Eine eigene Handschrift als Ziel

Beim Hamburger Maschinenbaukonzern Körber hat Kerstin Höfle ihre berufliche Erfüllung gefunden. Dort kümmert sie sich um Produktentwicklung und Innovation für die Logistik.

Kerstin Höfle wurde von der Logistik erst gepackt, als es während des Studiums an der Uni Bremen durch Besuchen bei Eurogate und BLG Logistics praxisnah wurde. (Foto: Körber)

Als Kind sah sie ihre Zukunft hinter dem Apothekentresen ihres Vaters. Dort kann man sich Kerstin Höfle auch durchaus vorstellen. Der Logistik wäre jedoch eine Frau verloren gegangen, die für die Branche brennt und andere in ihren Bann ziehen kann, etwa auf dem Deutschen Logistik Kongress (DLK/ab 2024 „BVL Supply Chain CX“) in Berlin. So hatte sie für ihre Moderation einer Session zum Thema KI im Jahr 2022 ChatGPT die Fragen aus dem Programmheft gestellt – für viele Besucher die wohl erste Begegnung mit dem gerade gestarteten Chatbot.

Da die gebürtige Bremerin trotz aller Begeisterung für Naturwissenschaften und Leistungskurse in Mathe und Chemie auch früh das Unternehmerische reizte, entschied sie sich letztlich dazu, Wirtschaftsingenieurin zu werden. „Einen Masterplan für Logistik hatte ich aber nicht“, erinnert sich die 38-Jährige. Der Funke sprang erst während des Studiums an der Uni Bremen über, als es mit Besuchen bei Unternehmen aus der Branche wie Eurogate und BLG Logistics praxisnah wurde.

Praxisbezug muss sein

Auch beim wissenschaftlichen Arbeiten als studentische Mitarbeiterin am Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA) war ihr ebenso wie bei ihrer Promotion zum Thema „Informationsbedarf von Logistikunternehmen in strategischen Entscheidungen“ an der Uni St. Gallen immer der Bezug zur Praxis wichtig.

Statt in die Wissenschaft ging sie also zu Swisslog, wo sie unter anderem im Bereich IP & Strategy und Digital Products tätig war. „In der Zeit bin ich auch immer näher an die Technik herangerückt“, berichtet Höfle. 2018 wechselte sie als Head of Technology zum Hamburger Maschinenbaukonzern Körber. Seit 2021 ist sie stellvertretende Geschäftsführerin für Forschung und Entwicklung sowie zuständig für das Produktmanagement bei Körber Supply Chain mit Sitz in Konstanz, wo derzeit rund 2.900 Mitarbeiter tätig sind.

Ebenfalls zu ihrem Arbeitsschwerpunkt gehören Innovationen mit Blick auf den Markt und neue technologische Entwicklungen. Doch auch intern arbeitet sie mit ihrem Team an neuen Ideen. Neben viel Strategieentwicklung im Hinblick auf das Produktportfolio, Innovationen und neue Technologien besteht ein Großteil von Höfles Tätigkeit in der Führung ihres Unternehmensbereichs.

In den Ländergesellschaften gibt es jeweils einen speziellen Produktfokus, in Dänemark etwa das Layer Picker Portfolio, das heißt Depalletierlösungen. „Aus Deutschland heraus kümmern wir uns um Software und Automatisierung, und in Portugal haben wir unser gesamtes Palett Handling Equipment, also etwa Fördertechnik und Regalbediengeräte“, so Höfle. Pro Landesgesellschaft gibt es jeweils einen Entwicklungsleiter und Produktmanager, die ihre direkten Ansprechpartner sind.

„Die Logistik ist für mich eine Herzensangelegenheit.“ Kerstin Höfle, stellvertretende Geschäftsführerin für Forschung und Entwicklung bei Köber Supply Chain

Die Führung in einer Matrix-Struktur zählt auch zu den Herausforderungen: „Unser Geschäftsbereich ist groß geworden durch Zukäufe und Ländergesellschaften“, berichtet die Wirtschaftsingenieurin. „Vorher waren das eigenständige Firmen mit verschiedenen Unternehmenskulturen und länderspezifischen Mentalitäten, Reifegraden und Erfahrungshintergründen. Diese zusammenzuführen bezeichne ich als einen meiner Schwerpunkte.“ Geholfen haben ihr dabei die zehn Jahre in der Schweiz. Zudem sei es ihre Stärke, zu verbinden, Netzwerke aufzubauen sowie diese zu pflegen.

Einmal pro Quartal ist sie vor Ort in verschiedenen Standorten, was etwa eineinhalb Reisen im Monat entspricht. Ansonsten arbeitet Höfle von Heilbronn aus remote in der Cloud, wo sie mit ihrem Lebensgefährten lebt. Mit ihm genieße sie das Leben. Sie treibe viel Sport, etwa Laufen und Crossfit. Reisen schätze sie auch, „vor allem mag ich nach zehn Jahren in der Schweiz natürlich die Berge zum Radfahren, Wandern und Skifahren“. Am Wochenende darf es gerne eine Mischung aus sehr gutem Frühstück, Bewegung und einem geselligen Abend unter Freunden sein.

Karriere machen ist nicht ihr Ding

Obwohl ihr Lebenslauf sehr gradlinig ist, unterstreicht Höfle, dass sie diesbezüglich nie eine Vision oder einen roten Faden hatte. Sie habe eigentlich immer gesagt: „Ich will keine Karriere machen, ich möchte meine Sache aber gut machen.“ Geholfen haben ihr dabei immer Mentoren – auch wenn das nicht formalisiert war. „Jetzt kann ich zwar die Karriere nicht mehr leugnen, würde aber den Ball umdrehen und sagen, ich hab das ganz gut gemacht.“ Und wenn man Sachen gut mache, öffneten sich auch neue Türen.

„Ich habe aber schon eine Mission in der Branche, weil die Logistik für mich eine Herzensangelegenheit ist“, unterstreicht Höfle, die sich deshalb auch ehrenamtlich engagiert. Dazu zählen beispielsweise Vorlesungen an der Uni. Zudem war sie seit 2021 zunächst Mitglied des Beirats der Bundesvereinigung Logistik (BVL) und ist Mitglied der Konzeptgruppe für den DLK. „Das mache ich noch so als Hobby“, schmunzelt Höfle, die natürlich auch sonst keinen Nine-to-five-Job hat. „Aber das ist gut ausbalanciert. Und man kann in solchen Aufgaben nur erfolgreich sein, wenn man dafür auch eine Leidenschaft hat.“

Am meisten begeistern sie an der Logistik die Vielfältigkeit und dass sie den Wandel begleiten kann. „Die Branche wird immer attraktiver“, findet Höfle. In Bezug auf ihre berufliche Zukunft will sie zwar keine bestimmte Position erreichen, sieht sich aber auf jeden Fall weiterhin in der Wirtschaft. Worauf sie irgendwann zurückblicken möchte, weiß sie ganz genau: „Ich möchte mich irgendwann umdrehen und sagen können: Das trägt meine Handschrift.“ (jpn)

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