KEP: Die Boomzeiten sind vorbei

Nach vielen Jahren des Wachstums ist die Zahl der transportierten Sendungen in der Branche 2022 erstmals rückläufig gewesen, wie eine aktuelle Marktstudie zeigt. In den kommenden Jahren rechnen die Experten mit einem moderaten Wachstum. Der Handlungsdruck wird größer.

Die Kurier-, Express- und Paketdienstleister (KEP) in Deutschland haben im vergangenen Jahr 4,15 Milliarden Sendungen transportiert. Das sind 7,9 Prozent weniger als 2021. Es war der erste Rückgang seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009. Der Gesamtumsatz der Branche lag 2022 mit circa 26,9 Milliarden Euro 3,5 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Diese Daten gehen aus der jährlichen KEP-Studie hervor, die der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) am Dienstag veröffentlicht hat. Angefertigt hat die Analyse die Unternehmensberatung KE-Consult.

Jahrelang profitierten die Paketdienstleister vom wachsenden Onlinehandel und stark steigenden Mengen. Besonders in den Jahren der Corona-Pandemie (2020/2021) wuchsen die Mengen außergewöhnlich stark um jeweils zweistellige Prozentwerte. Im vergangenen Jahr hat diese Entwicklung einen vorübergehenden Dämpfer erhalten und die Mengen gingen zurück. In den kommenden Jahren rechnen die Studienmacher aber wieder mit einem zumindest moderaten Wachstum (siehe Grafik).

KEP-Markt folgt „Großwetterlage“

Damit folgt die Branche der „Großwetterlage“, wie es in der Studie heißt. Der Rückgang liegt unter anderem an der Konsumschwäche der Privatkunden (B2C) und einer Rückverlagerung der Umsätze aus dem Online- in den stationären Handel. Das Geschäft mit Privatkunden schrumpfte überdurchschnittlich stark um 10,6 Prozent. Im Geschäftskunden-Segment (B2B) liegt der Rückgang der Mengen bei 4 Prozent verglichen mit 2021.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Anteil von Kurier- und Expressendungen am Gesamtvolumen des Marktes verringert – von 18,2 Prozent im Jahr 2012 auf aktuell 14,7 Prozent. Folglich ist der Anteil der Paktsendungen in dem Zeitraum gestiegen und liegt bei etwa 85 Prozent. Die Gründe: Ursprüngliche Expresslieferungen werden aus Kostengründen zunehmend als Pakete versendet und der Anteil des B2C-Segments wächst stetig.

Positiv entwickelt sich der internationale Versand, da Onlineshopper zunehmend grenzüberschreitend einkaufen. Der Anteil beträgt aktuell 9 Prozent an allen Paketsendungen. Bei den internationalen Sendungen sei bis 2027 mit einem jährlichen Wachstum von 1,9 Prozent zu rechnen.

Arbeitskräftebedarf nimmt zu

Ähnlich wie die Sendungsmengen entwickelte sich in den vergangenen Jahren die Zahl der Arbeitsplätze. 2022 beschäftigten die Unternehmen der Branche laut Studie bundesweit 257.800 Personen. Das sind 8.200 weniger als 2021 (minus 3,1 Prozent), aber 13.200 mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten arbeitet als Zusteller, ein Drittel in Verteilzentren. IT-Fachkräfte haben für die Branche an Bedeutung gewonnen, sie machen 2 Prozent der Beschäftigten aus. Durch die zunehmende Automatisierung und digitale Prozesse steigerten die Unternehmen ihre Produktivität. Daher wächst die Beschäftigtenzahl weniger stark an als die Sendungsmengen. Bei derzeitiger Entwicklung können laut Studie bis 2027 circa 20.000 neue Stellen entstehen. Um diesen Bedarf zu decken, setzt die Branche auf Zuwanderer.

Stagnation bis leichtes Wachstum 2023

Die Experten blicken trotz der Unwägbarkeiten wie dem Ukraine-Krieg und der Inflation zuversichtlich auf das laufende Jahr. Die Studienmacher erwarten 2023 eine „Seitwärtsbewegung“ und rechnen mit einer Mengenentwicklung von 0 bis plus 2 Prozent. Bis 2027 wird ein jährliches durchschnittliches Wachstum von 3,3 Prozent auf circa 4,9 Milliarden Sendungen vorhergesagt.

Großer Handlungsdruck

Die KEP-Dienste stehen nach Ansicht von Experte Christoph Tripp unter einem enormen Handlungsdruck. „Die wachsenden Mengen im Onlinehandel haben nicht zu signifikanten Ertragssteigerungen geführt, sondern eher den Wettbewerb intensiviert“, schreibt der Professor für Distributions- und Handelslogistik an der Technischen Hochschule in Nürnberg in seinem Gastkommentar für die DVZ. Auch Experte Klaus Esser von KE-Consult, der Autor der KEP-Studie, schätzt, dass sich die Ertragslage durch Kostensteigerungen zuletzt nicht verbessert hat. Die Gewinne der KEP-Dienste werden in der Studie allerdings nicht analysiert.

Der verschärfte Wettbewerb führe zu ruinöser Konkurrenz und einem permanenten Zyklus aus Kapazitätserhöhung und Unterauslastung, fügt Tripp hinzu. „Zudem schweben gleich mehrere Damoklesschwerter über der Branche, die sich aus einem zunehmend strikteren regulatorischen Rahmen ableiten lassen“, kommentiert er weiter. „Dazu gehören weitere Mindestlohn- und Maut-Erhöhungen, ein strengerer Umgang mit Subunternehmen sowie zahlreiche Maßnahmen zur Steigerung der Öko-Transparenz und zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks.“

Die komplette Studie steht hier zum Download bereit.

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