Entwicklungsschritte der Gen Z begleiten
Unsere Generation möchte ernst genommen werden“, stellt Alina Schmalz klar. Die 27-Jährige gehört zur Generation Z. Die zwischen 1997 und 2010 Geborenen gelten als anspruchsvoll und wechselwillig – Arbeitgeber müssen sich anstrengen, um die Nachwuchskräfte im Unternehmen zu halten. Schmalz arbeitet seit November 2023 als Junior Personalreferentin Corporate HR bei Simon Hegele in Karlsruhe. In der Zentrale des Kontraktlogistikers habe sie „die Erfahrung gemacht, dass mir viele Aufgaben in Eigenverantwortung zugetraut werden“. Simon Hegele möchte junge Menschen binden. Das ist auch das Ziel bei 31 „Zoomern“ der Gen Z, die am 1. September ihre kaufmännische Ausbildung angefangen haben. Ihnen hat das Unternehmen „Initiative und Gestaltungsfreiraum“ versprochen. Doch wie realistisch ist das bei einem Management mit fünf mittelalten männlichen Geschäftsführern?
Fachübergreifender Pate
Björn Kaiser gehört zur Gen X der Jahrgänge 1965 bis 1980, die momentan in der Logistikbranche an den Hebeln der Macht sitzt. „Wir begleiten die Generation Z in der Laufbahn“, sagt der Leiter Vertrieb und Key Account Management bei Simone Hegele. Es gibt Mentoren- und Patenprogramme, um junge Mitarbeitende, „die idealerweise die Ausbildung oder ein duales Studium bei uns begonnen haben“, zu begleiten. Die Einarbeitung übernimmt ein fachübergreifender Pate aus einer anderen Abteilung, „der die Hegele-DNA mit auf den Weg gibt, damit so wenig wie möglich Sand im Getriebe ist im Onboarding“. Für das „Feintuning“ im Vertriebsteam ist Kaiser unter anderem selbst zuständig. Sein Ziel: Nachwuchskräfte sollen in der Gruppe mit 2.800 Mitarbeitenden an über 50 Standorten weltweit „die ideale Laufbahn einschlagen“. Ermöglichen soll das moderner Führungsstil.
Um die Entwicklungsschritte der Gen Z aktiv zu begleiten, führt Kaiser viele Gespräche – „zwischen fünf und sechs Stunden“ jede Woche. Diese Coachings gehören genauso zum Instrumentarium wie wöchentliche Jour-Fixe-Termine im Team, bei denen Zoomer kurze Fachimpuls-Vorträge halten können. Das kommt bei Jüngeren wie Alina Schmalz gut an: „Ich liebe es, mich mit anderen Menschen auszutauschen und so die Arbeitswelt von morgen mitzugestalten.“ Der Schlüssel für eine nachhaltige Zusammenarbeit liegt für sie „in einer offenen Kommunikation und einem respektvollen Umgang“.
Doch die meisten Führungskräfte wissen laut Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup nicht, wie sie Coaching-Gespräche sinnvoll gestalten können. Damit kennt sich Verena Arnhold als systemischer Coach aus. „Gesprächsführung ist eine Haltungssache“, betont die Geschäftsführerin der Unternehmensberatung Die Systemiker in Münster. Anstatt Lösungswege vorzugeben, empfiehlt sie potenzial-orientierte Gespräche, die nach eigenen Ideen fragen. Bedeutet für Macher mit jahrzehntelanger Logistik-erfahrung, dass sie Berufsanfängern Zeit zum Nachdenken geben – „anstatt immer mit dem reinzuschießen, von dem ich denke, dass es richtig ist“, wie Arnhold bewusst überspitzt. Durch einen achtsamen Umgang miteinander lasse sich der Kreis schließen zur „Selbstverwirklichung, die sich die Generation Z wünscht“. Der systemische Ansatz geht davon aus, dass Menschen über eine hohe Kompetenz verfügen, um eigenverantwortlich Lösungen zu finden.
„Wenn wir an den Strukturen nichts verändern, kommen die Leute nicht“, stellt Anna Topüth klar, die bei Die Systemiker coacht. Die Frage lautet deshalb nicht ob, sondern wie, denn junge Menschen suchen Erfüllung und Freude in ihrer Arbeit. Unternehmen seien teilweise aber noch sehr hierarchisch unterwegs, beobachtet Arnhold – und das bremst die Gen Z. „Wenn im obersten Entscheiderkreis alte Männer sitzen, die vom modernen Führungsstil nichts hören wollen, muss ich als junge Führungskraft notfalls das Unternehmen verlassen“, skizziert sie die Konsequenz. Inzwischen nimmt sie aber auch bei Mittelständlern den Trend wahr, „dass Führungskräfte führen dürfen, und nicht als Fachkräfte ein bisschen Personalverantwortung haben“. Die Coachs sind unterwegs in Firmen, die fachliche und menschliche Führung mit unterschiedlichen Aufgaben aufteilen. Warum das wichtig ist, bringt Topüth auf den Punkt: „Wer in Motivationspsychologie ausgebildet wird, zieht andere Menschen als Fachkräfte-Magnet an.“ Deshalb sollten Logistikdienstleister den systemischen Ansatz umsetzen, findet sie.
Mehrwert statt Powerpoint
Auch Björn Kaiser bei Simon Hegele ist der Meinung, dass Sozialkompetenz „mindestens genauso wichtig“ ist wie fachliche Expertise. Menschliche Führung hält er für wichtig, um die Leute abzuholen. Bekam der gelernte Bankkaufmann bei seiner Erstausbildung noch „Kopiertätigkeiten aufs Auge gedrückt“, macht der Bereichsleiter das heute selber. Azubis oder dual Studierende sollen keine Powerpoint-Präsentationen erstellen, sondern jeden Tag einen Mehrwert für sich mitnehmen. Auf dem eigenen Karriereportal verspricht Simon Hegele „eine Tätigkeit mit Sinn, Spaß und Sicherheit“. Heißt konkret: Mitarbeitende der Gen Z werden Kaiser zufolge „schnell in Kundenprojekte und Konzepte eingebunden“, erarbeiten Programmpunkte für Azubi-Messen und nach der Ausbildung sei die Übernahmequote mit Festvertrag „sehr hoch“. Alle zwei Monate gibt es ein generationen- und hierarchieübergreifendes Frühstück, zu dem alle etwas mitbringen – vom Mettigel bis zum veganen Smoothie.
Das Ganze ist ein Geben und Nehmen. Der Logistiker profitiere davon, „dass die Gen Z sehr technikaffin ist“, sagt Kaiser. Die IT-Kompetenz sieht er speziell im Vertrieb als Mehrwert. Während er „Flexibilität und Agilität als absolute Stärken der Generation Z“ schätzt, bemerkt er allerdings, dass „das Thema Verbindlichkeit manchmal wachsweich ausgelegt“ wird. Alina Schmalz hingegen weiß, dass sie liefern muss, „sonst ist das keine dauerhafte Situation“. (cs)
Dieser Artikel ist erstmals am 10. September 2024 auf DVZ.de erschienen. Wir wiederholen den Beitrag anlässlich der BVL Supply Chain CX in Berlin.