„Wir brauchen ein GST-Gesetz“
DVZ: Herr Kahl, im Frühjahr hat die Verkehrspolitik den Großraum- und Schwertransport (GST) als wichtiges Thema entdeckt. Runde Tische im Verkehrsministerium, die Länderregierungschefs beschäftigen sich mit den Problemen. Was ist bisher dabei herausgekommen?
Andreas Kahl: Wir haben auch lange dafür gekämpft, ein wichtiges Thema in der Verkehrspolitik zu werden! Insofern haben wir unseren Teil dazu beigetragen, dass die Verkehrsministerkonferenz den Bund gebeten hat, eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe einzuberufen. Diese soll einen Vorschlag erarbeiten, wie das Erlaubnis- und Genehmigungsverfahren beschleunigt, effizient und zeitgemäß digitalisiert werden kann.
Worum geht es denn vor allem?
Es geht um Forderungen aus unseren Positionspapieren und Gesprächsrunden. Beispielsweise um den möglichen Austausch von bauartgleichen Sattelzugmaschinen unter einer bestehenden Genehmigung. Oder die Änderung der Verwaltungsvorschriften für größere Toleranzen bei der Unterschreitung genehmigter Maße und Gewichte ebenso wie die Überarbeitung der Genehmigungsauflagen.
Wie geht es jetzt weiter?
Umfassende Vorschläge zu einer praxis- und verwaltungskonformen Überarbeitung hatten der BSK und die Verbändeinitiative GST bereits gemacht. Ende September wurden im Zuge eines Online-Meetings zu der längst überfälligen Überarbeitung der GST-Richtlinie weitere Aspekte diskutiert. Wir haben den Eindruck, dass unsere Vorschläge im BMDV ernst genommen werden. Insofern hoffen und erwarten wir, unsere Lösungsvorschläge in der überarbeiteten Fassung wiederzufinden. Auch die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist gestartet, und wir haben die Zusage, uns einbringen zu dürfen. Das Gremium wird jetzt die entsprechenden Vorschläge erarbeiten und der Verkehrsministerkonferenz vorlegen. Inwieweit die Länder den Vorschlägen dann auch zustimmen, das weiß ich natürlich noch nicht und bleibt abzuwarten. 16 Bundesländer und den Bund unter einen Hut zu bringen, ist schon eine Herausforderung.
Wenn nur einer ausschert, dann ist alles für die Katz…
…das ist ja das, was wir immer wieder kritisieren: Wir haben zu viele Beteiligte an dem Verfahren: Bund, Länder, Städte, Kommunen und viele mehr. Aber vielleicht kommen wir dieses Mal zu echten Fortschritten, das ist unsere Hoffnung. Wir sind im Dialog, die bisherigen Bekenntnisse zum GST müssen nun aber zu deutlich erkennbaren Entlastungen für unsere Branche und die Wirtschaft führen.
Wie optimistisch sind Sie, dass eine länderübergreifende Einigung gefunden wird – letztlich ist doch der Föderalismus in dieser Thematik eine sehr hohe Hürde.
Der Föderalismus ist definitiv Teil des Problems. Den können wir nur mit einem konstruktiven Dialog zwischen Bund, Ländern, Verbänden und den Unternehmen überwinden. Diesen Dialog bieten wir seit langem an. Insofern hoffe ich, dass die Ad-hoc-Arbeitsgruppe und die Länder unsere Vorschläge aufnehmen. Dies ist der Schlüssel zu einer Lösung. Aber auch die positiven Dialoge dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir als Straßengüterverkehr immer wieder rein ideologischen Ablehnungen ausgesetzt sind, auch bei den Genehmigungsverfahren, den politischen Randbedingungen bis in die Verwaltungen. Wir haben da ganz klar auch Neinsager, die alles, was der Straße möglicherweise zum Vorteil gereicht, einfach ablehnen.
Welches sind denn aus Sicht der Branche die dringendsten Themen, die politisch angegangen werden müssen?
Übergeordnet ist da natürlich zum einen die Optimierung der Infrastruktur, gerade mit Blick auf den Erhalt der Mobilität sowie der Vernetzung aller Verkehrsträger. Über die Vereinfachung und vollständige Digitalisierung des Genehmigungsverfahrens haben wir schon gesprochen. Da geht es um einen durchgängigen Prozess von der Antragstellung bis zum digitalen Beifahrer. Und, wie ebenfalls angesprochen, die Stärkung der Zusammenarbeit aller Beteiligten zur Entwicklung und Umsetzung praxisnaher Lösungen bis hin zur Aktualisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften wie auch die Umsetzung der Beleihungsverordnung.
In welche Richtung denken Sie?
Da bleibe ich bei meiner Forderung: Im Prinzip brauchen wir ein GST- Gesetz, unter dessen Dach die verschiedenen Vorschriften bezüglich der GST-relevanten Artikel aufeinander abgestimmt werden. Die vielen verschiedenen Rechtsgrundlagen werden nicht als ganzes Bündel betrachtet. Daher werbe ich dafür, die den GST betreffenden Abschnitte der verschiedenen Rechtsvorschriften zusammenzuziehen, um sie dann synchron und aufeinander abgestimmt bearbeiten zu können. Würde dieses Paket dann nicht mehr scheibchenweise, sondern in bestimmten Abständen betrachtet und überarbeitet, wäre das eine große Erleichterung für die Branche und die Verwaltungen.
Im vergangenen Jahr stand die Autobahn GmbH mächtig in der Kritik. Wie sieht es heute aus?
Sie haben völlig recht, sie war im vergangenen Jahr noch der Prügelknabe, jetzt entwickelt sie sich zum Musterknaben. Die Verantwortlichen der Autobahn bieten den konstruktiven Dialog an und arbeiten aktiv an einer Optimierung.
Und bekommen Sie Ihre Transportgenehmigungen schneller als vor einem Jahr?
Die Autobahn GmbH ist wesentlich besser geworden. Sie schafft es fast flächendeckend, ihre Zustimmung innerhalb weniger Tage zu erteilen, auch wenn es hier und da neben dem Licht auch noch Schatten bei einer Niederlassung gibt. Aber außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches gibt es andere Behörden und Regionen, in denen es sehr schleppend läuft, wo wir mehrere Wochen und länger auf Genehmigungen warten müssen. Aber in der Fläche ist es längst nicht mehr so schlimm wie vor ein, zwei Jahren.
Die Konjunktur schwächelt. Mit der Bauwirtschaft sowie dem Maschinen- und Anlagenbau leiden mindestens zwei Ihrer Kernkundenbranchen unter einer Auftragsflaute. Wie schlägt das auf die GST-Unternehmen durch?
Es ist schon spürbar, dass die Bauwirtschaft nicht läuft. Selbst wenn die Investitionssummen für Vorhaben der öffentlichen Hand gleich bleiben, heißt das angesichts der Preissteigerungen, dass faktisch weniger gebaut wird. Dann ist entsprechend weniger zu transportieren. Diese Schwäche am Bau wird sich bis weit ins nächste Jahr hinziehen, von Erholung kann keine Rede sein, auch die Maschinen- und Anlagenbauer leiden darunter. Wir spüren das in einer deutlich sinkenden Transportnachfrage.
Wir können es uns wirklich nicht leisten, mit kleinen Preisen um uns zu werfen. Andreas Kahl
Führt die Entwicklung in Verbindung mit dem Fahrermangel zum Abbau von Kapazitäten?
Es ist schon von Vorteil, wenn Sie zu dem Lkw auch einen Fahrer haben…Insgesamt ist deshalb bei den Personalkosten ein massiver Anstieg zu sehen. Trotzdem haben wir in der Branche Probleme, alle Fahrzeuge vernünftig zu besetzen.
Dann ist weniger der Auftragsmangel das Problem; wer Fahrer hat, hat auch genug zu fahren.
Das geht in die Richtung und hat in der Situation dann auch mal den positiven Effekt, dass wir trotz der schwächeren Auftragslage eine gute Chance haben, uns unsere Leistung einigermaßen bepreisen zu lassen. Aber natürlich führen Schwächen in der Konjunktur auch immer dazu, dass Auftraggeber versuchen, die Preise zu drücken.
Mit welchen Auswirkungen?
Die Unternehmen in unserer Branche sind nicht alle gleich aufgestellt. Wir haben auch genug Betriebe dabei, deren Kapitaldecke vielleicht etwas dünner ist. Da hat der Preisdruck der Verlader auch immer wieder an irgendeiner Stelle Erfolg. Wir haben aber massive Kostensteigerungen bei den Investitionen, den Personalkosten und große Ansprüche in Sachen Digitalisierung. Wir haben Investitionsbedarf an allen Fronten und können es uns wirklich nicht leisten, mit kleineren Preisen um uns zu werfen. Also die Frachten müssen schon angemessen an diese Kostensteigerungen angepasst werden, wir kommen um höhere Preise nicht herum.
Was erwarten Sie denn für das kommende Jahr?
Ich hoffe für unsere Branche und unsere Wirtschaft, dass der Dialog mit Vertretern aus Bund, Ländern, Kommunen, den Verbänden und der Industrie weitergeht und zu nachhaltig positiven Veränderungen führt; dass die Bedeutung unserer Branche für Wirtschaft, Infrastruktur und die Energieversorgung auch dem letzten Ideologen bewusst wird. Und ich wünsche mir, dass wir zeitnah die Vision eines GST-Gesetzes realisieren können und dass es uns gelingt, auf dem Weg zu einem neuen, digitalen, transparenten, zeitgemäßen und praktikablen Genehmigungsverfahren weiterzukommen.