Beste Nachwuchsspediteurin: Auf Umwegen zum Wunschjob
Wer mit Laura Cristin Egerer zusammenarbeitet, ist bei Bürounfällen in guten Händen – und muss Hunger auf Süßes eher selten fürchten. Die 26-Jährige, die bei dem Logistikunternehmen Egetrans in Marbach arbeitet, hat schon als Schülerin eine Sanitätshelfer-Ausbildung gemacht und kennt sich mit dem Verarzten von Blessuren aus. Außerdem backt sie gern und lässt das Arbeitsumfeld öfter an Käsekuchen oder Schokotorte teilhaben.
Die junge Frau aus Ludwigsburg bei Stuttgart hat aber auch bewiesen, dass sie mit anspruchsvollen logistischen Aufgaben prima zurechtkommt: Beim diesjährigen Wettbewerb Young Freight Forwarder Germany Award belegte die Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistung Platz eins. Sie habe „diesen Drang“, sich „in die Dinge reinzufuchsen und herauszufinden, wie es funktioniert“, sagt Egerer, die trotz einer humorvollen Art sehr diszipliniert und selbstreflektiert wirkt.
Nach einer Karriere in der Logistik hatte es für sie zunächst allerdings nicht ausgesehen, denn die Tochter eines Bauingenieurs und einer Bankkauffrau hatte erst einmal zwei Studiengänge ausprobiert. Nach dem Abitur auf der Waldorfschule hatte die junge Frau, die gern liest, in einer Orientierungsphase zwei Semester Philosophie in Stuttgart belegt, bevor sie sich an der Universität Mannheim für Politikwissenschaft und BWL einschrieb, alles Fächer, die sie schon vorher interessiert hatten. Daneben lernte sie die wirtschaftliche Praxis kennen – als Mitarbeiterin eines Herrenausstatters, dann als Theken- und Organisationskraft eines Mannheimer Cafés und Restaurants.
Nach drei Jahren in Mannheim beendete sie ihre akademische Phase. Das Studium sei „hochinteressant, aber sehr theoretisch“, erinnert sich Egerer, die dabei allerdings eine wichtige Erkenntnis gewonnen hat: „Ich brauche den praktischen Bezug zu den Dingen, die ich lerne. Ich möchte das, was ich lerne, auch einsetzen können.“
„Ich brauche den praktischen Bezug zu den Dingen, die ich lerne.“ Laura Cristin Egerer
Die Suche nach einer praxisbezogenen Ausbildung, die ihre Begabungen mit ihren Interessen verbindet, lenkte den Blick auf die Logistik- und Speditionsbranche sowie die Industrie. Den Ausschlag gab letztlich der Bewerbungsprozess bei der Egetrans Internationale Spedition, in dem sie schnell merkte: „Das passt.“ Das Unternehmensleitbild und die Menschen seien sehr sympathisch und hätten sie überzeugt.
Leidenschaft für den Import
Wegen eines glatten Einserschnitts im ersten Berufsschuljahr wurde ihre Ausbildung um sechs Monate auf zweieinhalb Jahre verkürzt, parallel „wanderte“ sie durch die Abteilungen der Firma und entdeckte eine Leidenschaft für den Import. Es sei die Vielfältigkeit, die sie begeistert, sagt Egerer. Jeden Tag passiere etwas Neues, zudem seien hier alle Verkehrsträger vereint. Als sich nach dem Ende ihrer Ausbildung im Januar abzeichnete, dass eine Gruppenleiterstelle zu besetzen ist, hob sie die Hand – und wurde eingearbeitet. Sie übernehme gern Verantwortung, wenn ihr etwas Spaß mache, erklärte die frisch gebackene Preisträgerin, die seit Juni „im Amt“ ist.
Erfahrung im Anleiten hatte sie schon bei den früheren Arbeitgebern gesammelt – und als Assistentin eines Tanzlehrers zur Schulzeit. Nun freut sie sich über die Unterstützung des Teams und schätzt den Kontakt zu den Kunden und das Feedback, wenn mal wieder „das Unmögliche doch noch möglich“ gemacht wurde. „Das ist ein persönlicher Erfolg.“ Eine gewisse Auslandserfahrung brachte sie zusätzlich mit: Weil ihre Eltern in den 1980er Jahren ihre Liebe zu Irland entdeckten und dort ein Häuschen haben, hat sie dort schon sehr viel Zeit verbracht. In ihrer Freizeit malt sie außerdem gern, joggt und spielt Golf.
Auf den Nachwuchswettbewerb, der jedes Jahr vom Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) und der DVZ ausgeschrieben wird, machte ihre Ausbilderin sie aufmerksam. Die Aufgabenstellung hatte es in sich. Es galt, für eine Schiffsreparatur im südkoreanischen Busan den Transport von drei unterschiedlichen Teilpartien aus Hamburg, Shanghai und Busan so zu organisieren, dass alles zeitgerecht eintrifft. Die Jury gab ihr nach intensiver Debatte den Zuschlag.
Egetrans ist „sehr stolz“ auf seine Mitarbeiterin und seine Ausbildung. „In der Logistik ist der direkte Weg nicht immer der beste“, so das Unternehmen auf seiner Homepage.
Teilnahme am globalen Wettbewerb der FIATA
Egerer wird Deutschland nun beim globalen Wettbewerb der Weltspeditionsorganisation FIATA vertreten. Zum Gewinn gehört zudem ein 2.000-Euro-Wertgutschein für Fortbildungen, den die junge Frau für einen Sprachkurs oder eine Weiterbildung in Sachen Zoll verwenden möchte, „ein Thema, das sich konstant ändert“.
Und ihre Ziele für die Zukunft? In ihrem Beruf zufrieden und glücklich zu sein, lautet die offene Antwort. „Ich habe in meinem Beruf eine Leidenschaft gefunden.“ Ihr fällt der Spruch ein: „Wenn man seinen Job liebt, arbeitet man keinen einzigen Tag.“ Das stimme so natürlich nicht, aber „irgendwas“ sei da schon dran, sagt Egerer mit einem Lachen. (jpn)