Hybriden Speditionen gehört die Zukunft
Wem gehört die Zukunft im Speditionswesen, klassischen oder digitalen Speditionen? Diesen Blick in die Glaskugel wagte Ulrich Müller-Steinfahrt, Professor am Institut für angewandte Logistik an der Hochschule Würzburg-Schweinfurth, auf der transport logistic. Und weil der Kunde ja bekanntlich immer recht hat, durfte Frank Iden, für Logistik verantwortlicher Geschäftsführer der Hettich-Gruppe, zunächst seine Einschätzung aus Verladersicht kundtun.
Zwar arbeite der Hersteller von Möbelbeschlägen bislang noch nicht mit digitalen Speditionen zusammen, befinde sich aber bereits mit diversen Anbietern im Austausch, betonte Iden. Die drei wichtigsten Vorteile seien aus seiner Sicht die Minimierung von Fehlern bei digitalen Prozessen durch die kompetente Unterstützung des Dienstleisters, eine größere Transparenz in der Lieferkette und digitalisierte Datensätze, die zur internen Optimierung genutzt werden können.
Nicolaus Schefenacker, CEO und Mitgründer von Sennder, dürfte die Ausführungen seines Vorredners mit Freude vernommen haben. Den genannten Vorzügen von digitalen gegenüber klassischen Speditionen hatte er jedenfalls nicht mehr viel zu hinzuzufügen. Lediglich die Breite des Netzwerks mit kleinen und mittelständischen Transportunternehmen in ganz Europa, die eine hohe Kapazität sowie Flexibilität ermöglicht, sowie den Nachhaltigkeitsaspekt aufgrund der Minimierung von Leerkilometern fügte er noch an.
Moderator Müller-Steinfahrt legte den Finger daraufhin in die Wunde und konfrontierte Schefenacker mit dem häufigen Vorwurf an digitale Speditionen, kein operatives Know-how und keine Erfahrung im Speditionswesen mitzubringen. Der Sennder-Chef entgegnete, dass dieser Vorwurf zwar grundsätzlich zutreffe, aber heute, durch das Rekrutieren von gelernten Fachkräften sowie die Zusammenarbeit mit Kunden und Investoren wie Scania und Siemens in den zurückliegenden fünf Jahren, nicht mehr haltbar sei.
Nichtsdestotrotz, hob Müller-Steinfahrt hervor, sei das Wissen und die Erfahrung in klassischen Speditionen über Jahrzehnte gewachsen, und leitete damit über zu Nicola Rackebrandt, geschäftsführende Gesellschafterin bei der Sterac Transport & Logistic GmbH. Sie stellte klar, dass bei Sterac niemand mehr mit Fax und Rechenschieber arbeite; seit 2016 werde eine konsequente Digitalisierungsstrategie verfolgt, um alle standardisierten Prozesse zu automatisieren.
Allerdings, betonte sie, erfordere alles, was darüber hinausgehe, Erfahrung und operatives Know-how. Insbesondere bei der Kundenberatung während der Coronakrise sei dies bei individuellen Lösungen essenziell für das Geschäft gewesen.
Eine Antwort auf die eingangs formulierte Frage brachte der Blick in die Glaskugel zwar nicht, aber zumindest die Erkenntnis, dass die Zukunft den hybriden Speditionen gehört, die das Beste aus beiden Welten vereinen. (tb)