Das Paket kommt mit dem Bus
Auch außerhalb Hamburgs gibt es Testprojekte mit Bezug zur Logistik, die im Rahmen des ITS Weltkongresses ins Leben gerufen wurden. Beispielsweise in Lauenburg an der Elbe, circa 40 Kilometer südöstlich der Hansestadt. Dort wird im Rahmen des Projekts „Testzentrum Autonome Busse Lauenburg/Elbe Logistik“ (Tabula-Log) die Integration des Warentransports in den bestehenden Busverkehr mit selbstfahrendem Shuttle in der historischen Altstadt unter die Lupe genommen.
Aufgrund ihrer Größe ist die Reichweite von Paketrobotern derzeit begrenzt. Zudem sind die kleinen Helfer oftmals nicht sehr schnell unterwegs. Deswegen darf der selbstfahrende Lieferroboter namens Laura im Lauenburger ÖPNV mitfahren. Der Name leitet sich ab aus „Lauenburgs Automatisierte Roboter-Auslieferung“.
Den Waren- und Personenverkehr zu kombinieren, ist für Projektkoordinator Matthias Grote von der Technischen Universität Hamburg (TUHH) ein logischer Schritt.
Erfahrungen sammeln
Eineinhalb Jahre hat es gedauert, die selbstfahrende Paketbox auf die Straße zu bringen. Die Entwickler an der TUHH haben auf viele bereits vorhandene Komponenten im Bereich Soft- und Hardware zugegriffen und an die Gegebenheiten in Lauenburg/Elbe angepasst. Die Leistungsfähigkeit der Sensoren und der Karten werde nun im Testbetrieb erprobt, sagt Oberingenieur Johannes Hinckeldeyn von der TUHH und einer der Entwickler von Laura.
In Deutschland gibt es zwar ein Gesetz, das den Einsatz von autonomen Fahrzeugen regelt. Doch das gelte nur für die Straße und für Autos, so Hinckeldeyn von der TUHH. Der Paketroboter sei aber auch in geschützten Bereichen unterwegs wie beispielsweise auf dem Gehweg, in Fußgängerzonen und Wohnhäusern. Für diese Bereiche gebe es keine festen Regeln, weswegen Roboter Laura nur mit einer Sondergenehmigung und einer Begleitperson Post ausliefern darf.
Der nächste Schritt wäre laut Hinckeldeyn, die Teleoperation an eine Leitstelle auszulagern, die im besten Fall dann gleich mehrere Paketboxen steuern könne. Allerdings wäre auch dann noch eine Begleitperson nötig, so der Ingenieur.
„Die Altstädte hier sind nicht wie etwa ein Wohngebiet in den USA oder China“, sagt Hinckeldeyn. „Wir haben nicht nur breite gerade Straßen, sondern zum Beispiel Kopfsteinpflaster. Und jede Hausecke ist anders.“ Deswegen sei es durchaus sinnvoll, Laura nur mit einem Begleiter in den Einsatz zu schicken, falls diese hängen- oder steckenbleibt. Des Weiteren wurde vom TÜV verlangt, den Paketroboter mit einer Handbremse auszustatten, die der Begleiter im Notfall betätigen kann.
Hinckeldeyn betont zudem, dass jeder gefahrene Meter Erfahrungswerte mit sich bringt. Ihm ginge es in erster Linie gar nicht darum, dass in Lüneburg Pakete autonom zugestellt würden, sondern darum, bei der technischen Entwicklung auch mit ausländischen Unternehmen konkurrieren zu können.
Nächste Schritte noch unklar
Im Rahmen des Forschungsprojekts transportiert der Lieferroboter derzeit nur Behördenpost zwischen den einzelnen Ämtern der Stadtverwaltung. Die Zustellung von Paketen sei zwar möglich, im jetzigen Testbetrieb aber nicht geplant. Denn derzeit sei Laura für die Paketzustellung noch zu klein, sagt Hinckeldeyn. Sie kann nur bis zu 5 Kilogramm transportieren. Die nächste Variante soll rund 60 Kilogramm Zuladung befördern können. Allerdings nehme sie dann auch mehr Platz im Bus ein, fügt Grote hinzu. Laut einer Umfrage akzeptierten Fahrgäste die Paketbox zwar, machten sich aber Gedanken, ob genügend Sitzplätze für sie blieben.
Das Projekt im Rahmen des Testzentrums Lauenburg/Elbe läuft noch bis Mitte 2022. Die Ergebnisse sollen bereits auf dem ITS-Weltkongress vorgestellt werden.
Wie es dann konkret weitergeht, ist laut dem Projektleiter noch unklar. Es gäbe Anfragen für den Roboter von anderen Forschungsvorhaben, die aber nicht unbedingt auf Logistik ausgelegt sind. Um den Einsatz der autonomen Shuttle und die Verbindung von Waren- und Güterverkehr am derzeitigen Standort weiter zu testen, müssten die Shuttle in Zukunft die umliegenden Dörfer anfahren können. Es sei ebenfalls denkbar, den Lieferroboter im normalen Bus in die Umgebung mitfahren zu lassen und diese Kombination aus Waren- und Personenverkehr zu testen. Aber für die Innenstadtbelieferung gäbe es laut Grote schon zu viele Testprojekte.
Es wurden auch zwei weitere Möglichkeiten, den Waren- und Personenverkehr zu kombinieren, getestet. Im ersten Szenario nimmt der Zusteller samt den auszuliefernden Paketen das autonome Shuttle. In einem zweiten Szenario werden nur die Pakete mitgeführt und manuell von einem Zusteller in den Bus eingeladen und an der Zielhaltestelle von einem anderen ausgeladen und zugestellt. Varianten, die ebenfalls für die Paketzustellung rund um Lauenburg/Elbe denkbar seien.
Das Projekt für die letzte Meile ist eine Erweiterung des Tabula-Shuttle-Projekts: Der selbstfahrende Elektrobus ist bereits seit 2019 in der kleinen Stadt im öffentlichen Personennahverkehr unterwegs. Das Shuttle wurde zwischen 2018 und 2020 mit 1,92 Millionen Euro vom BMVI gefördert. Für die Weiterentwicklung des Shuttle-Betriebs und die Integration des Lieferroboters kamen für den Zeitraum 2020 bis 2021 noch einmal 1,79 Millionen Euro vom Bund obendrauf. Laut Grote habe die Entwicklung des Roboters rund 900.000 Euro gekostet.