Logistikjobs: Hier klaffen die größten Lücken

Die Jobplattform Indeed hat durchleuchtet, wie sich der Bedarf der Transportbranche an neuem Personal in den vergangenen zweieinhalb Jahren entwickelt hat. Die Analyse zeigt wenig Erfreuliches. Sie dürfte die Diskussion zur Fachkräftesituation in der Logistik bei dem für heute in Berlin geplanten Austausch zwischen der Branche und dem Verkehrsministerium anheizen.

Ältere Fahrer zu ersetzen, ist fast zum Ding der Unmöglichkeit geworden. (Foto: iStock)

Sie werden immer gebraucht und sorgen für die Stabilität der Lieferketten: Arbeitskräfte in der Logistik- und Transportbranche sind immens wichtig, in Deutschland jedoch rar. Je nach Position suchen Unternehmen bei neun von zehn offenen Stellen länger als 60 Tage nach Arbeitskräften. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse der Jobplattform Indeed.

Deren Experten haben die in den vergangenen zweieinhalb Jahren auf der Plattform veröffentlichten Logistik-Stellenangebote unter die Lupe genommen – und wenig Erfreuliches festgestellt. So hat sich die Zahl der Stellenanzeigen in der Branche in diesem Zeitraum nicht nur beinahe verdoppelt, viele bleiben überproportional lange aktiv. Daraus lässt sich ableiten, dass auch die Zahl der Stellen, die von den Unternehmen nicht besetzt werden konnten, in diesem Zeitraum erheblich gestiegen ist.

Zum Vergleich: Die Gesamtzahl der offenen Stellen, die über die Plattform ausgespielt wurden, ist in 2022 langsamer gestiegen als in den Jahren zuvor – und es zeichnet sich zum Jahresende sogar eine leichte Trendumkehr ab. In der Logistik- und Transportbranche hingegen ist der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften nach wie vor groß – mit weiter steigender Tendenz.

Intensiver Wettbewerb

„Alle derzeitigen wirtschaftlichen Unwägbarkeiten bremsen die Dynamik der Personalsuche bisher nicht ab. Im Bereich Transport und Logistik ist der Wettbewerb um Arbeitskräfte sogar intensiver denn je“, sagt Annina Hering, Ökonomin im Indeed Hiring Lab. Hering führt die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften darauf zurück, dass immer mehr Produkte online bestellt und geliefert werden. Hinzu kommen ­saisonbedingte Hochzeiten wie das Weihnachtsgeschäft, zu denen zusätzliches Personal eingesetzt werden muss.

„Das Geschäft zu Jahresende wird 2022 besonders herausfordernd, da sich die Quote an Arbeitssuchenden auf einem Allzeittief befindet. Es ist daher für Unternehmen wichtig, frühzeitig die Personalgewinnung zu starten, um für den Jahresendspurt gewappnet zu sein“, empfiehlt die Personalexpertin.

Vor allem im kaufmännischen Logistikbereich werden immer mehr Menschen gesucht. So ist die Zahl der Stellenanzeigen laut der Analyse im Betrachtungszeitraum um 82 Prozent gestiegen. Ähnlich sieht die Lage beim Fahrpersonal aus: Hier wurden 81 Prozent mehr Stellen ausgeschrieben, als vor zweieinhalb Jahren. Besonders gefragt sind auch Fachkräfte für die Lagerhaltung: Hier hat sich die Anzahl der Stellenanzeigen mit einem Plus von 89 Prozent nahezu verdoppelt.

Gute Chancen für Fahrer

Den Indeed-Daten zufolge bleiben insbesondere Fahrerjobs länger als 60 Tage unbesetzt. Hier sind  rund 58 Prozent der ausgeschriebenen Stellen offen – das ist der Spitzenwert bei den Vollzeitstellen. Dabei ist besonders dieser Job abhängig von neuen Arbeitskräften: Laut dem Statistischen Bundesamt waren 2021 rund 35 Prozent der Lkw-Fahrer mindestens 55 Jahre alt. Nur 3 Prozent waren hingegen jünger als 25 Jahre.

Auch bei der Bahn wird nach Personal gesucht: Besonders als Lokrangierführer stehen die Chancen auf einen Job gut. Die Quote der unbesetzten Stellen liegt bei 54,9 Prozent. Auch der Beruf des Fahrdienstleiters, der für die Koordination von Zugfahrten verantwortlich ist, verspricht eine sichere Anstellung: Aktuell beträgt die Quote 48,9 Prozent.

Eine Sondersituation hat sich in diesem Jahr bei den Tankwagenfahrern ergeben. Da seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine die Nachfrage an Heizöl in Deutschland gestiegen ist, werden hier zurzeit deutlich mehr Stellen ausgeschrieben, und davon sind 47,7 Prozent noch nicht besetzt.

Kaum Nachwuchs in Sicht

Laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag blieben in 2021 über alle Branchen hinweg mehr als ein Drittel aller Ausbildungsplätze und Lehrstellen unbesetzt – und dieser Trend macht sich insbesondere in der Logistikbranche bemerkbar. Das bestätigt die Indeed-Analyse und zeigt, dass sich die Lage auch künftig wenig bessern wird. Ein markantes Beispiel: Die Ausbildung zum Fahrdienstleiter scheint besonders unattraktiv für den Nachwuchs zu sein. Rund 93 Prozent der ausgeschriebenen Stellen wurden im Erhebungszeitraum über sehr lange Zeit hinweg nicht besetzt.

Auch wenn es um die Ausbildung zur Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen geht, haben die Unternehmen große Mühe, den Nachwuchs zu begeistern. Rund 92 Prozent der ausgeschriebenen Stellen sind unbesetzt. Weniger dramatisch, aber ebenfalls alarmierend ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze in der Lagerwirtschaft. Nur 40 Prozent der ausgeschriebenen Stellen zur Ausbildung als Fachlagerist konnten besetzt werden.

Die Lage bleibt angespannt

Eine Entspannung auf dem Logistik-Arbeitsmarkt ist nicht in Sicht. Tatsächlich stieg laut Indeed die Anzahl der Stellenanzeigen in Deutschland zwischen dem Februar 2020 und heute um 55 Prozent. Damit ist die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften hierzulande höher als in Frankreich (plus 49 Prozent), dem Vereinigten Königreich (plus 44 Prozent) und den Niederlanden (plus 43 Prozent). Allerdings verläuft die Wachstumskurve beim Jobangebot-Aufkommen in allen Ländern mittlerweile flacher.

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