Recht: Das ändert sich 2022 für Logistiker
Die Speditions- und Logistikbranche muss im neuen Jahr zahlreiche neue Rechtsvorgaben beachten – speziell im Straßengüterverkehr als Folge des Mobilitätspakets. Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik hat hierzu eine Übersicht über die wesentlichen branchenspezifischen Veränderungen erstellt.
Straßengüterverkehr:
Elektronischer Frachtbrief
Bundestag und Bundesrat haben im vergangenen Jahr die Grundlage für die Nutzung des elektronischen Frachtbriefs auch in Deutschland geschaffen. Durch die deutsche Zeichnung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) wird die Regelung voraussichtlich im ersten Quartal 2022 in Kraft gesetzt. Der E-CMR-Frachtbrief muss hinsichtlich Warenannahme- und -empfangsbestätigung die gleiche Beweiskraft haben wie ein Papierdokument, die nicht nur zivilrechtlichen, sondern auch öffentlich-rechtlichen Anforderungen (beispielsweise bei behördlichen Kontrollen in verschiedenen Ländern) genügt. Diese umfasst unter anderem die Authentifizierung der Vertragsparteien eines Frachtvertrags und die Integrität des Frachtbriefs, das heißt die Unveränderbarkeit des digitalen Dokuments und die Nachverfolgbarkeit nachträglicher Änderungen. Die Erfüllung der zivil- und öffentlich-rechtlichen Anforderungen bleibt den Vertragsparteien im Straßengüterverkehr selbst überlassen und ist bei der nun anstehenden technischen Umsetzung zwingend zu berücksichtigen.
Entsendung
Ab dem 22. Februar 2022 gelten hinsichtlich der Entsendebestimmungen Sonderregelungen für Kraftfahrer. Diese auf der Grundlage der Verordnung (EU) 2020/1057 basierenden Bestimmungen sehen vor, dass reiner Transit und bilaterale Beförderungen vom allgemeinen Entsenderegime ausgenommen werden. Eine bilaterale Beförderung beginnt in dem Mitgliedsstaat, in dem das betroffene Unternehmen seine Niederlassung hat, führt auf direktem Weg in den Zielstaat und von dort direkt zurück in den Niederlassungsmitgliedsstaat. Beiladungen sind unter bestimmten Bedingungen möglich. Kabotagebeförderungen und grenzüberschreitende Beförderungen, die nicht bilaterale Beförderungen sind, unterliegen weiterhin in vollem Umfang den Entsendebestimmungen.
Aufzeichnung von Grenzüberfahrten
Ab dem 2. Februar 2022 müssen nach Artikel 34 der VO (EU) Nr. 165/2014 (geändert im Rahmen des Mobilitätspakets I) alle Fahrer von Fahrzeugen, die mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgestattet sind, jeden Grenzübertritt unmittelbar dokumentieren. Fahrer müssen den nächstmöglichen Halteplatz an oder nach einer Grenze ansteuern und das Symbol des Landes eingeben, in das sie gerade eingereist sind. Diese Eingabe ist technisch nur bei einem stehenden Fahrzeug möglich. Bereits seit dem 21. August 2020 müssen bei Fahrzeugen mit einem analogen Fahrtenschreiber Grenzübertritte handschriftlich auf der Tachoscheibe vermerkt werden.
Kabotage
Ab dem 21. Februar 2022 gelten neue Kabotagebestimmungen. Die Grundregel für die Kabotage, nach der es erlaubt ist, nach vollständiger Entladung im Aufnahmestaat drei Kabotagebeförderungen innerhalb von sieben Kalendertagen vorzunehmen, wurde nicht geändert. Neu ist: Nachdem das Kabotagepensum ausgeschöpft wurde, muss eine sogenannte Cooling-off-Phase von vier Tagen folgen. Während dieser Karenzzeit darf im selben „Aufnahmemitgliedstaat“ keine weitere Kabotagebeförderung vorgenommen werden.
Rückkehrpflicht des Fahrzeugs
Ebenfalls ab dem 21. Februar 2022 gilt, dass alle für genehmigungspflichtige grenzüberschreitende Fahrten eingesetzten Fahrzeuge ein Mal innerhalb von acht zusammenhängenden Kalenderwochen in den Staat ihrer Niederlassung zurückkehren müssen.
Genehmigungspflicht ab 2.501 kg zGG
Ab dem 21. Mai 2022 unterliegen alle grenzüberschreitenden Beförderungen im gewerblichen Güterkraftverkehr mit Fahrzeugen über 2,5 t zGG der Genehmigungspflicht. Damit gelten die strengen Marktzugangsregeln der Europäischen Union auch für Unternehmen, die bevorzugt leichte Transportfahrzeuge einsetzen.
Österreich/Abfalltransporte
Ab dem 1. Januar 2022 müssen sich alle Transporteure, die Abfälle in, nach, von und durch Österreich befördern, unter secure.umweltbundesamt.at/edm_portal/home.do registrieren. Damit setzt Österreich den Artikel 26 (Registrierung von Abfallbeförderern) der Richtlinie 2008/98/EG („EU-Abfall-Rahmen-Richtlinie“) um.
Berufskraftfahrerqualifikation
Die bisherige Unterscheidung zwischen gesetzlicher und staatlicher Anerkennung von Ausbildungsstätten entfällt. Ausbildungsbetriebe, die in den einschlägigen Ausbildungsberufen gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) ausbilden und zugleich gesetzlich anerkannte Ausbildungsstätten für die beschleunigte Grundqualifikation und die Weiterbildung sind, müssen sich bis spätestens 2. Dezember 2022 staatlich anerkennen lassen.
Umtausch älterer Führerscheine
Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) regelt den sukzessiven Umtausch älterer Führerscheine, die vor dem 19. Januar 2013, sowie für noch ältere Führerscheine, die vor dem 31. Dezember 1998 ausgestellt wurden, für bestimmte Jahrgänge der Führerscheininhaber. Danach sind Inhaber von Führerscheinen, die vor dem 31. Dezember 1998 ausgestellt wurden und die in den Jahren 1953 bis 1958 geboren wurden, verpflichtet, ihre Führerscheine bis spätesten 19. Januar 2022 in moderne Kartenführerscheine umzutauschen. Die folgenden Jahrgänge 1959 bis 1964 haben dazu noch Zeit bis zum 19. Januar 2023. Die Umtauschfristen sind bis ins Jahr 2033 gestaffelt.
www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/anlage_8e.html
IT-Sicherheit
Änderung der BSI-Kritisverordnung (2. ÄVOKritisV)
Am 1. Januar 2022 tritt die zweite Verordnung zur Änderung der BSI-Kritisverordnung (2. ÄVO-KritisV) in Kraft. Die Verordnung legt fest, ab wann ein Unternehmen Betreiber einer kritischen Infrastruktur in Deutschland ist. Im Sektor Transport und Verkehr bleibt es in der Logistik bei den beiden etablierten Anlagen in 1.6.1. und 1.6.2., allerdings wurden die Schwellenwerte angepasst und die Berechnungsmethoden geändert. Aufgrund der gestiegenen Mengen wurde der Schwellenwert angepasst auf 17,55 Millionen Tonnen/Jahr (vorher 17 Millionen Tonnen/Jahr). Neu hinzugekommen ist das Kriterium „Anzahl der Sendungen“ mit einem Schwellenwert von 53.200.000 Sendungen/Jahr. Es müssen nicht beide Schwellenwerte nacheinander geprüft werden, das Kriterium „Anzahl der Sendungen“ soll vielmehr nur bei Bedarf geprüft werden, wenn der Betreiber keine Daten darüber erhebt, wie viele Tonnen pro Jahr in der entsprechenden Anlage behandelt werden. Die Definition der Gütermengen wurde in 1.6.1. und 1.6.2. genauer aufgeschlüsselt. Demnach müssen „Transportmengen im Im- und Export sowie im Binnenverkehr“ in die Berechnung des Schwellenwerts einfließen.“
Zoll-, Außenwirtschaftsrecht und Umsatzsteuer
Transporte in Drittländer nur noch eingeschränkt steuerfrei
Das Bundesfinanzministerium hat im September 2021 das EuGH-Urteil 288/16 zu grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen dahingehend umgesetzt, dass Transporte in Drittländer ab dem 1. Januar 2022 nur noch steuerfrei sind, wenn sie vom Spediteur unmittelbar an den Versender oder Empfänger der Ware erbracht werden. Bei Beauftragung eines Unterfrachtführers ist dessen Beförderungsleistung nach neuer Rechtslage steuerpflichtig.
Kleinsendungen: Atlas-Impost startet
Im Rahmen der Umsetzung des Mehrwertsteuer-Digitalpakets ist zum 1. Juli 2021 die Umsatzsteuerbefreiung für die Einfuhr von Kleinsendungen mit einem Wert bis 22 Euro, wie sie insbesondere im E-Commerce vorkommen, entfallen. Somit müssen alle Einfuhren in die EU unabhängig vom Warenwert mittels elektronischer Zollanmeldung angemeldet werden. Da die enormen Mengen an Importsendungen mit geringem Wert weder von den Wirtschaftsbeteiligten noch von den IT-Systemen der Zollbehörden bewältigt werden können, wird mit dem neuen Atlas-Modul Impost (Importabfertigung von Post- und Kuriersendungen) die Abgabe einer Zollanmeldung für Sendungen mit geringem Wert (unter 150 Euro) mit einem sehr reduzierten Datensatz möglich sein. Atlas-Impost wird voraussichtlich am 15. Januar 2022 in Betrieb genommen.
Brexit: Übergangsfristen laufen aus
Nach mehrfacher Verschiebung der im Border Operating Model festgelegten Fristen laufen zum Jahresende einige Übergangsregelungen für Wareneinfuhren aus der EU nach Großbritannien aus. So sind ab dem 1. Januar 2022 vollständige Zollanmeldungen verpflichtend. Importeure, die weiterhin zollrechtliche Vereinfachungen in Anspruch nehmen möchten, benötigen hierfür eine Bewilligung. Zudem besteht ab diesem Zeitpunkt die Pflicht zur Voranmeldung von sanitären und phytosanitären Waren (SPS-Waren), das heißt Waren mit tierischem Ursprung sowie Pflanzen und Pflanzenprodukte. Ab dem 1. Juli 2022 werden Pflanzengesundheitszeugnisse und physische Kontrollen von SPS-Waren an Grenzkontrollstellen eingeführt sowie Sicherheitserklärungen (summarische Eingangsanmeldungen) für Einfuhren erforderlich.
Luftfrachtsicherheit
Neue Schulungsvorgaben
Zum 31. Dezember 2021 treten neue Schulungsvorgaben zur Sicherheitskultur für alle Schulungen nach Kapitel 11.2 des Anhangs der EU-Luftsicherheitsverordnung 2015/1998 in Kraft. Danach sind künftig Kenntnisse von „Elementen, die zum Aufbau einer robusten und belastbaren Sicherheitskultur am Arbeitsplatz und im Luftfahrtsektor beitragen, zu denen unter anderem auch Bedrohungen durch Insider und Radikalisierung zählen“, nachzuweisen.
Gefährliche Güter
Luftverkehr
Ab dem 1. Januar 2022 gilt für die Beförderung gefährlicher Güter im Luftverkehr die 63. Ausgabe der IATA Dangerous Goods Regulations (DGR) ohne Übergangsfrist.
Seeverkehr
Ab dem 1. Juni 2022 ist der Internationale Code für die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen (IMDG-Code) in der Fassung des 40. Amendments (40–20) verbindlich anzuwenden.
Umwelt
Verpackungsgesetz
Ab dem 1. Juli 2022 gilt eine neue erweiterte Verantwortung für „elektronische Marktplätze/Plattformen und Fulfillment-Dienstleister“: Betreiber elektronischer Marktplätze/Plattformen dürfen das Anbieten systembeteiligungspflichtiger Verpackungen zum Verkauf nur dann ermöglichen, wenn der Hersteller diese systembeteiligt hat und im Verpackungsregister Lucid der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) registriert ist. Fulfillment-Dienstleister dürfen ihre Tätigkeiten nur gegenüber solchen Unternehmen erbringen, die im Verpackungsregister eingetragen und ihrer Systembeteiligungspflicht nachgekommen sind.
Arbeits- und Sozialrecht
Mindestlohn
Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2022 für alle in Deutschland tätigen Arbeitnehmer auf 9,82 Euro und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro pro Zeitstunde.
Neue Rechengrößen
Zum 1. Januar 2022 werden wichtige Rechengrößen in der Sozialversicherung angepasst. Die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung sinkt 2022 im Westen von 7.100 auf 7.050 Euro, im Osten steigt sie von 6.700 auf 6.750 Euro pro Monat. In der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt die bundeseinheitliche Versicherungspflichtgrenze unverändert bei jährlich 64.350 Euro und die Beitragsbemessungsgrenze bei jährlich 58.050 Euro. Darüber hinaus bleibt die Bezugsgröße in der Sozialversicherung als Grundlage der Beitragsberechnung in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung in den westdeutschen Bundesländern mit 3.290 Euro/Monat ebenfalls unverändert. In den ostdeutschen Bundesländern steigt sie von 3.115 auf 3.150 Euro/Monat.