekten verlagert. Der weitgehende Verzicht auf den Einsatz externer KEP-Dienstleister sowie die Öffnung der Logistiksysteme in den USA und Großbritannien dürften hierzu maßgeblich beigetragen haben. Für die betroffenen Paketdienste ist diese Entwicklung Fluch und Segen zugleich, da Mengenverluste schwer wiegen, so zum Beispiel bei DPD, jedoch Abhängigkeiten von einzelnen großen Akteuren reduziert und Risiken diversifiziert werden, wie zum Beispiel bei Hermes.

Ein wichtiger Aspekt darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden: Der Logistikkostenanteil des E-Commerce-Riesen ist mit mehr als 30 Prozent im Branchenvergleich immer noch sehr hoch. Üblich sind eher Anteile von 15 bis 25 Prozent des Nettoumsatzes.

Wenn also fast jeder dritte – zum Teil mühsam über Kundenbindungsprogramme oder Social-Media-Marketing – verdiente Euro oder US-Dollar für die Logistik ausgegeben werden muss, leiden die Margen, und die finanziellen Mittel fehlen an anderer Stelle. Insofern ist es ein Glück für Amazon und natürlich das Ergebnis eines intelligenten Geschäftsmodells, dass es das Cloud-Geschäft gibt.

Unabhängig davon muss und wird der US-Konzern weiter an seiner Effizienz arbeiten, um nachhaltig ein branchenübliches Verhältnis von Umsatz zu Logistikkosten zu erreichen. Mit der Ankündigung, künftig „Supply-Chain-as-a-Service“ und das umfassende Logistiknetzwerk als Dienstleistung für Dritte anzubieten, ist ein erster Meilenstein in Richtung höherer Skaleneffekte und sinkender Logistikstückkosten bereits gesetzt. Doch auch für Amazon wachsen die Bäume nicht in den Himmel! (cs)

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