Tarifkonflikt um Entlohnung der Hafenarbeiter geht weiter
Der Tarifkonflikt um die Bezahlung der Hafenarbeiter an Deutschlands Seehäfen dauert an. Die dritte Verhandlungsrunde wurde am Freitagabend nach zehnstündigen Beratungen ergebnislos abgebrochen, wie die Gewerkschaft Verdi und der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) am Samstag mitteilten. Weitere Warnstreiks sind aber vorerst nicht absehbar. Beide Tarifparteien verabredeten, zeitnah nach einem Termin für eine vierte Gesprächsrunde zu suchen.
Der ZDS habe am Freitag zwar ein neues Angebot für die rund 12.000 Hafenarbeiter in 58 tarifgebundenen Betrieben in Hamburg, Niedersachsen und Bremen gemacht, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth. Doch liege dieses „weit unter der von Verdi geforderten Reallohnsicherung angesichts der aktuellen Preissteigerungsrate von 7,9 Prozent und ist für die Beschäftigten so nicht akzeptabel“.
Der ZDS hatte nach eigenen Angaben eine Erhöhung der Stundenlöhne um 90 Cent zuzüglich einer Steigerung der Pauschale in Vollcontainerbetrieben um 600 Euro angeboten. Zudem sollte es als Inflationsausgleich in Containerbetrieben 1.000 Euro und in konventionellen Betrieben 500 Euro geben. Bei einer Laufzeit von zwölf Monaten entspreche dies einer Lohnsteigerung von 7,8 beziehungsweise 6,0 Prozent, rechnete der ZDS vor.
„Tatsächlicher Inflationsausgleich“
Die Gewerkschaft kommt dagegen bei ihren Berechnungen nur auf eine dauerhafte Erhöhung der Einkommen von 4,95 beziehungsweise 3,75 Prozent. Das ist Verdi zu wenig. Die Arbeitnehmervertreter verlangen einen bislang nicht näher bezifferten „tatsächlichen Inflationsausgleich“ sowie eine Erhöhung der Stundenlöhne um 1,20 Euro – was in Einzelfällen eine Lohnerhöhung um bis zu 14 Prozent bedeuten würde.
ZDS-Verhandlungsführerin Ulrike Riedel betonte, die Arbeitgeberseite sei mit ihrem Angebot einen großen Schritt auf die Gewerkschaft zugegangen. Sie betonte aber: „Wir müssen im Blick behalten, dass ein Abschluss von allen Betrieben in der Breite geleistet werden muss.“ Das Angebot sei gerade auch im Vergleich zu anderen aktuellen Tarifrunden sehr weitgehend.
„Wir begrüßen es, dass auf dieser Grundlage nach den unterbrochenen Gesprächen weiterverhandelt werden soll“, sagte Riedel. Die Verdi-Tarifkommission hatte am Samstag in Hamburg nach mehrstündigen Beratungen beschlossen, mit der Arbeitgeberseite eine weitere Verhandlungsrunde anzustreben. Zudem sollen die Beschäftigten in den betroffenen Betrieben über den erreichten Stand diskutieren.
Der dritten Verhandlungsrunde war der erste Warnstreik der Hafenarbeiter seit Jahrzehnten vorangegangen. Am Donnerstag hatten sie in den Häfen von Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Wilhelmshaven und Emden während der Spätschicht die Arbeit niedergelegt. Über mehrere Stunden kam dort die Abfertigung von Schiffen weitgehend zum Erliegen – was die ohnehin massiven Verspätungen an der Kaikante weiter vergrößerte.
Vor den europäischen Häfen Rotterdam und Antwerpen stauen sich derzeit Tank- und Containerschiffe. Das zeigt diese Grafik auf Basis eines aktuellen Kartenausschnitts von Fleetmon, einem Online-Trackingportal für Schiffe. Auch weiter nördlich vor der Elbmündung liegen eine Reihe von Frachtschiffen fest und warten darauf, in den Hafen einlaufen zu dürfen.
Insgesamt stauen sich nach Berechnung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft in der Nordsee derzeit Schiffe mit knapp 2 Prozent der globalen Frachtkapazität, können in Deutschland, Holland oder Belgien weder be- noch entladen werden (Grafik 2/3).
Gestörte Lieferketten mit teils wochenlangen Verspätungen der Containerriesen haben auch unmittelbare Folgen für die Hafenarbeiter. Nach Einschätzung vom Verdi haben die Beschäftigten in der Pandemie extreme Flexibilität an den Tag gelegt und viel Mehrarbeit geleistet. (dpa/cs)