Die Start-up-Beschleuniger

US-Tech-Finanziers und Daimler wollen mit Hilfe des Netzwerks Startup Autobahn in Stuttgart eine Art Silicon Valley schaffen. Auch die Deutsche Post DHL ist dabei.

Herzstück von Startup Autobahn ist ein 4000 Quadratmeter großes Lab in der Forschungsfabrik Arena 2036 auf dem Uni-Campus in Stuttgart. (Foto: Boris Schmalenberger)

Deutschland gilt immer noch als schwieriges Pflaster für Start-ups. Vor allem dann, wenn es gilt, Großunternehmen und Gründer in Projekten zusammenzubringen. Dieses ambitionierte Ziel hat sich das Netzwerk der Startup Autobahn gesetzt, das seit gut einem Jahr seinen Sitz auf dem Campus der Universität Stuttgart hat. Erste Erfolge zeigen, dass das Konzept aufgehen könnte. Ende Juli ging bereits die dritte Gruppe von Start-ups an den Start.

Der Anstoß kam aus dem Silicon Valley. Dort hat Plug and Play Tech Center seine Firmenzentrale in einem Gebäudekomplex, in dem über 450 Start-ups sitzen. Das Unternehmen vermittelt zwischen Gründern und etablierten Firmen, schaut sich jedes Jahr 5000 Start-ups an und investiert in über 160 von ihnen selbst. Das amerikanische Wirtschaftsmagazin „Biz Journals“ hat das Venture-Capital-Segment Plug and Play Ventures mit 80 Venture-Capital-Beteiligungen 2016 auf Platz Eins der Risikokapitalgeber aus dem Silicon Valley gesetzt.

Neutrale Plattform

Dass die Tech-Finanziers weltweit über gute Kontakte zu spannenden Start-ups verfügt, hat sich auch in Deutschland herumgesprochen. Daimler hatte erste Kontakte im Silicon Valley geknüpft. So kam mit Startup Autobahn der Sprung auf den Campus der Universität Stuttgart zustande. Es ist eine neutrale Plattform, welche die Zusammenarbeit zwischen Partnern aus Industrie, Investoren und Mentoren moderiert. Daimler, Plug and Play und die Uni Stuttgart waren Gründungspartner. Mittlerweile haben sich weitere Konzerne angeschlossen, darunter mit Deutsche Post DHL auch ein Logistikunternehmen.

Sascha Karimpour, Geschäftsführer von Plug and Play Deutschland, will in Stuttgart, „einem Ort, der für Unternehmertum und Innovation stand, wieder ein Umfeld schaffen, in dem diese Themen im Mittelpunkt stehen“. Das Ziel ist eine Art schwäbisches Silicon Valley.

Defizite bei deutschen Start-ups

Bei den großen Unternehmen, aber auch bei deutschen Gründern soll ein Umdenken stattfinden. Deutschen Start-ups fehle im Vergleich zu den USA der Wille, schnell zu wachsen, Leute einzustellen und voranzukommen, findet Andy Toth, Investment-Chef bei Plug and Play Deutschland. Es gebe wenig gute Start-ups, von denen Newcomer lernen können und zu wenig hochqualifizierte Manager, die wüssten, wie man schnell ein Unternehmen zum Wachstum führen und die Technik monetarisieren könne. Als Stärken hiesiger Start-ups beobachtet Farzin Shadpour, der bei Plug and Play für den Bereich Supply Chain verantwortlich ist, eine bessere Ausbildung und solide Technik.

Zugang zu modernster Technik

Der Forschungsfabrik Arena 2036, dem Standort des Netzwerks auf dem Campus, kommt bei der Arbeit in Deutschland eine zentrale Rolle zu. Dort gibt es ein sogenanntes Lab mit modernster Technik, in dem die Start-ups ihre Ideen realisieren, Platz für gemeinsame Projekte haben und wo sich die Netzwerkpartner regelmäßig treffen.

Die eingeladenen Gründer finden so schneller zu Entscheidern. In der Regel können sich die Start-ups an die Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der großen Unternehmen wenden. „Diese stellen dann bei Interesse den Kontakt in die Geschäftsbereiche her“, beschreibt Karimpour das Vorgehen. Die Kontaktpersonen nehmen die Anforderungen aus den Geschäftsbereichen mit in die Treffen bei Startup Autobahn und versuchen dort, passende Technikpartner zu finden.

Die Start-ups, die meist aus Deutschland kommen, decken unter anderem Bereiche wie Cloud-Lösungen, Big-Data-Analysen oder Ideen zum autonomen Fahren ab. Mit dabei ist beispielweise das israelische Unternehmen Otonomo, das in einer Cloud-Lösung Daten aus Fahrzeugen sammelt, neu organisiert und die Ergebnisse vermarktet. Man arbeite bereits mit neun großen Autobauern zusammen, darunter auch Daimler, so Otonomo.

Zu den deutschen Start-ups gehört Kreatize. Gründer Simon Tüchelmann ist von der Kontaktplattform überzeugt. Sein Unternehmen ist Teil von Startup Autobahn und hat eine Cloud-Lösung für die Beschaffung entwickelt. Unternehmen, die einen Produzenten für ein Bauteil suchen, können die CAD-Daten (Computer-Aided Design) auf seine Plattform laden. Das System dient als Matching-Plattform und schlägt automatisch einen passenden Produzenten vor. „Wir bündeln in der Cloud Fertigungspartner und Kunden“, beschreibt Tüchelmann seinen Ansatz. Der Kontakt zu Porsche kam über Startup Autobahn zustande – ein erstes Pilotprojekt läuft. „Für uns war Startup Autobahn ein Sprungbrett, um schnell mit großen Unternehmen zusammenzuarbeiten“, sagt Tüchelmann. Auch andere Jungunternehmen sind begeistert. „Es ist eine beeindruckenden Initiative, um Startups und etablierte Unternehmen zusammenzubringen“, sagt zum Beispiel Marc Schmitt von der Hamburger Softwarefirma Evertracker.

Dritter Durchlauf steht bevor

Schon einige Gründer konnten von der Plattform profitieren. Im ersten Durchgang im Juni 2016 wurden 13 Start-ups ausgewählt, daraus seien 15 Pilotprojekte entstanden, sagt Karimpour. In der nächsten Runde habe das Partnernetzwerk 28 Start-ups ausgewählt. Daraus seien mehr als 50 Pilotprojekte hervorgegangen. Der dritte Durchlauf startet im September. Ende Juli haben sich die beteiligten Start-ups vorgestellt.

Die Partner versprechen sich von der Verknüpfung zwischen Automotive und Logistik – zwei Schwerpunkte von Startup Autobahn – wichtige Impulse für die Entwicklung des eigenen Unternehmens. „Wir arbeiten derzeit mit den ersten Start-ups zusammen an konkreten Anwendungen“, sagt Andreas Mündel, verantwortlich für strategische Planung und die Koordination der Start-up-Aktivitäten innerhalb der Konzernstrategie-Abteilung bei Deutsche Post DHL. „Wenn man mit der Kooperation beginnt, kommt man schnell auf weitere Fragen und Ideen, für die man dann gemeinsam mit den Start-ups Lösungen findet.“

DHL bietet reale Testumgebung

Der Logistikkonzern bietet den Gründern den Vorteil realer Testumgebungen. „Wir können unterschiedliche Anwendungsfelder kombinieren, wie zum Beispiel Logistikzentren, Zustellung auf der letzten Meile oder digitalisierte Lieferketten“, sagt Mündel. Darüber hinaus könne das Unternehmen den Start-ups den Zugang zu Kunden ermöglichen. Wenn junge Unternehmen an Themen wie Internet der Dinge oder transparenten Lieferketten arbeiten, kann es oft hilfreich sein, solche Lösungen an konkreten Beispielen zu testen.

Doch nicht nur Kontakte zwischen Großunternehmen und Start-ups sollen entstehen. Newcomer haben auch die Möglichkeit, zusammenzuarbeiten, wenn Technik aus unterschiedlichen Feldern gefordert sind. „Einer unserer Partner aus der Seefracht hatte in einem Projekt Anforderungen, zu den Bereichen Energiemanagement, Künstliche Intelligenz zur Mustererkennung von Lieferungen sowie Nachhaltigkeit. Kein Start-up konnte alle Bereiche abdecken, aber wir finden unterschiedliche Start-ups, die Teile der Lösung haben“, sagt Farzin Shadpour von Plug and Play.

Startup Autobahn

  • Innovations- und Kooperationsplattform für etablierte Unternehmen und Start-ups
  • Gründer: Daimler, der Start-up-Investor und Accelerator Plug and Play, die Uni Stuttgart und die Forschungsfabrik Arena 2036
  • Partner: Porsche, BASF, ZF, Deutsche Post DHL, Hewlett Packard Enterprise, DXC Technology
  • Standort: Arena 2036 auf dem Campus der Universität Stuttgart

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