Plätze an den Kais der Innenstädte umkämpft

Binnenschiffe können in der Citylogistik sehr nützlich sein. Allerdings müssen die richtigen Bedingungen für ihren Einsatz geschaffen werden. In Brüssel hat man positive Erfahrungen beim Transport von Baumaterial gemacht.

Das Baustoffprojekt Brüssel (BCCC) hat seit dem Start 2022 schon 440.000 Lkw-Kilometer ­überflüssig gemacht und 220 ­Tonnen CO2 ­eingespart. (Foto: Coventuris)

Von den rund 16.000 Lkw und etwa 3.000 Vans, die täglich in Brüssel unterwegs sind, transportiert etwa ein Viertel Baumaterial, sagt Mark Goosenaert vom belgischen Transportunternehmen Shipit Multimodal Logistics. Möglichst viele dieser Baustellenfahrten einzusparen, ist Ziel des Brussels Construction Consolidation Centre (BCCC), einem Projekt, das von Shipit und vier anderen Partnern, darunter das Verkehrsforschungsinstitut der Freien Universität Brüssel, getragen wird.

„Manchmal sieht man Lkw, die nur zwei oder drei Paletten mit Ware auf eine Baustelle bringen“, sagt Goosenaert. „Das ist natürlich nicht sehr effizient.“ Werde andererseits eine volle Lkw-Ladung Baustoffe angeliefert, dann könnten diese normalerweise nicht direkt verarbeitet werden. Sie stünden im Weg herum oder würden irgendwo auf der Baustelle abgestellt, mit dem Risiko, beschädigt oder gestohlen zu werden oder verlorenzugehen.

440.000 Lkw-Kilometer in Brüssel vermieden

Die Idee des BCCC ist es, Baustoffe statt per Lkw mit dem Binnenschiff zu zwei Terminals am Brüsseler Kanal zu liefern, erklärt Goosenaert. Dort werden sie sicher gelagert und sortiert. Auf Bestellung werden dann verschiedene Materialien zu Sendungen zusammengestellt, die – maximal zwei bis drei Tage bevor sie benötigt werden – mit den am besten geeigneten Fahrzeugen zur Baustelle gebracht werden. Deren Ladekapazität werde in der Regel zu 90 Prozent genutzt. „Innerhalb eines Radius von jeweils 5 Kilometern um die BCCC-Terminals werden etwa 70 Prozent aller Baustellen und Einwohner von Brüssel erreicht“, sagt Goosenaert. Seit Projektbeginn 2022 seien durch BCCC bereits 440.000 Lkw-Kilometer und etwa 220 Tonnen CO₂-Emissionen vermieden worden.

Cargobikes liefern auch Europaletten aus

Kleinere Mengen Baumaterial können auch mal per Cargobike angeliefert werden. Die Kooperative Urbike habe Baustoffe bereits per Fahrrad transportiert, sagt deren Mitgründer Renaud Sarrazin. Mit dem Anhängersystem Bicylift könne innerhalb einer Minute etwa eine mit bis zu 200 Kilogramm Ware beladene Europalette an ein Cargobike angehängt werden. Auch der Transport von anderen Paletten, Kisten, Roll- oder Kühlcontainern sei damit möglich. Urbike beliefert im B2B-Geschäft neben Baustellen auch Apotheken, Altenheime und Supermärkte und transportiert vom Supermarkt aus auch Waren zu Endverbrauchern.

In einem Radius von 3 bis 5 Kilometern seien die Cargobikes am leistungsstärksten, sagt Sarrazin. „In den meisten europäischen Städten könnte eine von vier Belieferungen mit dem Cargobike erledigt werden“. In der Kooperation mit Binnenschiffen sieht er gute Entwicklungsmöglichkeiten.

Fußgänger und Logistiker müssen sich Ufer teilen

Vor allem könnten Fahrrad und Binnenschiff in den Innenstädten Partner werden, wo wenig Platz zum Umschlagen der Güter ist. „In der Stadt gibt es einen Kampf um die Kais“, sagt Gilles Peyrot. Sein Unternehmen Sogestran und dessen Tochter Blue Line Logistics bringen in Belgien, den Niederlanden und Frankreich Waren wie Getränke, Holz und Baustoffe in Innenstädte, etwa nach Gent oder Paris.

In Paris würden die ursprünglich einmal wirtschaftlich genutzten Seineufer aber seit langem von Joggern und Fußgängern frequentiert. Sie wieder logistisch zu nutzen, sei nicht einfach. Kleine Warendepots zu bauen, sei meistens nicht möglich. „Auf dem Pier ist Just-in-time-Anlieferung angesagt“, betont Peyrot. Eine digitale Warenverfolgung sei wichtig, damit der reibungslose Umschlag von Binnenschiff auf Gas-, E-Lkw oder Cargo­bike gelinge.

Sogestran wünscht sich emissionsfreie City-Schiffe

Für die Citylogistik nutzt Sogestran Schiffe des Typs „Zulu“, mit einer Ladekapazität von rund 300 Tonnen. Sie werden von einer Person manövriert, verfügen über einen eigenen Ladekran und sind hauptsächlich für den Transport von Paletten konstruiert, mit einer möglichst hoch liegenden Ladefläche.

Auf längere Sicht sollen die Schiffe emissionsfrei fahren. Die „Zulu 3“ habe etwa einen Hybridantrieb und könne Diesel, Biotreibstoff, Hydriertes Pflanzenöl (HVO) oder Strom aus der Batterie nutzen. Bei Wasserstoffantrieben könne es noch Probleme mit Genehmigungen geben, sagt Peyrot. Die bereits seit Herbst 2021 angekündigte kommerzielle Premiere des Wasserstoff-Schiffs „Zulu 6“ auf der Seine hat Verspätung. Derzeit liege es in Le Havre, wann es für die Citylogistik genutzt werden kann, sei nicht klar. „Ich hoffe, vor Ende des Jahres“, sagt Peyrot.

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