BVL zeichnet Forschungsarbeit von Dachser und Fraunhofer IML aus
Der Logistikdienstleister Dachser und das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) haben für ihre gemeinsame Forschungsarbeit den Deutschen Logistik-Preis der BVL erhalten. Die Jury unter dem Vorsitz von Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld zeichnete das Projekt „Dachser Future Terminal – innovativer digitaler Zwilling @ILO für eine leistungsstarke Stückgutlogistik“ aus. Damit sei es gelungen, Packstücke, Assets und Abläufe in einem Umschlagzentrum in Echtzeit abzubilden. @ILO steht für Advanced Indoor Localization and Operations. „Damit beschreiben wir eine Technologie, die in dieser Form am Markt bisher nicht existierte und die für eine neue Stufe der Transparenz in der Stückgutlogistik steht“, sagt Andre Kranke, Head of Corporate Research & Development bei dem Dienstleister aus Kempten.
Die technische Basis bilden Datamatrix-Codes auf der Oberseite eines jeden Packstücks. „Diese dienen als Identifikator“, sagt Forschungspartner Volker Lange, Abteilungsleiter Verpackungs- und Handelslogistik am Fraunhofer IML. Zudem wurden 400 bis 600 kamerabasierte Scanner unter der Hallendecke installiert, die den gesamten Boden erfassen. Sie identifizieren, analysieren, messen, visualisieren und liefern damit ein vollständiges Abbild. Sie identifizieren die Datamatrix-Codes, die auf den Paletten aufgeklebt sind. Zugleich können sie die Dimensionen der Paletten vermessen. Dieses kontinuierliche Analysieren sorgt schließlich für Effizienzgewinne.
Software aus dem Enterprise Lab
Herzstück des digitalen Zwillings ist die @ILO-Software. Sie wurde im Dachser Enterprise Lab entwickelt. Dort arbeiten bereits seit sechs Jahren Dachser-Experten und IML-Wissenschaftler in gemischten Teams zusammen. Kranke: „Neue, spezielle, auf künstlicher Intelligenz basierende Algorithmen interpretieren die im Sekundentakt von den optischen Scan-Einheiten erfassten Daten.“
Davon konnten sich die Auditoren Anfang September 2023 bei Dachser überzeugen, als sie beim Evaluationstermin eine der beiden Pilotanlagen in der Niederlassung Öhringen in Baden-Württemberg besuchten. Beeindruckt zeigte sich das Team, wie eine vollautomatische Identifizierung das manuelle Scannen von Barcodes unnötig und alle damit zusammenhängenden Prozesse schneller macht.
Echtzeitdaten für ausgewählte Packstücke
Zum Hintergrund: Eine bis auf den Meter genaue Palettenortung erleichtert es den Beschäftigten im Lager, jede einzelne Sendung aufzufinden, und beschleunigt so den Beladeprozess. Die Lagerarbeiter erhalten auf speziellen Displays Leitinformationen für den innerbetrieblichen Transport sowie zusätzliche Informationen wie Gefahrguthinweise oder priorisierte Verladeanweisungen. Durch eine optionale Integration der Verwiegung von Sendungen kann das System so tatsächlich Echtzeitdaten zu ausgewählten Packstücken liefern.
Ein weiteres Highlight des Terminals kündigt sich mit der vollautomatischen und permanenten Vermessung aller Packstücke an: So kann der digitale Zwilling Lange zufolge schon heute Länge, Höhe und Breite der unterschiedlichen Packstücke ermitteln und ebenfalls in Echtzeit anzeigen – und zwar ohne bestimmte Messstationen anfahren zu müssen. „Derzeit arbeiten wir mit unserem Team aus dem Dachser Enterprise Lab noch daran, dieses im Logistikmarkt bisher wohl einzigartige Verfahren praxistauglich zu machen“, sagt Kranke.
2024 soll der Roll-out starten
Der digitale Zwilling ist 2022 in zwei Pilotanlagen, den @ILO-Transit-Terminals in Unterschleißheim bei München und in Öhringen bei Heilbronn in Betrieb gegangen. „In beiden Anlagen hat er sich im Praxiseinsatz bewährt“, zieht Kranke Bilanz. Im kommenden Jahr soll der Roll-out der neuen Technik beginnen. Geplant ist der Einsatz in mehr als 100 europäischen Niederlassungen.
Der geplante Roll-out zählt zu den größten Einzelinvestitionen in die Digitalisierung in der Dachser-Firmengeschichte. Aber die Investitionen werden sich laut Kranke rechnen. „Die Resultate unserer Prozesszeiten- und Return-on-Investment-Analyse zeigen, dass sich die Investitionen pro Standort schon nach wenigen Jahren amortisieren werden“, sagt er.
Das Konzept ist nach Einschätzung der 17-köpfigen Jury, der auch DVZ-Chefredakteur Sebastian Reimann angehört, übertragbar auf Logistikdienstleister und Verlader. Bewährte Technologien würden innovativ und praxisorientiert verknüpft und genutzt. (cs)