Daniel Jocher: „Logistik ist eine der coolsten Branchen“
Es wird immer schwieriger, junge Menschen für die Logistik zu begeistern. Der Junior-Chef der Spedition Group 7 spricht über seinen Einstieg in die Branche, die Rolle der sozialen Medien für die Personalgewinnung und das stärkste Argument, mit dem gepunktet werden kann.
DVZ: Es gibt viele Wege, in der Logistik anzukommen. Sie haben ein duales Studium gewählt. Welche Vorteile hat das für Sie gebracht?
Daniel Jocher: Dass ich in die Logistik wollte, war für mich schon immer klar. Ich habe die Branche über Praktika kennengelernt und da gab es für mich keine Alternative. Aber es gibt diverse Ausgangspunkte, um in die Logistik zu starten. Ob über eine kaufmännische Ausbildung, den Weg als Fachkraft für Lagerlogistik oder ein Betriebswirtschaftsstudium mit Fachrichtung Logistik – aber das alles hat nicht hundertprozentig zu mir gepasst. Deswegen habe ich mich für den Weg des dualen Studiums entschieden, um hier Theorie und Praxis ideal verknüpfen zu können. Dabei konnte ich mein erlerntes, theoretisches Wissen direkt in meinen darauffolgenden Praxisphasen anwenden und auch testen, wie sich welcher Ansatz umsetzen lässt – oder auch nicht.
Zusammen mit Ihrer Schwester Julia tragen Sie bereits in jungen Jahren ziemlich viel Verantwortung im Unternehmen. Wie geht es Ihnen in dieser Rolle?
Das war von Anfang an kein leichter Weg, keine Frage. Aber meine Schwester, mein Vater und ich haben uns auch von Anfang an einen sehr detaillierten Einarbeitungsplan überlegt, der sich über mehrere Jahre erstreckt. Das war uns sehr wichtig, genauso wie der Ansatz, dass ich von Anfang an Entscheidungen treffen und Verantwortung tragen durfte Es war also schon ein Sprung ins kalte Wasser.
Ein Beispiel: In meiner Zeit als dualer Student durfte ich schon eigene Projekte übernehmen und sie eigenverantwortlich weiterentwickeln. Als ich dann mein Studium abgeschlossen hatte, durfte ich mich sofort um einige Großkunden kümmern und auch hier die gemeinsame Zusammenarbeit ausbauen. Mir macht es einfach wahnsinnig viel Spaß, mich neuen Herausforderungen zu stellen und dadurch neue Erfahrungen zu sammeln.
Über das Image der Logistik ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben und gesprochen worden. Kann die Branche cool werden oder ist sie es vielleicht schon?
Ich sage mal ganz klar: Die Logistik ist eine der coolsten Branchen, die es gibt – auch wenn das leider noch nicht alle gemerkt haben. Aber das liegt tatsächlich an dem Image der Logistik selbst. Die Logistik ist cool, verkörpert das aber nicht nach außen. Wenn ich so auf die aktuellen Entwicklungen schaue mit den sehr anfälligen Lieferketten, dann merkt man, dass die Geschäftsmodelle vieler Unternehmen auf einer exzellenten Logistik aufgebaut sind.
Was mögen Sie an Ihrem Beruf am meisten?
Mir gefällt an meinem Beruf vor allem die Abwechslung – kein Tag ist wie der andere. Allein, wenn ich die vergangene Woche Revue passieren lasse: Ich hatte eine Baubesprechung zu unserem Neubau in Hamburg, ich hatte einen sehr wichtigen Termin mit einem Kunden, wo es um Vertragsverhandlungen ging, und ich hatte einen Termin mit einem internationalen Partnerunternehmen aus Übersee. Jede Woche unterscheidet sich von der vorherigen und das ist sehr spannend.
Gerade in dieser Zeit, die geprägt ist von Infrastruktur-Problemen, von Lockdowns, von Kriegen, müssen schwierige Entscheidungen getroffen werden. Routen wir Container um, wenn der Hafen geschlossen ist? Oder vertrauen wir darauf, dass der Betrieb wieder läuft, bis das Schiff ankommt? Solche Entscheidungen müssen tagtäglich getroffen werden.
In der Wirtschaft ist der Wettbewerb um Nachwuchskräfte enorm. Mit welchen Argumenten würden Sie einen potenziellen Azubi von der Branche überzeugen?
Das ist eigentlich ganz einfach: Man muss ihm oder ihr nur aufzeigen, dass man tagtäglich mit den verschiedensten Kulturen der Welt in Kontakt ist. Heute bekommt man einen Anruf aus Shanghai, morgen eine Mail aus Boston, das ist faszinierend. Wir als Group 7 sind zum Beispiel mit jedem Land der Welt vernetzt und das überzeugt potenzielle Azubis schon von Anfang an. Aber für die, die noch nicht ganz überzeugt sind, machen wir vieles darüber hinaus: Beispielsweise haben wir im vergangenen Jahr ein Azubi-Umweltteam gegründet, das nachhaltige Umweltprojekte identifiziert und sich eigenständig darum kümmert. Eines der laufenden Projekte ist, für Bienen oder Vögel ein neues Zuhause zu schaffen und Biotope wieder aufblühen zu lassen. Ein anderes Projekt dreht sich darum, wie wir ressourcenschonender agieren können. Darüber hinaus haben wir einen Wettbewerb ins Leben gerufen, bei dem Azubis durch besondere Leistungen oder Projekte sogenannte ‚Meilensteine‘ in ihrer Ausbildung sammeln können, um am Ende dafür eine kleine Belohnung zu bekommen.
Die potenziellen Azubis muss man natürlich erst einmal treffen …
Richtig, und da gibt es heutzutage sehr viele Möglichkeiten: Da gibt es die klassischen Ausbildungsmessen oder die Berufs-Informations-Tage – da geht mittlerweile wieder einiges. Daneben sind wir in den Social Media ziemlich aktiv, sind also da, wo sich die potenziellen Azubis sowieso schon in ihrer Freizeit bewegen. Dort möchten wir sie von uns und von der Logistik überzeugen. Aber dabei ist es ganz wichtig, nicht aufdringlich für das Unternehmen zu werben. Vielmehr sollte es darum gehen, die Mehrwerte zu vermitteln, welche die Branche und – natürlich – das eigene Unternehmen bieten können.
Transport und Logistik werden immer gebraucht. Inwieweit zählt das Argument ‚sicherer Arbeitsplatz‘ bei der jüngeren Generation?
Das kommt tatsächlich sehr gut an, wenn ich in Schulen unterwegs bin und Vorträge halte. Gerade in diesen unsicheren Zeiten wird das Thema Zukunftssicherheit immer wichtiger. Junge Menschen wünschen sich angesichts von Corona, Krieg, dem drohenden Gasstopp und den ungelösten Umweltthemen schon Gewissheit und Stabilität – und das kann die Logistik bieten.
Die Befriedigung in seiner Arbeit zu finden ist sicherlich ein starker Antrieb für aktuelle und künftige Berufseinsteiger, aber es geht auch um das Thema Karriere. Da sind die Möglichkeiten in jedem Unternehmen begrenzt. Wie können Sie da vermeiden, dass es zu Unzufriedenheit kommt?
Jeder Mensch ist anders. Der eine will Führungskraft werden, der andere will sich horizontal zum Spezialisten entwickeln. Wir bieten da sehr gute Chancen für alle Kollegen und Kolleginnen. Wir sind kein Konzern, bei dem die Mitarbeiter bestimmte Wege einhalten müssen, um Karrieresprünge zu machen. Unsere Mitarbeiter können sich individuell entwickeln.
Ein Beispiel: Wir haben einen hervorragenden Projektmanager, der sehr gut mit dem Thema Prozessteuerung zurechtkam. Aber er fühlte sich auch in der IT-Welt ungemein wohl und wusste nicht genau, für welchen Weg er sich entscheiden sollte. Wir haben dann für ihn eine neue Stelle geschaffen: als IT-Koordinator. Seine Aufgabe ist jetzt, als Schnittstelle zwischen Logistik und IT zu fungieren. Darum geht es letztlich: Wer hat wo welche Stärken und wie kann er oder sie sich am besten weiterentwickeln.