DVZ Flash: Wege aus dem LNG-Dilemma
Einen höheren Anteil von Bio-LNG im Kraftstoffmix und einen niederschwelligen Zugang zu zinsfreien Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) fordert der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik angesichts der exorbitant gestiegenen Gaspreise. Dies seien kurzfristige Lösungen, um Unternehmen zu helfen, die in den vergangenen Jahren in Gas-Lkw investiert haben. Mit seinen Vorschlägen hat er sich an die Ministerien für Digitales und Verkehr, Wirtschaft und Klimaschutz sowie für Finanzen gewandt. Nach Aussage des energiepolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, prüft das Wirtschaftsministerium bereits Lösungen.
Grund für den Vorstoß ist die aktuelle Lage bei den Gas-Lkw. Unternehmen, die die staatliche Kaufprämie für Gas-Lkw genutzt haben, lassen die Fahrzeuge nun stehen, weil sie im Betrieb erhebliche Mehrkosten verursachen und somit nicht mehr wettbewerbsfähig eingesetzt werden können (DVZ 12.1.2022, Seite 1). „Substitutionskäufe und erneutes Leasing dieselbetriebener Flotten scheitern aber sowohl an durch Produktionsengpässe bei der Lkw-Herstellerindustrie verursachte fehlende Verfügbarkeiten als auch an der Liquidität insbesondere kleinerer und mittelständischer Transportunternehmen – beides mit zum Teil existenzbedrohenden Auswirkungen“, schreibt der DSLV an die Ministerien.
Enormer Kostenschub
Wie sehr Fuhrunternehmen, die auf LNG-Lkw gesetzt haben, von der Gaspreiskrise betroffen sind, skizziert Josef Heiß, Geschäftsführer von BTK Transport und Befrachtungskontor aus Rosenheim, vergangenen Freitag beim digitalen Debattenformat „DVZ Flash“ zum Thema „Der LNG-Schock – und was nun?“. Von den 160 BTK-Fahrzeugen werden derzeit 20 mit LNG angetrieben – und 5 weitere sind im Zulauf.
Was das auf der Kostenseite bedeutet, rechnet Heiß vor: „Die Differenz zwischen dem Gas- und dem Dieselpreis führte im Januar zu Mehrkosten von rund 40.000 Euro. Wäre unsere Flotte komplett auf LNG umgestellt, dann wären das hochgerechnet über 300.000 Euro monatlich.“ Angesichts der aufgrund der Corona-Krise extrem dünnen Kapitaldecken bei vielen Fuhrunternehmen gebe es Kollegen, die jetzt existenzielle Probleme hätten.
„Innovative Unternehmen dürfen nicht die Verlierer sein“, sagt Kruse. Die hohen Gaspreise haben ihm zufolge verschiedene Ursachen: einen geringen Füllstand der Gasspeicher in Deutschland und geopolitische Verwerfungen.
„Wir werden Nordstream 2 nicht anschließen, wenn Russland in die Ukraine einmarschiert“, hebt der FDP-Energieexperte hervor. Deshalb müsse sich Deutschland bei der Energielieferung diversifizieren und Energie aus anderen Ländern importieren. Außerdem brauche man eigene Gasspeicher. Die größten gehörten derzeit dem russischen Gaskonzern Gazprom. Kruse plädiert deshalb ebenso dafür, KfW-Programme zu nutzen, um Unternehmer zu unterstützen. „Darüber befinden wir uns in der Ampel gerade im Gespräch“, sagt er.
Innovative Unternehmen dürfen nicht die Verlierer sein. Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion
Kurzfristig greifende Maßnahmen
Stefan Siegemund, Leiter Mobilität bei der Deutschen Energieagentur (Dena), schlägt als kurzfristige Lösung vor, dass Unternehmen des Energiemarktes nicht ausschließlich am Spotmarkt agieren, sondern den Transportunternehmen bessere Preise anbieten sollten. So könnten sie ein strategisches Absatzfeld in der Zukunft schaffen. Zusätzlich könnte der Bund zeitlich begrenzte Förderungen oder Teilkreditzahlungen auflegen, die die Kostendifferenz von Diesel und LNG abmildern. Damit ließen sich Verluste bei den Transportunternehmen auffangen.
„Mittelfristig sehen wir gute Potenziale, dass Bio-LNG in Verbindung mit sinkenden LNG-Preisen die Wettbewerbsfähigkeit wieder deutlich steigert“, erklärt Siegemund. Denn gerade Biomethan werde in den kommenden Jahren die beste Option sein, um die Treibhausgas-Minderungsziele der Inverkehrbringer von Kraftstoffen zu erfüllen.
Darüber hinaus schlägt Siegemund ergänzende Instrumente für Verlader, Transportunternehmen und den Energiemarkt vor, den freiwilligen Einsatz von erneuerbaren Kraftstoffen über die THG-Quote hinaus zu honorieren, und zwar unabhängig von der Antriebstechnologie. Die Dena hält es für sinnvoll, ein grünes Label zu schaffen und die bereits existierende LNG-Taskforce zu einer technologieoffenen Plattform für den nachhaltigen Schwerlastverkehr weiterzuentwickeln. „Angesichts der Klimaziele wird ein Ausspielen und Gegeneinander der Technologien nicht mehr zum Ziel führen“, so Energieexperte Siegemund. Erst kürzlich hat die Dena ein „Marktmonitoring Bioenergie“ gestartet, um einen Gesamtüberblick über die Entwicklung von Bioenergieträgern und die Fördertatbestände zu liefern.
Bio-LNG aus Deutschland
Eine praktikable Lösung des derzeitigen LNG-Dilemmas sieht Evonic-Manager Volker Wehber, der bei dem Technikkonzern das Geschäft mit Membranen für Biogasanlagen verantwortet: „Es gibt in Deutschland rund 10.000 Biogasanlagen. Diese aber produzieren zu 98 Prozent Wärme, die nicht genutzt wird, und Strom, der nicht gespeichert werden kann.“ Sein Vorschlag lautet, diese Anlagen in die Produktion von Bio-LNG einzubeziehen. Da Biomethan nicht an den Erdgaspreis gekoppelt ist, könnten Energieanbieter wie Liquis, Liquind oder Rolande dann günstig den weitgehend klimaneutralen Treibstoff anbieten.