Saubere Luft in grünen Häfen
Will die Schifffahrtsbranche die beschlossenen Emissionsgrenzwerte in den Secas einhalten, müssen klimaschonende Lösungen in den Häfen her. Möglichkeiten gibt es genug - die will der Nabu in seinem EU-Projekt "Clean Air in Ports" fördern.
„In Sachen Klimaschutz steckt die Schifffahrt in einem Karussell der Verantwortungslosigkeit“. Mit diesen Worten eröffnete Alexander Porschke, 1. Vorsitzender der Hamburger Niederlassung des Nabu, am vergangenen Freitag die Auftaktveranstaltung des EU-Projektes „Clean Air in Ports“ in Hamburg. Gestartet Ende 2012 will der Umweltverband in den kommenden drei Jahren gemeinsam mit acht europäischen Naturschutzorganisationen für saubere Luft in Europa sorgen.
Da stehen die europäischen Häfen ganz oben auf der To-do-Liste der Umweltschützer. Denn nicht nur die ein- und ausfahrenden Schiffe, sondern auch rangierende Lokomotiven und Kräne an den Kaianlagen sowie ein dichter LKW-Verkehr machen die Häfen zu großen Luftverschmutzern. Besonders gefährlich sind die giftigen Gase, wenn die Häfen dicht an den Stadtzentren liegen, wie auch der Hamburger Hafen. „Schwefelemissionen, CO2 und Feinstaub belasten dann die gesamte Nachbarschaft um das Hafengelände“, erläutert Porschke und fordert: „Deshalb muss der Hamburger Hafen ein Qualitätshafen werden“.
Gesundheitsrisiko unterschätzt
An Möglichkeiten, die Häfen klimafreundlicher zu machen, mangelt es nicht. Dass sich im stadtnahen Hamburger Hafen bereits einige Projekte zur Emissionssenkung angestoßen wurden, verdeutlichte Jens Meier von der Hamburg Port Authority. Vor zwei Jahren führte die Hafenverwaltung dort batteriebetriebene fahrerlose Containertransporter ein, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach sorgt für grünen Strom, und eine zunehmende Verlagerung auf die Schiene soll ebenfalls Emissionen sparen. Aktuell steht auch der Ausbau einer Infrastruktur für Flüssigerdgas sowie die Umsetzung eines Landstromanschlusses für Großschiffe auf dem Plan. Doch komplizierte Genehmigungsverfahren und lange Lieferzeiten ziehen die Projekte hin. „Vor 2015 werden wir in Hamburg keinen Landstromanschluss haben“, erklärte Meier.
Landstromanschluss in Lübeck
Probleme bereitet allerdings das Energiemanagement: „Wir müssen den Strom als Blockprofil zum Hafen schaffen. Wenn ein Schiff morgens in den Hafen kommt, will es auf Schlag mit 8 MB versorgt werden. Das kann ein normaler Stromanbieter aber nicht leisten“, erklärt er. Deshalb hat sich der Hafen mit der Deutschen Bahn zusammengetan, die mehrere Speicherwerke im Harz betreibt. Der Ökostrom, der in Lübeck erzeugt wird, wird in den Speichersee geleitet. Dieser kann den Strom dann auf Abruf als Blockprofil liefern und zum Hafen befördern. „Das richtige Energiemanagement ist genau so wichtig, wie eine funktionierende Regelung für die Finanzierung“, betont Giercke. Für die nächsten Jahre plant Lübeck eine weitere Landstromanlage, sowie eine Tankstelle für Flüssigerdgas.
Grüner Schienenverkehr im Hafen
Und auch der Binnenhafen von Magdeburg tut etwas, um seine Emissionen zu senken. Seit 2012 fährt auf dem sächsischen Hafengelände eine Lok mit Hybridantrieb und auch die Binnenschiffe werden mit Landstrom aus erneuerbaren Energien versorgt. „Die Investitionen für eine Hybrid-Lok liegen bei etwa 1,6 Mio. EUR und sind damit mehr als doppelt so hoch, wie die für eine normale Lok. Aber die Mehrkosten lohnen sich“, findet Karl-Heinz Ehrhardt, Geschäftsführer der Magdeburger Hafengesellschaft (MHG). Trotzdem bemängelt er, dass es trotz überzeugendem Klimakonzept keinerlei politische oder finanzielle Unterstützung für die Vorhaben in Magdeburg gab.
Um Anreize für Investitionen in klimaschonende Technik zu schaffen, ist der Hafen in Stockholm gerade dabei, einen Environmental Port Index zu entwickeln, der einen entscheidenden Beitrag zur Verminderung der Hafenemissionen leisten soll. Der Index empfiehlt Umweltschutzmaßnahmen und ermöglicht einen Vergleich unter den schwedischen Häfen. „Auf diese Weise werden die Aktivitäten der Häfen für alle transparent“, betont Gun Rudeberg vom Stockholmer Hafen. Dadurch steige ihr zufolge der Handlungsdruck, sich für das Klima zu engagieren. „Für die Häfen zählt bisher immer nur die Frage, wer das höchste Frachtaufkommen verbucht. Sie sollten sich eher nach ihrer Umwelt-Performance messen“, findet Rudeberg. Viel mehr aber soll der Index dazu dienen, Kooperationen zwischen den Häfen zu fördern, und einen Wissens- und Erfahrungsaustausch anzustoßen.
Politik ist gefordert
Am Ende der Veranstaltung kamen dann auch Vertreter der Politik zu Wort. Der Tenor: ein klares Ja zu Klimaschutzmaßnahmen im Hafen. Wie genau diese aber umgesetzt werden sollen, war nicht so eindeutig. Klar wurde aber auch: Die Politik muss sich stärker positionieren und engagieren. „Technisch wissen wir genau, was zu tun ist, aber der Wille zur Umsetzung von Maßnahmen ist in der Politik verschwindend gering. So kommen wir zu keiner Lösung“, betonte Valerie Wilms von dem Bündnis 90/Die Grünen. Und noch ein anderes entscheidendes Problem unterstrich die Politikerin: „Transporte sind heute viel zu billig. Logistik hat ihren Preis und genau da müssen wir wieder hin kommen. Wenn Transporte teurer werden, bekommen effiziente Lösungen einen höheren Stellenwert“, argumentiert Wilms. Und auch über die Grenzen Deutschlands hinaus, müsste sich viel mehr bewegen, findet Uwe Beckmeyer von der SPD. „Wir brauchen saubere Schiffe in der ganzen Welt. Da muss die Politik Druck machen und Entscheidungen treffen“, fordert der Politiker. Einen Schritt weiter ist da der Hafen Lübeck. Seit mittlerweile 5 Jahren können Schiffe in der Hansestadt per automatischem Landstromanschluss betankt werden – aus erneuerbaren Energien versteht sich. Für Ralf Giercke, zuständig für die Stabstelle Energie und Umwelt bei den Stadtwerken Lübeck, liegen die Vorteile des Systems auf der Hand: „Der Steckvorgang der Pilotanlage dauert weniger als eine Minute, die Anlage schaltet automatisch, weshalb wir kein Fachpersonal benötigen. Und je nach Bedarf können unterschiedliche Nennspannungen, Frequenzen und Leistungen für die einzelnen Landanschlüsse bereitgestellt werden“, erläutert Giercke. Um dem entgegenzuwirken, will der Nabu mit seinem Projekt den Austausch zwischen den Häfen fördern um aufzuzeigen, welche Handlungsmöglichkeiten bestehen und welche Handlungsbarrieren noch behoben werden müssen. „Die Häfen sollen voneinander lernen und angespornt werden, sich für klimaschonende Konzepte zu entscheiden“, bringt Projektleiter Malte Siegert die Ziele des Verbandes auf den Punkt.
Für die Häfen zählt bisher immer nur die Frage, wer das höchste Frachtaufkommen verbucht. Sie sollten sich eher nach ihrer Umwelt-Performance messen.
Gun Rudeberg, Umweltbeauftragte im Hafen Stockholm