75 Jahre auf Achse – die Reise hat erst begonnen
Der 10. Juli 1947 hielt einige weltpolitisch bedeutsame Ereignisse bereit. So lehnte der Zonenbeirat der britischen Besatzungszone Deutschlands die von den Militärbehörden geplante Bodenreform ab. Und die tschechoslowakische Regierung nahm ihre anfängliche Zusage einer Teilnahme an der Pariser Marshallplan-Konferenz zurück. Trotzdem war es ein Tag des Aufbruchs – zumindest für eine kleine Redaktionsmannschaft in Hamburg. Denn an jenem Tag wurde die DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung gegründet.
Ob es in einer Garage war, wie es heutzutage bei Start-ups Usus ist, ist nicht überliefert. Gepasst hätte es wohl. Schließlich sollte sich die neue Fachzeitung um die Belange des Güterverkehrs kümmern. Es war eine Zeit, in der mit dem allgemeinen Wirtschaftsgeschehen auch der Transportsektor im wahrsten Sinne des Wortes wieder Fahrt aufnahm. Es wurde ausprobiert und improvisiert. Wer sich mit Logistikunternehmern unterhält, deren Firmen damals schon tätig waren oder den Betrieb aufnahmen, hört von mit Holzgas und Ähnlichem angetriebenen Lkw. Klingt wie eine andere Zeit, war aber schon Logistik.
Die DVZ hat den Aufstieg der Branche in den vergangenen siebeneinhalb Jahrzehnten begleitet. Immer nah dran und neugierig, zugleich konstruktiv und kritisch. Die Transport- und Logistikbranche war dabei nicht nur Teil und Gradmesser des deutschen Wirtschaftswunders, sondern auch der Liberalisierung des Welthandels und der Globalisierung. Das Aufkommen des Containers war ebenso Thema wie das Auslaufen des Reichskraftwagentarifs.
Die Branche wandelt sich weiter. Megatrends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit verändern das Gesicht der Logistik. Sie versprechen Effizienzgewinne und neue Erlösquellen, verlangen aber auch nach immensen Investitionen und verursachen zunächst einmal zusätzliche Kosten. Die Unternehmen wiederum setzen immer stärker auf eine Vertikalisierung der Geschäftsmodelle. Die Grenzen zwischen Carrier und Spediteur beziehungsweise Logistiker verschwimmen. Und mit Onlineriesen wie Amazon drängen ganz neue Akteure in den Markt.
Dabei stellt sich die Frage, wie der Logistikmarkt künftig zu definieren sein wird. Wird es noch dieser gigantische Kuchen sein, den die US-Marktforscher von Armstrong & Associates jüngst mit einem Volumen von 11,2 Billionen US-Dollar (im laufenden Jahr, gemessen an den Gesamtkosten) beziffert haben? Davon haben sich Logistikdienstleister bisher 1,7 Billionen Dollar gesichert. Das wäre gleichzusetzen mit einem noch immer gigantischen Entwicklungspotenzial.
Auf der anderen Seite ist die weltpolitische Lage so fragil wie lange nicht. Statt von Freihandel und Weltmärkten ist immer öfter von Blockbildung, Friend-shoring und einer Regionalisierung des Warenaustauschs zu hören. Es wird sich zeigen, welche Strömung sich durchsetzt. Immerhin: Durch ihr Handeln können Logistiker dazu beitragen, dass Menschen und Märkte zusammenwachsen.
Und wer weiß? Möglicherweise greifen Logistiker bald sogar nach den Sternen. Dies ist mittlerweile mehr als eine Redewendung, da Raumfahrtunternehmen wie Blue Origin, SpaceX und Virgin Galactic sich anschicken, das Weltall zu erschließen, und auch staatliche Raumfahrtbehörden Mond- und Mars-Missionen planen.
Und die DVZ? Sie verändert sich ebenfalls – thematisch, optisch und in der Nutzungsform. Aus der dreimal wöchentlich erscheinenden Zeitung ist ein vorwiegend digitales Medienpaket geworden: mit Webseite, Newsletter, Social Media, Videos und Podcasts. Aber die Zeitung hat auch noch ihren Platz und wird ihn auf absehbare Zeit behalten.
75 Jahre sind beinahe eine menschliche Lebensspanne. So lange gibt es die DVZ schon. Die Redaktion hat sich auf die Fahnen geschrieben, Ihr Kompass durch das Dickicht der Ereignisse und Entwicklungen zu bleiben. Interessiert, unvoreingenommen und fachkundig. Die Reise hat erst begonnen. Reisen Sie mit!