„Die Vielfalt der Themen und Akteure wächst ständig“

Die Relevanz von Lieferketten ist in der Öffentlichkeit angekommen. Der BVL-Vorstandsvorsitzende Prof. Thomas Wimmer erklärt, wie der Deutsche Logistik-Kongress auf die Herausforderungen der Logistikwirtschaft reflektiert.

Prof. Thomas Wimmer, Vorsitzender des Vorstands der BVL: „Die weltpolitischen Ereignisse und ihre Folgen für die Lieferketten haben natürlich Themen vorgegeben.“ (Foto: BVL)

Das Vorträge und Sequenzen auf dem  Deutschen Logistik-Kongress greifen viele der aktuellen Herausforderungen für Industrie, Handel und Dienstleister auf. Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Resilienz von Lieferketten sind zentrale Aspekte. Darüber schwingen die aktuellen geopolitischen Spannungen und die Energiekrise mit. Prof. Thomas Wimmer, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Logistik (BVL), erläutert, was den diesjährigen Kongress kennzeichnet.

Logistik Daily: Die Welt droht aus den Fugen zu geraten. Wie reflektiert der Deutsche Logistik-Kongress auf die derzeitigen geopolitischen Spannungen?

Wimmer: Die Reflexion beginnt mit dem Kongressmotto: „Supply Chains matter!“ Innerhalb unseres Wirtschaftsbereichs beschreibt es eine Selbstverständlichkeit. In Politik und Gesellschaft wuchs diese Erkenntnis über Lieferketten in der Covid-19-Pandemie und jetzt noch einmal durch geopolitische Exzesse. Im Kongress­programm greifen wir die „Störer“ der arbeitsteiligen Wirtschaft auf – und zwar im Plenum und in zahlreichen Fachsequenzen.

Welche Impulse fließen dabei ein?

Wir bekommen Input von Volkswirten und Wissenschaftlern sowie international tätigen Managern. Eine unserer spannendsten Podiumsdiskussionen heißt „Geopolitik als Gamechanger für Supply Chain Management“. Nationalismus, Protektionismus sowie Kriege und Sanktionen scheinen die Globalisierung infrage zu stellen. Was bedeutet das für die Zukunft des internationalen Handels und der Lieferströme? Wenn China sich abschottet, führt das zwangsläufig zur Deglobalisierung? Und wie verändert die Transformation im Energiesektor machtpolitische Gefüge und damit die jeweilige Wirtschaftskraft? Das sind die Fragen, die uns gerade alle bewegen.

Unternehmen sind verunsichert. Woran sollten sie sich jetzt orientieren?

Zum einen ist es immer eine gute Idee, die eigenen Lieferketten noch resilienter zu machen und in der Produktion beziehungsweise im Sourcing weiter zu diversifizieren. Zum anderen können Unternehmen sich anschauen, welche Lösungen andere Player aus dem Wirtschaftsbereich finden – der Kongress bietet dafür hervorragende Möglichkeiten.

„Echtes Netzwerken und der Beziehungsaufbau mit neuen Kontakten funktioniert nur auf Präsenz­veranstaltungen.“
Prof. Thomas Wimmer, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Logistik

Abgesehen von den aktuellen Widrigkeiten – welche Themenfelder sind derzeit für die Logistikwirtschaft relevant?

An erster Stelle sind hier sicherlich die Dekarbonisierung und die Digitalisierung zu nennen. Beide Themen ziehen sich durch zahlreiche Sequenzen des gesamten Kongresses. Sie lassen sich auch wunderbar kombinieren, so leistet beispielsweise der neue digitale Lieferschein von BVL und GS1 Germany durch den Entfall von Millionen Blatt Papier auch einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit. Spannende neue, meist digitale Geschäftsmodelle kommen von vielen Start-ups, die sich in Berlin vorstellen.

Das Programm des Deutschen Logistik-Kongresses ist sehr vielschichtig. Wie schwer war es in diesem Jahr für die Projektgruppe, den Themenmix zusammenzustellen?

Die weltpolitischen Ereignisse und ihre Folgen für die Lieferketten haben natürlich Themen vorgegeben. Umso schwieriger war es, unter den für den Wirtschaftsbereich Logistik relevanten Themen eine begrenzte Anzahl auszuwählen. Die Vielfalt der Akteure und Themen wächst ständig, und wir können am Ende leider nicht alles abdecken. Umso mehr freue ich mich, dass wir ein wirklich rundes und absolut hochkarätiges Programm präsentieren können.

Worauf wurde dabei besonders Wert gelegt?

Der Deutsche Logistik-Kongress soll ein möglichst vollständiges Bild der aktuellen Themen des Wirtschaftsbereichs bieten und die drängendsten Herausforderungen und Zukunftsthemen diskutieren. Dies ist der Konzeptgruppe aus meiner Sicht hervorragend gelungen, ohne deswegen andere Themen wie etwa das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, die Trends der urbanen Logistik oder die Zukunftsfähigkeit von Logistikberufen aus dem Blick zu verlieren.

Hat durch die vergangenen Corona-Jahre mit den vielen Video-Konferenzen der Netzwerkcharakter von Präsenzveranstaltungen an Bedeutung verloren?

Im Gegenteil. Der Deutsche Logistik-Kongress war und ist die Netzwerkveranstaltung für den Wirtschaftsbereich Logistik. Wir können über Videokonferenzen Informationen austauschen und in begrenztem Maße bestehende Kontakte halten. Echtes Netzwerken und der Beziehungsaufbau mit neuen Kontakten funktionieren aber nur auf Präsenzveranstaltungen – hier in Berlin im persönlichen Gespräch in den Pausen und bei den Abendterminen wie dem Networking-Dinner oder dem After-Work-Hangout.

Gibt es für Sie jetzt schon eine zentrale Botschaft, die der Kongress in diesem Jahr vermittelt?

Die starke Botschaft in die Öffentlichkeit lautet „Supply Chains matter!“. Logistik zeigt sich als Rückgrat der Gesellschaft und trägt Verantwortung für die Versorgung. In den Wirtschaftsbereich Logistik hinein lauten die Botschaften: „Wir verbinden Menschen in einem einzigartigen Netzwerk“ und „Gemeinsam gestalten wir die Logistik der Zukunft“. Der persönliche Austausch und das Lernen voneinander bringen unsere Unternehmen und uns persönlich nach vorn. Das müssen und das wollen wir beibehalten und stärken. (rok)

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