Aldi Nord erweitert Ausbildungsangebot in der Logistik

Um den Personalbedarf in den kommenden Jahren decken zu können, werden künftig in 17 der 25 Regionalgesellschaften der Einzelhandelsgruppe Berufskraftfahrer, Fachlageristinnen und Fachkräfte für Lagerlogistik ausgebildet. Wie das gelingen soll, verraten Pascal Braun und Fabian Fricke im Interview.

Künftig bilden 17 der 25 Regionalgesellschaften von Aldi Nord Berufskraftfahrer, Fachlageristinnen oder Fachkräfte für Lagerlogistik aus. (Foto: Imago/ Funke Foto Services)

DVZ: Herr Braun, Herr Fricke, wie kommt es, dass sich Aldi Nord dazu entschieden hat, künftig selbst verstärkt Ausbildungen in der Logistik anzubieten?

Pascal Braun: Um die Aldi-Märkte täglich frisch zu beliefern, sind reibungslose Prozesse in der Logistik und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit entsprechendem Know-how essenziell. Aldi Nord setzt bei logistischen Prozesse sehr stark auf die eigenen Mitarbeitenden und einen selbstbetriebenen Fuhrpark. Wir haben mit Jahresbeginn 2024 in Deutschland 22 Logistikzentren und beschäftigen rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Logistik. Hierzu zählen auch die mehr als 1.300 Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer, die unsere rund 600 Lkw fahren.

Fabian Fricke: Mit Blick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation reagieren wir mit unserem Ausbildungsangebot frühzeitig auf den künftigen Bedarf an Fach- und Führungskräften. Wir nutzen die Vorteile einer Ausbildung, so dass Nachwuchskräfte ab dem ersten Tag und bereits beim Berufseinstieg unsere Werte sowie unsere Prozesse kennenlernen und verinnerlichen können. Zusammengefasst ist die Ausbildung daher ein probates Mittel, um den aktuellen, aber auch den künftigen Personalbedarf zu decken und Vakanzen mit qualifizierten Kolleginnen und Kollegen auch intern besetzen zu können.

Verstärkt wollen Sie künftig Berufskraftfahrer, Fachlageristinnen und Fachkräfte für Lagerlogistik ausbilden. Ist der Mangel in diesen Berufen angesichts des Fachkräftemangels besonders hoch?

Braun: Derzeit spüren wir nur bedingt die Folgen eines Fachkräftemangels in der Logistik. Aber auch wir digitalisieren unsere Logistikprozesse kontinuierlich, was natürlich Auswirkungen auf die Anforderungen an unsere Mitarbeitenden hat. Digitalisierung heißt nicht zwangsweise, dass Personal eingespart wird. Es heißt zunächst, Prozesse qualitativ zu verbessern. Somit verändert sich das nötige Wissen, das unsere Mitarbeitenden haben müssen, um den künftigen Herausforderungen begegnen zu können. Neben ungelernten Kräften benötigen wir in der Logistik beispielsweise Mitarbeitende für den Leitstand im Logistikzentrum, die Fachkenntnisse und ein ausgeprägtes Verständnis von Logistik haben müssen. Solches Know-how ist nicht nur nötig für den Status quo, sondern auch, um die Prozesse immer weiter zu optimieren.

Gelten diese technischen Aspekte auch für Berufskraftfahrer?

Braun: Nein, hier ist es eher der Blick auf die Altersstruktur unserer Mitarbeitenden, die unser Handeln erfordert. Wir sehen, wie viele Mitarbeitende in den kommenden Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gehen und wie wenige nachkommen. Daher müssen wir ausbilden.

Wie sehr ist der Fachkräftemangel in Ihrem Unternehmen bereits zu spüren und wie gehen Sie damit um?

Fricke: Ganz allgemein merken wir, dass es länger dauert, gute Kandidatinnen und Kandidaten für die Ausbildung zu finden. Die Zahl an Bewerbungen ist niedriger als früher, da für einige potenzielle Kandidaten ein Studium attraktiver zu sein scheint. Auch die große Vielfalt an Ausbildungsberufen trägt dazu bei, wobei auch Aldi Nord ein umfangreiches Angebot hat. Vor diesem Hintergrund versuchen wir, schon bei der Ansprache zu punkten. Etwa, indem wir nach außen zeigen, wer wir sind: Ein moderner und verantwortungsbewusster Arbeitgeber. Mit Blick auf die Logistik ergänzen wir in der Rekrutierung konkrete Vorteile der Jobs in diesem Bereich: unbefristete Verträge, übertarifliche Bezahlung unserer Auszubildenden – und das auf Basis unseres Einzelhandelstarifs und nicht nach dem Tarif der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft.

Wie erreichen Sie diese Zielgruppen?

Fricke: Wir identifizieren im Personalmarketing gezielt relevante und sinnvolle Kanäle. Bei unserer jüngeren Zielgruppe spielt Social Media natürlich eine große Rolle. Auf unserem Instagram-Karrierekanal beispielsweise stellen wir regelmäßig unsere Ausbildungsberufe vor und geben Einblicke in den Arbeitsalltag. Zudem nutzen wir Personalmarketingmaßnahmen, beispielsweise mit Recruiting-Motiven auf unseren Lkw. Unsere Regionalgesellschaften sind darüber hinaus auf Jobmessen vertreten und organisieren Bewerbertage.

Zu den Personen

Pascal Braun arbeitet seit Dezember 2016 als Managing Director Supply Chain Management bei Aldi Nord. Davor war er dort unter anderem als Bereichsgeschäftsführer Logistik und Regionalverkaufsleiter tätig.

Fabian Fricke ist Director People Acquisition & Business Partnering. Zuvor hat er bei Aldi Nord als HR Business Partner gearbeitet und war auch für andere Unternehmen im Bereich Human Resources tätig.

Laut dem Fachkräftereport der DIHK suchen im Sektor Verkehr und Lagerei bereits 65 Prozent der Unternehmen vergeblich nach Personal. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Braun: Hier können wir natürlich nur für uns sprechen. Zum bereits erwähnten Mangel an geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten kommen unsere Qualitätsansprüche. Auch an unsere potenziellen Nachwuchskräfte haben wir hohe Erwartungen, und davon rücken wir auch nicht ab. Das stellt uns besonders dann vor Herausforderungen, wenn wir Stellen extern besetzen wollen.

Aber Hand aufs Herz: Egal wie gut das Personalmarketing auch ist – bleibt beispielsweise der Berufskraftfahrer nicht dennoch ein wenig attraktiver Job?

Braun: Nein, das sehe ich gar nicht so. Vielmehr wurde der Ausbildung im Verkehrssektor und deren Bewerbung über Jahre hinweg nicht ausreichend Rechnung getragen. Denken die Menschen an Berufskraftfahrerinnen und -fahrer, haben sie das Bild vom Leben auf Autobahnen und auf Raststätten vor Augen, weit weg von zu Hause und der Familie. Und das Ganze für eine schlechte Bezahlung.

Stimmt das denn nicht?

Braun: Wir gestalten die Rahmenbedingungen attraktiver. Unsere Fahrerinnen und Fahrer haben eine Fünf-Tage-Woche. So starten sie ihre Fahrt in der Regionalgesellschaft, machen zwei Touren zu Verkaufsstellen und sind zum Feierabend wieder zu Hause. Und alle Mitarbeitenden können eine Kantine im Logistikzentrum nutzen. Darüber hinaus bieten wir einen modernen Arbeitsplatz mit einem modernen Fuhrpark. Exemplarisch sind hier auch unsere zehn serienreifen E-Lkw zu nennen, die derzeit in drei Regionalgesellschaften getestet werden.

Spüren Sie durch die Generation Z bereits Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt oder im Ausbildungsbereich?

Fricke: Insgesamt sind die Kriterien für einen attraktiven Arbeitgeber gleichgeblieben – das ist keine Frage speziell in der Logistik. Die Priorisierung hat sich jedoch verändert. Eine gute Bezahlung ist nach wie vor wichtig, in der Bedeutung sogar zuletzt gestiegen. Wir stellen aber auch fest, dass die Vergütungen inzwischen nicht mehr die alleinigen Entscheidungskriterien sind. Auch die Flexibilität und soziale Komponenten sind immer relevantere Aspekte bei der Arbeitgeberwahl. Wer große Auswahlmöglichkeiten hat, entscheidet sich zum Beispiel in der Regel für den Arbeitgeber, der räumlich näher ist und bei dem man Privates und Berufliches besser miteinander vereinbaren kann.

In den kommenden Jahren wollen Sie Ausbildungen in der Logistik bedarfsorientiert weiter ausbauen. Können Sie zum geplanten Umfang schon mehr sagen?

Braun: Wie schon gesagt: Bei unserer Ausbildung gilt „Klasse statt Masse“. Wenn wir High Potentials ausbilden wollen, müssen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben sein. Das fängt bei scheinbar trivialen Dingen wie den ausreichenden personellen Kapazitäten für die Betreuung der Nachwuchskräfte an.

Wie sieht das Ausbildungsangebot von Aldi Nord derzeit aus?

Fricke: Wir bilden in zahlreichen Bereichen qualitativ hochwertig aus – in der Logistik, in unseren Märkten, aber auch an den Verwaltungsstandorten. Dabei bieten wir Berufseinstiege für verschiedene Bildungsniveaus. Ein Beispiel: Im Markt bieten wir neben der Ausbildung zum Verkäufer sowie dem Kaufmann und der Kauffrau im Einzelhandel auch das Abiturientenprogramm Handelsfachwirt und ein Bachelorstudium im Verkauf an. Zudem besteht die Chance, ein Masterstudium im Internationalen Handelsmanagement zu absolvieren. In der Verwaltung und der IT bieten wir darüber hinaus verschiedene Ausbildungen und Studiengänge an.

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