Valean will Moldawien und Ukraine neue Transportwege öffnen
Die EU-Kommission strebt ein Abkommen mit Moldawien und der Ukraine über eine Liberalisierung von Transporten in die EU an. Das sagte Verkehrskommissarin Adina Valean am Dienstag in Berlin. Der Vorschlag werde gerade im EU-Ministerrat beraten. „Ich hoffe, dass er schnell eine Entscheidung fällt“, so Valean. Die beiden Länder seien aufgrund des Krieges von Transportwegen über Odessa und das Schwarze Meer abgeschnitten.
„Derzeit vergibt jedes EU-Land eine bestimmte Zahl an bilateralen Transportgenehmigungen an Nicht-EU-Länder“, so Valean. Sind diese aufgebraucht, könnten sie nichts mehr über den Landweg nach Europa exportieren. Die Türkei klagt schon seit Jahren darüber, dass sie mehr Waren nach Europa transportieren könnte, wenn sie durch die bilateralen Genehmigungen nicht so stark eingeschränkt wäre. Valean traf sich am Dienstag in Berlin unter anderem mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), dem amerikanischen Verkehrsminister Pete Buttigieg und dem Chef der Deutschen Bahn, Richard Lutz. Bei den Gesprächen ging es unter anderem darum, wie Getreide, Sonnenblumenöl und andere Agrarerzeugnisse aus der Ukraine transportiert werden können.
EU initiiert Logistikplattform
In der vergangenen Woche hatte Valean eine neue Logistikplattform vorgestellt, mit der die EU-Kommission ukrainische Exporteure von Getreide und anderen Agrargütern mit EU-Transportunternehmen zusammenbringen will. Sie sollen neue Exportwege finden. Bisher seien 90 Prozent der Getreide- und Ölsaatenexporte in ukrainischen Schwarzmeerhäfen verschifft worden, die nun blockiert sind.
Alternative Transportwege zu finden ist eine gigantische Herausforderung.
Adina Valean, EU-Verkehrskommissarin
Alternativen zu finden sei eine „gigantische Herausforderung“, sagte Valean bei der Präsentation des Aktionsplans, der den Aufbau von „Solidaritätskorridoren“ vorsieht. „20 Millionen Tonnen Getreide und 5 Millionen Tonnen Sonnenblumenöl müssen die Ukraine in weniger als drei Monaten verlassen“, erklärte sie. Ansonsten würden Lagerstätten blockiert, die für die nächsten Ernten benötigt werden.
In Berlin sagte die Verkehrskommissarin, dass Getreide zu Häfen in Rumänien (Constanta) und Polen (Danzig und Gdynia) per Landtransport gebracht werden könnte. Auch Donauhäfen seien eine Alternative. Bei der Schiene gebe es allerdings ein Nadelöhr an den Grenzen. Denn die Spurweiten der ukrainischen und europäischen Bahnen unterschieden sich. „Es werden also Maschinen und kranbare Container benötigt, um die Waren umzuladen“, so Valean.
Litauen will helfen
„Wir müssen der Ukraine bei den Exporten helfen. Es geht um Getreide und Stahl“, sagte der litauische Verkehrsminister Marius Skuodis der DVZ. Der Weg über Belarus sei wegen der militärischen Lage verschlossen. Also müssten Alternativen gefunden werden. In diesen Tagen startet laut Skuodis der erste Probetransport auf der Schiene von Odessa über Polen nach Litauen. Endpunkt sei der Hafen Klaipeda, der jährlich rund 9 Millionen Tonnen Getreide umschlagen kann und noch Kapazitäten frei hat.
Der Verkehrsminister bedauert, dass Kapazität auf dem Schienenweg dorthin durch die unterschiedlichen Spurbreiten eingeschränkt sei. An der Grenze müsse umgeladen werden. Außerdem sei die Strecke von Polen nach Litauen nur eingleisig und zudem durch andere Transporte schon gut ausgelastet. „Aber momentan spielt das weniger eine Rolle. Es geht darum, zu helfen“, betonte Verkehrsminister Skuodis.
Die EU-Kommission ruft private und staatliche Stellen auf, mehr Bahnwaggons, Lkw, Seeschiffe, Binnenschiffe sowie Umschlaggerät, das an der ukrainischen Grenze eingesetzt werden kann, zur Verfügung zu stellen. Besonders gefragt sind etwa Bahnwaggons mit EU-Spurbreite und Maschinen, die Getreide aus ukrainischen Breitspurwaggons in Normalspurwaggons umladen können. Solche Maschinen könnten in einer Stunde zwei Waggons mit 130 Tonnen Getreide füllen. Darüber hinaus könnten mehrere Maschinen parallel an einem Zug arbeiten.
Die Verkehrskommissarin rief EU-Transportunternehmen auch auf, Container für Getreide und flüssige Agrarprodukte wie Pflanzenöl zu verkaufen, zu vermieten oder anderweitig verfügbar zu machen. Waggons für Container und die Behälter gebe es in größerer Menge als spezielle Getreidewaggons, und sie seien auch einfacher und rascher umzuschlagen, sagte Valean. Sie betonte, dass mehr Laderaum angeboten werden müsse.
Bisher versuchen ukrainische Unternehmen laut EU-Kommission hauptsächlich, neue Exportrouten über Rumänien und Polen zu finden. Sie empfiehlt aber, über die geplante Logistikplattform auch andere Möglichkeiten etwa über Bulgarien und die baltischen Staaten zu suchen. Der Export über Seehäfen sei einfacher und preisgünstiger, und die Häfen dort hätten noch Kapazitäten, sagte Valean.
„Das Hauptproblem ist, dort hinzukommen.“ Im Aktionsplan werden die Infrastrukturbetreiber des EU-Bahnnetzes aufgerufen, ukrainischen Exporten auf dem Weg zu EU-Häfen temporär bevorzugt Trassen freizumachen. Valean hofft nun auf den weiteren Dialog mit Unternehmen und Verbänden, um die Plattform mit Leben zu füllen.