Diese fünf Fragen sind für 2025 entscheidend
Es gehört nicht viel Fantasie dazu, vorherzusagen, dass das neue Jahr wirtschaftlich ähnlich herausfordernd wird wie das alte. Die Rahmenbedingungen haben sich über den Jahreswechsel nicht verbessert. Die Wirtschaftsweisen sagen ein Wachstum von gerade einmal 0,4 Prozent in Deutschland voraus. Das ist zwar mehr als die 0,1 Prozent Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in 2024. Aber mal ehrlich: 0,4 Prozent bedeuten Stagnation.
Auch viele Logistiker sind mit ihrem Ausblick äußerst zurückhaltend. Die meisten Akteure rechnen frühestens zur Jahreshälfte mit einer Wirtschaftsbelebung. Und in einigen Teilsegmenten wie der Automobillogistik wird das Jahr im Grunde schon abgeschrieben, bevor es richtig begonnen hat.
Dennoch wird sich auch 2025 einiges verändern. Nur was? Fünf Fragen sind für den Verlauf des Jahres entscheidend.
Erstens: Gelingt es der nächsten Bundesregierung, Vertrauen zurückzubringen und die Wirtschaft zukunftsfähig zu machen? Ersteres ist so wichtig, da die Investitionen der Wirtschaft und der Konsum der Verbraucher entscheidend sind für ein Anziehen der Wirtschaft im neuen Jahr. Dabei hängt dieses von der Zuversicht ab, dass die Rahmenbedingungen stimmen und politische Entscheidungen wieder eine Verlässlichkeit haben.
Zugleich muss die neue Regierung den Rahmen so setzen, dass die Transformation der deutschen Wirtschaft endlich Fahrt aufnimmt. Es reicht nicht mehr, auf Innovationen „made in Germany“ zu setzen, die vor 100 oder 50 Jahren getätigt wurden. Es braucht neue Erfindungen und neue Geschäftsfelder müssen erschlossen werden, was wiederum Auswirkungen auf den Kundenmix von Logistikdienstleistern hätte.
Zweitens: Schafft die deutsche Automobilbranche ein Comeback? Diese Frage ist eng mit der ersten verbunden. Die hiesigen OEMs haben deutlich an Boden, teilweise sogar den Anschluss verloren. Dies ist in Teilen selbstverschuldet – vor allem durch eine verfehlte Modellpolitik und eine zu langsame Digitalisierung. Allerdings leidet die Branche auch wie kaum eine andere unter den schlechten Rahmenbedingungen. Diese bescheren den Autobauern massive Nachteile, vor allem bei den Energie- und Arbeitskosten. Da Automotive weiterhin das wichtigste Teilsegment im deutschen Logistikmarkt ist, ist eine erfolgreiche Transformation des Sektors auch essenziell für die Logistikbranche.
Drittens: Gelingt es, die Infrastrukturengpässe zu verringern? Die vielen Baustellen auf der Straße und vor allem auf der Schiene waren 2024 die größte Herausforderung im operativen Geschäft vieler Logistiker. Mit einer schnellen Entspannung ist nicht zu rechnen. Die Verkehrsinfrastruktur muss weiterhin mit aller Kraft modernisiert werden.
Hinzu kommt: Im alpenquerenden Verkehr werden die Engpässe eher noch zunehmen, da etwa die Luegbrücke in diesem Jahr saniert wird. Zudem müssen sich Logistiker darauf einstellen, dass es auch 2025 zu Naturkatastrophen wie Überschwemmungen kommt, welche die Infrastruktur in Mitleidenschaft ziehen. Jene im Juni 2024 in Süddeutschland und den angrenzenden Ländern waren nur ein Vorgeschmack.
Viertens: Wie geht es mit der Neuordnung der Lieferketten weiter? Die größten Auswirkungen auf die globalen Supply Chains hatten im vergangenen Jahr der Konflikt in Nahost und die daraus folgenden Attacken der Huthi-Rebellen im Roten Meer, welche die Reeder dazu zwangen, den Umweg um das Kap der Guten Hoffnung zu nehmen. Sollte sich die Lage in Nahost entspannen, würden sich die Rahmenbedingungen in der Containerschifffahrt fundamental ändern. Ob zum Besseren, hängt vom jeweiligen Standpunkt der Beteiligten ab.
Allerdings rückt ein anderer Krisenherd zunehmend in den Fokus: Taiwan. China tritt zunehmend aggressiv auf und betreibt immer häufiger Grenzüberschreitungen. Experten gehen davon aus, dass dies den Sinn hat, das taiwanesische Militär zu zermürben. Eine weitere Taktik könnte sein, dass die chinesische Küstenwache Frachtschiffe nach Taiwan mit Bezug auf Zollfragen anhält oder an der Einfahrt in taiwanesische Häfen hindert. Beide Entwicklungen sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass Peking die kommenden vier Jahre einigen Einschätzungen zufolge als zentrales Zeitfenster sieht, um eine Wiedervereinigung mit dem Inselstaat zu forcieren. Für die globalen Lieferketten ist die Entwicklung brandgefährlich, da etwa die Hälfte des Welthandels durch die Taiwanstraße geht.
Fünftens: Schreitet die Konsolidierung in der Logistikbranche voran? Eine der größten Überraschungen des abgelaufenen Jahres war die Vielzahl an vor allem kleineren Fusionen und Übernahmen gerade im deutschen Logistikmarkt. Es ist davon auszugehen, dass der Trend anhält. Denn viele Mittelständler haben weiterhin Probleme, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden. Immer mehr geben auch auf – ob der unsicheren wirtschaftlichen Aussichten und der immer größeren regulatorischen Anforderungen. Ferner haben ausländische Logistiker weiterhin ein großes Interesse an deutschen Anbietern und kaufen nur zu gerne zu.
Zugleich könnte es auch bei den großen Deals wieder mehr Bewegung geben, nachdem es hier 2024 – die Großübernahme von Schenker durch DSV einmal ausgenommen – in Summe recht ruhig war. Allerdings sind die Ende vergangenen Jahres verkündeten Ambitionen von C.H. Robinson in der Überseespedition und die Abspaltung von Fedex Freight von Fedex ein Hinweis darauf, dass hier womöglich neues Momentum entsteht. Tritt C.H. Robinson als Käufer in der See- und Luftfracht auf? Und hält Fedex an seiner Sparte Fedex Logistics fest?
Diese fünf zentralen Fragen sind damit für 2025 entscheidend. Wie die Antworten darauf ausfallen, ist aber auch für die Zeit danach essenziell.